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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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Vorrede.
versichere dich, daß ich mich gar gerne von dir will unter-
richten lassen. Jch bin nicht so hartnäckigt/ wenn ich in
den Morast fiele/ darinnen stecken zu bleiben/ sondern
trachte mich heraus zu reissen/ und lasse mir gerne von an-
dern helffen. Einen Jrrthum aber vergleiche ich nicht un-
billig mit einem garstigen Morast. Es wäre also die grö-
ste Thorheit/ wenn ich mich mit der Beständigkeit ent-
schuldigen wolte/ daß ich einen Jrrthum halsstarrig ver-
theidigte. Daß ich aber wegen einiger elenden Einwürf-
fe das Feld verlassen solte/ wirst du mir nicht zumuthen
können. Man muß deutliche Beweißthümer bringen/
und in seinen raisonnements nicht augenscheinlich stolpern.
Jch zum wenigsten bin gewohnt/ ohne Probe keine Mei-
nung gut zu heissen/ oder zu verwerffen. Man kan sich
aber dennoch zuweilen betrügen/ und darum profitire ich
gar gerne von anderer ihrem Urtheil. Jch sehe nicht scheel
dazu aus/ wenn man meine Arbeit nach der Schicht- und
Richt-Kunst untersuchet. Mein Werck de Simoniae cri-
mine
ist in der abgesonderten bibliotheque zu Halle re-
cenfi
ret worden. Der Herr Verfasser des extractes hat
die fürtrefflichen lettres de Montalte dabey aufgeschlagen/
und einige papistische Streiche der Clerisey suppliret. Jch
bin ihm dafür verbunden. Zwar hat er dabey vermei-
net/ ich hätte nichts von derjenigen Art der simonie erweh-
net/ da einer jemand zu einem beneficio verhilfft/ daß
er ihm sein votum wieder bey einem andern ertheile.
Allein dieses ist ein kleines Versehen. Denn in der ersten
section gedachten tractates/ cap. 3. §. 6. & not. a. pag. 62. sq.
habe ich deutlich davon geredet. Jch bin aber darum nicht
böse auf den Herrn recensenten. Er hat seine Sache mit
Bescheidenheit vorgetragen. Die Freyheit muß unter denen

Ge-

Vorrede.
verſichere dich, daß ich mich gar gerne von dir will unter-
richten laſſen. Jch bin nicht ſo hartnaͤckigt/ wenn ich in
den Moraſt fiele/ darinnen ſtecken zu bleiben/ ſondern
trachte mich heraus zu reiſſen/ und laſſe mir gerne von an-
dern helffen. Einen Jrrthum aber vergleiche ich nicht un-
billig mit einem garſtigen Moraſt. Es waͤre alſo die groͤ-
ſte Thorheit/ wenn ich mich mit der Beſtaͤndigkeit ent-
ſchuldigen wolte/ daß ich einen Jrrthum halsſtarrig ver-
theidigte. Daß ich aber wegen einiger elenden Einwuͤrf-
fe das Feld verlaſſen ſolte/ wirſt du mir nicht zumuthen
koͤnnen. Man muß deutliche Beweißthuͤmer bringen/
und in ſeinen raiſonnements nicht augenſcheinlich ſtolpern.
Jch zum wenigſten bin gewohnt/ ohne Probe keine Mei-
nung gut zu heiſſen/ oder zu verwerffen. Man kan ſich
aber dennoch zuweilen betruͤgen/ und darum profitire ich
gar gerne von anderer ihrem Urtheil. Jch ſehe nicht ſcheel
dazu aus/ wenn man meine Arbeit nach der Schicht- und
Richt-Kunſt unterſuchet. Mein Werck de Simoniæ cri-
mine
iſt in der abgeſonderten bibliotheque zu Halle re-
cenfi
ret worden. Der Herr Verfaſſer des extractes hat
die fuͤrtrefflichen lettres de Montalte dabey aufgeſchlagen/
und einige papiſtiſche Streiche der Cleriſey ſuppliret. Jch
bin ihm dafuͤr verbunden. Zwar hat er dabey vermei-
net/ ich haͤtte nichts von derjenigen Art der ſimonie erweh-
net/ da einer jemand zu einem beneficio verhilfft/ daß
er ihm ſein votum wieder bey einem andern ertheile.
Allein dieſes iſt ein kleines Verſehen. Denn in der erſten
ſection gedachten tractates/ cap. 3. §. 6. & not. a. pag. 62. ſq.
habe ich deutlich davon geredet. Jch bin aber darum nicht
boͤſe auf den Herrn recenſenten. Er hat ſeine Sache mit
Beſcheidenheit vorgetragen. Die Freyheit muß unter denen

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/9>, abgerufen am 26.04.2024.