Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fürsten wegen
nicht aufgehoben. Man schneidet denen Leuten die Mit-
tel nicht ab/ ihr Hertze auszuschütten. Denn dergleichen
Befehle/ das gebeichtete zu offenbahren/ müssen nicht oh-
ne vorhergegangene reifliche Uberlegung geschehen. Man
muß Muthmassungen haben/ daß etwas wichtiges geoffen-
bahret worden. Ausser diesem aber ist es/ wo die Beichte
im Schwang gehet/ billig/ daß man denenjenigen zum be-
sten/ die da meinen/ sie könten kein ruhiges Gewissen ha-
ben/ wenn der geistliche ihre Heimlichkeiten/ und was sie
begangen/ nicht wüste/ die Geheimhaltung der Beichte beob-
achtet.

Von der
Abweisung
von dem
Beicht-Stuhl.
§. VIII.

Jch solte auch nun melden/ was einem Für-
sten vor Macht zustehet/ wenn ein Geistlicher jemand von
dem Beicht-Stuhl abweiset. Allein ich habe in dem vor-
hergehenden nichts von dieser Sache erwehnet. Die Ab-
weisung von dem Beicht-Stuhl bringet auch die Vorent-
haltung des Abendmahls
mit sich. Also ist dieselbe eine
Gattung des so genannten Kirchen-Bannes. Von diesem
aber werde besonders handeln. Darum wird sich ein ge-
neigter Leser gedulten/ biß meine Gedancken von demselben
an das Tages-Licht gebe. Sodann will auch zeigen/ was

ein
jenigen, was oben Sect. II. von der Geheimhaltung der Beich-
te angeführet worden, daß verschiedene Theologi der Meinung
sind, ein Priester müste, was man ihm in der Beichte geoffenbah-
ret, vor jederman, auch vor der hohen Obrigkeit verschweigen.
Er müste eher sein Leben lassen. Dergleichen principia aber schei-
nen mir ziemlich papistisch. Denn wie gedacht, die Geheimhal-
tung der Beichte rühret, wie die Beichte selbst, von menschlicher
Ordnung
her. Dieser aber ist die hohe Landes-Obrigkeit nicht
unterworffen. Sie kan dieselbe allezeit wiederum aufheben.
a) So

III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten wegen
nicht aufgehoben. Man ſchneidet denen Leuten die Mit-
tel nicht ab/ ihr Hertze auszuſchuͤtten. Denn dergleichen
Befehle/ das gebeichtete zu offenbahren/ muͤſſen nicht oh-
ne vorhergegangene reifliche Uberlegung geſchehen. Man
muß Muthmaſſungen haben/ daß etwas wichtiges geoffen-
bahret worden. Auſſer dieſem aber iſt es/ wo die Beichte
im Schwang gehet/ billig/ daß man denenjenigen zum be-
ſten/ die da meinen/ ſie koͤnten kein ruhiges Gewiſſen ha-
ben/ wenn der geiſtliche ihre Heimlichkeiten/ und was ſie
begangen/ nicht wuͤſte/ die Geheimhaltung der Beichte beob-
achtet.

Von der
Abweiſung
von dem
Beicht-Stuhl.
§. VIII.

Jch ſolte auch nun melden/ was einem Fuͤr-
ſten vor Macht zuſtehet/ wenn ein Geiſtlicher jemand von
dem Beicht-Stuhl abweiſet. Allein ich habe in dem vor-
hergehenden nichts von dieſer Sache erwehnet. Die Ab-
weiſung von dem Beicht-Stuhl bringet auch die Vorent-
haltung des Abendmahls
mit ſich. Alſo iſt dieſelbe eine
Gattung des ſo genannten Kirchen-Bannes. Von dieſem
aber werde beſonders handeln. Darum wird ſich ein ge-
neigter Leſer gedulten/ biß meine Gedancken von demſelben
an das Tages-Licht gebe. Sodann will auch zeigen/ was

