Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fürsten wegen haben will, daß dergleichen Streit in der Welt soll geschlich-tet werden? Wenn es ihm beliebt, daß alle Gewalt beyseite gesetzet sey, und man die Sache nur nach denen Beweiß-Grün- den beurtheile, so hat die Wahrheit überwunden, oder wird einsten überwinden. Wenn er befohlen, daß den Streit die Gewalt entscheide, so hätte GOtt das Urtheil zum faveur des Jrrthums ausgesprochen, welches ohne Gottlosigkeit von ihm nicht kan gedacht werden. Meinest du: man müste darum die Leute zur Beichte zwingen/ daß kein Aergernüß gegeben würde; so antworte ich darauf: wer die Freyheit des Gottesdienstes in solchen Ceremonien verstehet/ wird sich nicht ärgern c). Und wie kan das Aergernüß durch der- gleichen Zwang gehoben werden? Wer durch eine gezwun- gene Beichte sein Aergernüß fahren lässet/ giebt seine Thor- heit genugsam dadurch zu verstehen. Beicht-Pfennig. §. V. Daß der Beicht-Pfennig zu unterschiedenen geübet c) Wie Aergernüß zu vermeiden, wenn einige Personen nicht beichten.Wo auch hieraus einiges Aergernüß entstehen solte, so ist die Geistlichkeit daran Ursach. Denn wenn dieselbe, nach Speners Rathschlag, denen Leuten allen Aberglauben, so sie an der privat-Beichte haben, benehmen, zeigten, daß man auch ohne solche füglich zum Abendmahl gehen könne; u. s. w. so bin ge- wiß versichert, es würde auch der allereinfältigste sich nicht ar- gern, wenn ein oder der andere, ohne Beichte zum Abendmahl gienge. a) Mißbräuche
dabey.Schilter in Instit. Jur. can. Lib. II. tit. 4. §. 17. fraget in der bey- gefügten Note: Ob es klüglich, daß man den Beicht-Pfennig beybehalten? und verneinet es, weil derselbe Ursache zu Ver- läumdungen, und Aergernüß gebe, vornehmlich, wenn man solchen forderte. Carpzov in Jurispr. eccles. Lib. I. def. 119. hält wenigstens dafür, daß der Beicht-Pfennig nicht zu gelegener Zeit entrichtet würde. b) Se- III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten wegen haben will, daß dergleichen Streit in der Welt ſoll geſchlich-tet werden? Wenn es ihm beliebt, daß alle Gewalt beyſeite geſetzet ſey, und man die Sache nur nach denen Beweiß-Gruͤn- den beurtheile, ſo hat die Wahrheit uͤberwunden, oder wird einſten uͤberwinden. Wenn er befohlen, daß den Streit die Gewalt entſcheide, ſo haͤtte GOtt das Urtheil zum faveur des Jrrthums ausgeſprochen, welches ohne Gottloſigkeit von ihm nicht kan gedacht werden. Meineſt du: man muͤſte darum die Leute zur Beichte zwingen/ daß kein Aergernuͤß gegeben wuͤrde; ſo antworte ich darauf: wer die Freyheit des Gottesdienſtes in ſolchen Ceremonien verſtehet/ wird ſich nicht aͤrgern c). Und wie kan das Aergernuͤß durch der- gleichen Zwang gehoben werden? Wer durch eine gezwun- gene Beichte ſein Aergernuͤß fahren laͤſſet/ giebt ſeine Thor- heit genugſam dadurch zu verſtehen. Beicht-Pfennig. §. V. Daß der Beicht-Pfennig zu unterſchiedenen geuͤbet c) Wie Aergernuͤß zu vermeiden, wenn einige Perſonen nicht beichten.Wo auch hieraus einiges Aergernuͤß entſtehen ſolte, ſo iſt die Geiſtlichkeit daran Urſach. Denn wenn dieſelbe, nach Speners Rathſchlag, denen Leuten allen Aberglauben, ſo ſie an der privat-Beichte haben, benehmen, zeigten, daß man auch ohne ſolche fuͤglich zum Abendmahl gehen koͤnne; u. ſ. w. ſo bin ge- wiß verſichert, es wuͤrde auch der allereinfaͤltigſte ſich nicht ar- gern, wenn ein oder der andere, ohne Beichte zum Abendmahl gienge. a) Mißbraͤuche
