Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.man zur Beichte gehen soll. les recht, wahrhafftig und gottseelig ist, man es mit Ernstund auff alle Weise vertheidigen müsse; und daß der- jenige GOTT gleich zu achten, durch welchen die göttliche Majestät zum guten Beyspiel gerächet wird. Wir suchen a- ber nur die Art der Vertheydigung: Hier entstehen so viel Zweiffel, als bey der Religion. Denn derjenige Vertheidiger des Gottes-Dienstes, der dir anstehet, nehmlich der Soldat oder Hencker, scheinet mir ungeschickt, ungerecht, schändlich. Und wenn die Wahrheit zu sagen erlaubt: die Religion hat allen Glauben verlohren, wenn sie aus Furcht der Straffe vor wahr gehalten werden muß. So entfernet euch dem- nach ihr Waffen, höret auf ihr Raubereyen, ruhet ihr Schlä- ge, Foltern, Stricke, Feuer. Man muß eine andere Beschü- tzung bereiten. Wir brauchen keine Grausamkeit, noch Muthwillen; durch Vernunfft, Weißheit, Verstand muß diejenige Religion, so wahr ist, feste gesetzet werden. Es mü- ste denn seyn, daß jemand daßjenige glauben könte, was man ihm befiehlet, wenn er gleich nicht davon überzeuget ist. Al- lein schauet in den Verstand, erforschet die Macht und Ei- genschafft der Seelen und der Vernunfft: Es kommt alles darauff an, daß solche menschlichem Gutdüncken nicht unter- worffen. Es kan weiter nichts vertragen, als daß man es durch Lehre leitet, und durch Rath regieret; wenn es über- wiesen, fället es dem nothwendigen Beweißthum bey. Selbst die gantze Werckstat der Leichtgläubigkeit lässet sich nicht zwingen. §. III. Beliebt dir aber diese Meinung/ daß man dieOb die daß e e 2
man zur Beichte gehen ſoll. les recht, wahrhafftig und gottſeelig iſt, man es mit Ernſtund auff alle Weiſe vertheidigen muͤſſe; und daß der- jenige GOTT gleich zu achten, durch welchen die goͤttliche Majeſtaͤt zum guten Beyſpiel geraͤchet wird. Wir ſuchen a- ber nur die Art der Vertheydigung: Hier entſtehen ſo viel Zweiffel, als bey der Religion. Denn derjenige Vertheidiger des Gottes-Dienſtes, der dir anſtehet, nehmlich der Soldat oder Hencker, ſcheinet mir ungeſchickt, ungerecht, ſchaͤndlich. Und wenn die Wahrheit zu ſagen erlaubt: die Religion hat allen Glauben verlohren, wenn ſie aus Furcht der Straffe vor wahr gehalten werden muß. So entfernet euch dem- nach ihr Waffen, hoͤret auf ihr Raubereyen, ruhet ihr Schlaͤ- ge, Foltern, Stricke, Feuer. Man muß eine andere Beſchuͤ- tzung bereiten. Wir brauchen keine Grauſamkeit, noch Muthwillen; durch Vernunfft, Weißheit, Verſtand muß diejenige Religion, ſo wahr iſt, feſte geſetzet werden. Es muͤ- ſte denn ſeyn, daß jemand daßjenige glauben koͤnte, was man ihm befiehlet, wenn er gleich nicht davon uͤberzeuget iſt. Al- lein ſchauet in den Verſtand, erforſchet die Macht und Ei- genſchafft der Seelen und der Vernunfft: Es kommt alles darauff an, daß ſolche menſchlichem Gutduͤncken nicht unter- worffen. Es kan weiter nichts vertragen, als daß man es durch Lehre leitet, und durch Rath regieret; wenn es uͤber- wieſen, faͤllet es dem nothwendigen Beweißthum bey. Selbſt die gantze Werckſtat der Leichtglaͤubigkeit laͤſſet ſich nicht zwingen. §. III. Beliebt dir aber dieſe Meinung/ daß man dieOb die daß e e 2
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man zur Beichte gehen ſoll.
les recht, wahrhafftig und gottſeelig iſt, man es mit Ernſt
und auff alle Weiſe vertheidigen muͤſſe; und daß der-
jenige GOTT gleich zu achten, durch welchen die goͤttliche
Majeſtaͤt zum guten Beyſpiel geraͤchet wird. Wir ſuchen a-
ber nur die Art der Vertheydigung: Hier entſtehen ſo viel
Zweiffel, als bey der Religion. Denn derjenige Vertheidiger
des Gottes-Dienſtes, der dir anſtehet, nehmlich der Soldat
oder Hencker, ſcheinet mir ungeſchickt, ungerecht, ſchaͤndlich.
Und wenn die Wahrheit zu ſagen erlaubt: die Religion hat
allen Glauben verlohren, wenn ſie aus Furcht der Straffe
vor wahr gehalten werden muß. So entfernet euch dem-
nach ihr Waffen, hoͤret auf ihr Raubereyen, ruhet ihr Schlaͤ-
ge, Foltern, Stricke, Feuer. Man muß eine andere Beſchuͤ-
tzung bereiten. Wir brauchen keine Grauſamkeit, noch
Muthwillen; durch Vernunfft, Weißheit, Verſtand muß
diejenige Religion, ſo wahr iſt, feſte geſetzet werden. Es muͤ-
ſte denn ſeyn, daß jemand daßjenige glauben koͤnte, was man
ihm befiehlet, wenn er gleich nicht davon uͤberzeuget iſt. Al-
lein ſchauet in den Verſtand, erforſchet die Macht und Ei-
genſchafft der Seelen und der Vernunfft: Es kommt alles
darauff an, daß ſolche menſchlichem Gutduͤncken nicht unter-
worffen. Es kan weiter nichts vertragen, als daß man es
durch Lehre leitet, und durch Rath regieret; wenn es uͤber-
wieſen, faͤllet es dem nothwendigen Beweißthum bey. Selbſt
die gantze Werckſtat der Leichtglaͤubigkeit laͤſſet ſich nicht
zwingen.
§. III. Beliebt dir aber dieſe Meinung/ daß man die
Leute darum zur Beichte zwingen koͤnte/ weil ſolche eine
Vorbereitung zum Heil. Abendmahl/ ſo kan ich doch wie-
der nichts anders thun/ als dir hierinn zu wiederſprechen.
Du ſprichſt/ ſolche Leute die verachteten die Sacramenta.
Sie waͤren alſo Feinde GOttes. Ob nun ſchon die Beich-
te bey uns vor kein Sacrament gehalten wuͤrde/ ſo koͤnte
man doch nicht zum Sacrament des Nachtmahls gelangen/
wenn man nicht gebeichtet. Hieraus waͤre zu erkennen/
daß
Ob die
Beichte eine
Vorberei-
tung zum A-
bendmahl.
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