ein
jenigen, was oben Sect. II. von der Geheimhaltung der Beich-
te angefuͤhret worden, daß verſchiedene Theologi der Meinung
ſind, ein Prieſter muͤſte, was man ihm in der Beichte geoffenbah-
ret, vor jederman, auch vor der hohen Obrigkeit verſchweigen.
Er muͤſte eher ſein Leben laſſen. Dergleichen principia aber ſchei-
nen mir ziemlich papiſtiſch. Denn wie gedacht, die Geheimhal-
tung der Beichte ruͤhret, wie die Beichte ſelbſt, von menſchlicher
Ordnung
her. Dieſer aber iſt die hohe Landes-Obrigkeit nicht
unterworffen. Sie kan dieſelbe allezeit wiederum aufheben.
a) So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0405" n="386"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">III.</hi> Cap. Vom Recht eines Fu&#x0364;r&#x017F;ten wegen</hi></fw><lb/>
nicht aufgehoben. Man &#x017F;chneidet denen Leuten die Mit-<lb/>
tel nicht ab/ ihr Hertze auszu&#x017F;chu&#x0364;tten. Denn dergleichen<lb/>
Befehle/ das gebeichtete zu offenbahren/ mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en nicht oh-<lb/>
ne vorhergegangene reifliche Uberlegung ge&#x017F;chehen. Man<lb/>
muß <hi rendition="#fr">Muthma&#x017F;&#x017F;ungen</hi> haben/ daß etwas <hi rendition="#fr">wichtiges</hi> geoffen-<lb/>
bahret worden. Au&#x017F;&#x017F;er die&#x017F;em aber i&#x017F;t es/ wo die Beichte<lb/>
im Schwang gehet/ billig/ daß man denenjenigen zum be-<lb/>
&#x017F;ten/ die da meinen/ &#x017F;ie ko&#x0364;nten kein ruhiges Gewi&#x017F;&#x017F;en ha-<lb/>
ben/ wenn der gei&#x017F;tliche ihre Heimlichkeiten/ und was &#x017F;ie<lb/>
begangen/ nicht wu&#x0364;&#x017F;te/ die <hi rendition="#fr">Geheimhaltung der Beichte</hi> beob-<lb/>
achtet.</p><lb/>
            <note place="left">Von der<lb/>
Abwei&#x017F;ung<lb/>
von dem<lb/><hi rendition="#g">Beicht-</hi>Stuhl.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. <hi rendition="#aq">VIII.</hi></head>
            <p>Jch &#x017F;olte auch nun melden/ was einem Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten vor Macht zu&#x017F;tehet/ wenn ein Gei&#x017F;tlicher jemand von<lb/>
dem <hi rendition="#fr">Beicht-Stuhl abwei&#x017F;et.</hi> Allein ich habe in dem vor-<lb/>
hergehenden nichts von die&#x017F;er Sache erwehnet. Die Ab-<lb/>
wei&#x017F;ung von dem Beicht-Stuhl bringet auch die <hi rendition="#fr">Vorent-<lb/>
haltung des Abendmahls</hi> mit &#x017F;ich. Al&#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;elbe eine<lb/>
Gattung des &#x017F;o genannten Kirchen-Bannes. Von die&#x017F;em<lb/>
aber werde be&#x017F;onders handeln. Darum wird &#x017F;ich ein ge-<lb/>
neigter Le&#x017F;er gedulten/ biß meine Gedancken von dem&#x017F;elben<lb/>
an das Tages-Licht gebe. Sodann will auch zeigen/ was<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/><note xml:id="i75" prev="#i74" place="foot" n="(a)">jenigen, was oben <hi rendition="#aq">Sect. II.</hi> von der Geheimhaltung der Beich-<lb/>
te angefu&#x0364;hret worden, daß ver&#x017F;chiedene <hi rendition="#aq">Theologi</hi> der Meinung<lb/>
&#x017F;ind, ein Prie&#x017F;ter mu&#x0364;&#x017F;te, was man ihm in der Beichte geoffenbah-<lb/>
ret, vor jederman, auch vor der hohen Obrigkeit ver&#x017F;chweigen.<lb/>
Er mu&#x0364;&#x017F;te eher &#x017F;ein Leben la&#x017F;&#x017F;en. Dergleichen <hi rendition="#aq">principia</hi> aber &#x017F;chei-<lb/>
nen mir ziemlich papi&#x017F;ti&#x017F;ch. Denn wie gedacht, die Geheimhal-<lb/>
tung der Beichte ru&#x0364;hret, wie die Beichte &#x017F;elb&#x017F;t, von <hi rendition="#fr">men&#x017F;chlicher<lb/>
Ordnung</hi> her. Die&#x017F;er aber i&#x017F;t die hohe Landes-Obrigkeit nicht<lb/>
unterworffen. Sie kan die&#x017F;elbe allezeit wiederum aufheben.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">a)</hi> So</fw></note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[386/0405] III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten wegen nicht aufgehoben. Man ſchneidet denen Leuten die Mit- tel nicht ab/ ihr Hertze auszuſchuͤtten. Denn dergleichen Befehle/ das gebeichtete zu offenbahren/ muͤſſen nicht oh- ne vorhergegangene reifliche Uberlegung geſchehen. Man muß Muthmaſſungen haben/ daß etwas wichtiges geoffen- bahret worden. Auſſer dieſem aber iſt es/ wo die Beichte im Schwang gehet/ billig/ daß man denenjenigen zum be- ſten/ die da meinen/ ſie koͤnten kein ruhiges Gewiſſen ha- ben/ wenn der geiſtliche ihre Heimlichkeiten/ und was ſie begangen/ nicht wuͤſte/ die Geheimhaltung der Beichte beob- achtet. §. VIII. Jch ſolte auch nun melden/ was einem Fuͤr- ſten vor Macht zuſtehet/ wenn ein Geiſtlicher jemand von dem Beicht-Stuhl abweiſet. Allein ich habe in dem vor- hergehenden nichts von dieſer Sache erwehnet. Die Ab- weiſung von dem Beicht-Stuhl bringet auch die Vorent- haltung des Abendmahls mit ſich. Alſo iſt dieſelbe eine Gattung des ſo genannten Kirchen-Bannes. Von dieſem aber werde beſonders handeln. Darum wird ſich ein ge- neigter Leſer gedulten/ biß meine Gedancken von demſelben an das Tages-Licht gebe. Sodann will auch zeigen/ was ein (a) (a) jenigen, was oben Sect. II. von der Geheimhaltung der Beich- te angefuͤhret worden, daß verſchiedene Theologi der Meinung ſind, ein Prieſter muͤſte, was man ihm in der Beichte geoffenbah- ret, vor jederman, auch vor der hohen Obrigkeit verſchweigen. Er muͤſte eher ſein Leben laſſen. Dergleichen principia aber ſchei- nen mir ziemlich papiſtiſch. Denn wie gedacht, die Geheimhal- tung der Beichte ruͤhret, wie die Beichte ſelbſt, von menſchlicher Ordnung her. Dieſer aber iſt die hohe Landes-Obrigkeit nicht unterworffen. Sie kan dieſelbe allezeit wiederum aufheben. a) So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/405
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/405>, abgerufen am 21.11.2024.