dabey.Schilter in Inſtit. Jur. can. Lib. II. tit. 4. §. 17. fraget in der bey- gefuͤgten Note: Ob es kluͤglich, daß man den Beicht-Pfennig beybehalten? und verneinet es, weil derſelbe Urſache zu Ver- laͤumdungen, und Aergernuͤß gebe, vornehmlich, wenn man ſolchen forderte. Carpzov in Jurispr. eccleſ. Lib. I. def. 119. haͤlt wenigſtens dafuͤr, daß der Beicht-Pfennig nicht zu gelegener Zeit entrichtet wuͤrde. b) Se- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0401" n="382"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">III.</hi> Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten wegen</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">haben will, daß dergleichen Streit in der Welt ſoll geſchlich-<lb/> tet werden? Wenn es ihm beliebt, daß alle Gewalt beyſeite<lb/> geſetzet ſey, und man die Sache nur nach denen Beweiß-Gruͤn-<lb/> den beurtheile, ſo hat die Wahrheit uͤberwunden, oder wird<lb/> einſten uͤberwinden. Wenn er befohlen, daß den Streit die<lb/> Gewalt entſcheide, ſo haͤtte GOtt das Urtheil zum</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">faveur</hi></hi><lb/><hi rendition="#fr">des Jrrthums ausgeſprochen, welches ohne Gottloſigkeit von<lb/> ihm nicht kan gedacht werden.</hi> Meineſt du: man muͤſte<lb/> darum die Leute zur Beichte zwingen/ daß kein <hi rendition="#fr">Aergernuͤß</hi><lb/> gegeben wuͤrde; ſo antworte ich darauf: wer die Freyheit<lb/> des Gottesdienſtes in ſolchen Ceremonien verſtehet/ wird ſich<lb/> nicht aͤrgern <note place="foot" n="c)"><note place="left">Wie Aergernuͤß<lb/> zu vermeiden,<lb/> wenn einige<lb/> Perſonen nicht<lb/> beichten.</note>Wo auch hieraus einiges Aergernuͤß entſtehen ſolte, ſo iſt die<lb/> Geiſtlichkeit daran Urſach. Denn wenn dieſelbe, nach Speners<lb/> Rathſchlag, denen Leuten allen <hi rendition="#fr">Aberglauben,</hi> ſo ſie an der<lb/><hi rendition="#aq">privat-</hi>Beichte haben, benehmen, zeigten, daß man auch ohne<lb/> ſolche fuͤglich zum Abendmahl gehen koͤnne; u. ſ. w. ſo bin ge-<lb/> wiß verſichert, es wuͤrde auch der allereinfaͤltigſte ſich nicht ar-<lb/> gern, wenn ein oder der andere, ohne Beichte zum Abendmahl<lb/> gienge.</note>. Und wie kan das Aergernuͤß durch der-<lb/> gleichen Zwang gehoben werden? Wer durch eine <hi rendition="#fr">gezwun-<lb/> gene Beichte</hi> ſein Aergernuͤß fahren laͤſſet/ giebt ſeine Thor-<lb/> heit genugſam dadurch zu verſtehen.</p><lb/> <note place="left"><hi rendition="#g">Vom</hi><lb/> Beicht-Pfennig.</note> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. <hi rendition="#aq">V.</hi></head> <p>Daß der <hi rendition="#fr">Beicht-Pfennig</hi> zu unterſchiedenen<lb/> Mißbraͤuchen Anlaß giebt/ habe ſchon hin und wieder er-<lb/> innert <note place="foot" n="a)"><note place="left">Mißbraͤuche<lb/> dabey.</note><hi rendition="#aq">Schilter <hi rendition="#i">in Inſtit. Jur. can. Lib. II. tit. 4.</hi> §. <hi rendition="#i">17.</hi></hi> fraget in der bey-<lb/> gefuͤgten Note: Ob es kluͤglich, daß man den Beicht-Pfennig<lb/> beybehalten? und verneinet es, weil derſelbe Urſache zu Ver-<lb/> laͤumdungen, und Aergernuͤß gebe, vornehmlich, wenn man<lb/> ſolchen forderte. <hi rendition="#aq">Carpzov <hi rendition="#i">in Jurispr. eccleſ. Lib. I. def. 119.</hi></hi> haͤlt<lb/> wenigſtens dafuͤr, daß der Beicht-Pfennig nicht zu gelegener Zeit<lb/> entrichtet wuͤrde.<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">b) Se-</hi></fw></note>. Jch halte auch vor gewiß/ daß aller ungerechte<lb/><hi rendition="#fr">Gewiſſens-Zwang,</hi> der bey der Beichte und Abendmahl aus-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">geuͤbet</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [382/0401]
III. Abth. III. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten wegen
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geſetzet ſey, und man die Sache nur nach denen Beweiß-Gruͤn-
den beurtheile, ſo hat die Wahrheit uͤberwunden, oder wird
einſten uͤberwinden. Wenn er befohlen, daß den Streit die
Gewalt entſcheide, ſo haͤtte GOtt das Urtheil zum faveur
des Jrrthums ausgeſprochen, welches ohne Gottloſigkeit von
ihm nicht kan gedacht werden. Meineſt du: man muͤſte
darum die Leute zur Beichte zwingen/ daß kein Aergernuͤß
gegeben wuͤrde; ſo antworte ich darauf: wer die Freyheit
des Gottesdienſtes in ſolchen Ceremonien verſtehet/ wird ſich
nicht aͤrgern c). Und wie kan das Aergernuͤß durch der-
gleichen Zwang gehoben werden? Wer durch eine gezwun-
gene Beichte ſein Aergernuͤß fahren laͤſſet/ giebt ſeine Thor-
heit genugſam dadurch zu verſtehen.
§. V. Daß der Beicht-Pfennig zu unterſchiedenen
Mißbraͤuchen Anlaß giebt/ habe ſchon hin und wieder er-
innert a). Jch halte auch vor gewiß/ daß aller ungerechte
Gewiſſens-Zwang, der bey der Beichte und Abendmahl aus-
geuͤbet
c) Wo auch hieraus einiges Aergernuͤß entſtehen ſolte, ſo iſt die
Geiſtlichkeit daran Urſach. Denn wenn dieſelbe, nach Speners
Rathſchlag, denen Leuten allen Aberglauben, ſo ſie an der
privat-Beichte haben, benehmen, zeigten, daß man auch ohne
ſolche fuͤglich zum Abendmahl gehen koͤnne; u. ſ. w. ſo bin ge-
wiß verſichert, es wuͤrde auch der allereinfaͤltigſte ſich nicht ar-
gern, wenn ein oder der andere, ohne Beichte zum Abendmahl
gienge.
a) Schilter in Inſtit. Jur. can. Lib. II. tit. 4. §. 17. fraget in der bey-
gefuͤgten Note: Ob es kluͤglich, daß man den Beicht-Pfennig
beybehalten? und verneinet es, weil derſelbe Urſache zu Ver-
laͤumdungen, und Aergernuͤß gebe, vornehmlich, wenn man
ſolchen forderte. Carpzov in Jurispr. eccleſ. Lib. I. def. 119. haͤlt
wenigſtens dafuͤr, daß der Beicht-Pfennig nicht zu gelegener Zeit
entrichtet wuͤrde.
b) Se-
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