Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung Andere Ur-sachen der Verände-rung. §. XV. Ja ich halte dafür/ die Veränderung des daß diesen Fall, welchen ich setze, sich vollends nicht reimen. Denn
was 1. Petr. V, 2. denen Aeltesten befohlen ist, daß sie die ihnen an- vertraute Heerde weiden sollen, ist mit allem Recht von allen Pa- storibus in einer Parochie zu verstehen. Diejenigen, welche ei- nem andern Pfarrer in eben dem Kirch-Spiel beichten, und von dem vorigen abgehen, verlassen die Versammlung weder gäntz- lich, noch auf eine Zeit. Also fället auch der Schluß dahin, den man aus Hebr. X, 25. heraus geprest. Die eutaxia leidet auch kei- nen Abbruch, sondern alles geschiehet kata taxin, in bester Ord- nung, wenn ich demjenigen, so ich zum Beicht-Vater gehabt, nicht ferner beichte, sondern seinen Collegen mir erwehle. Jnzwi- schen dencken doch diejenigen, so das Zwang-Recht behaupten, sie hätten die Sache auf das deutlichste bewiesen, so gar, daß sie be- haupten wollen, es stünde nicht einmahl dem Fürsten frey, seinen Beicht-Vater zu ändern. Diesen wunderbahren Lehrern hat der Herr Thomasius in denen Noten über Puffendorff von der geistlichen Monarchie des Stuhls zu Rom pag. 300. den Staar ziemlich gestochen. Siehest du also, saget er, wenn keine Beicht- Väter wären, hätten sich die Jesuiten auch nicht so ein- schleichen können. Und also siehest du, was in dem Streit von der Nothwendigkeit des Beicht-Stuhls, zwischen den eifrigen Lutheranern und Reformirten, für eine politische avantage verborgen sey, dieselbe Nothwendigkeit zu behau- pten. Zum wenigsten hat ein Reformirter Fürst sich nicht zu befürchten, daß wenn er seinen Hoff-Prediger abdanckt, ihm werde controuers gemacht werden, ob er auch solches cum effectu ciuili, oder auch mit gutem Gewissen habe thun können. Hingegen kan ein Beicht-Vater eines Lutheri- schen Fürsten sich ehe getrösten, so wohl Theologische als Ju- ristische responsa für sich zu erhalten, daß ein Lutherischer Fürst II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung Andere Ur-ſachen der Veraͤnde-rung. §. XV. Ja ich halte dafuͤr/ die Veraͤnderung des daß dieſen Fall, welchen ich ſetze, ſich vollends nicht reimen. Denn
was 1. Petr. V, 2. denen Aelteſten befohlen iſt, daß ſie die ihnen an- vertraute Heerde weiden ſollen, iſt mit allem Recht von allen Pa- ſtoribus in einer Parochie zu verſtehen. Diejenigen, welche ei- nem andern Pfarrer in eben dem Kirch-Spiel beichten, und von dem vorigen abgehen, verlaſſen die Verſammlung weder gaͤntz- lich, noch auf eine Zeit. Alſo faͤllet auch der Schluß dahin, den man aus Hebr. X, 25. heraus gepreſt. Die ἐυταξία leidet auch kei- nen Abbruch, ſondern alles geſchiehet κατὰ τάξιν, in beſter Ord- nung, wenn ich demjenigen, ſo ich zum Beicht-Vater gehabt, nicht ferner beichte, ſondern ſeinen Collegen mir erwehle. Jnzwi- ſchen dencken doch diejenigen, ſo das Zwang-Recht behaupten, ſie haͤtten die Sache auf das deutlichſte bewieſen, ſo gar, daß ſie be- haupten wollen, es ſtuͤnde nicht einmahl dem Fuͤrſten frey, ſeinen Beicht-Vater zu aͤndern. Dieſen wunderbahren Lehrern hat der Herr Thomaſius in denen Noten uͤber Puffendorff von der geiſtlichen Monarchie des Stuhls zu Rom pag. 300. den Staar ziemlich geſtochen. Sieheſt du alſo, ſaget er, wenn keine Beicht- Vaͤter waͤren, haͤtten ſich die Jeſuiten auch nicht ſo ein- ſchleichen koͤnnen. Und alſo ſieheſt du, was in dem Streit von der Nothwendigkeit des Beicht-Stuhls, zwiſchen den eifrigen Lutheranern und Reformirten, fuͤr eine politiſche avantage verborgen ſey, dieſelbe Nothwendigkeit zu behau- pten. Zum wenigſten hat ein Reformirter Fuͤrſt ſich nicht zu befuͤrchten, daß wenn er ſeinen Hoff-Prediger abdanckt, ihm werde controuers gemacht werden, ob er auch ſolches cum effectu ciuili, oder auch mit gutem Gewiſſen habe thun koͤnnen. Hingegen kan ein Beicht-Vater eines Lutheri- ſchen Fuͤrſten ſich ehe getroͤſten, ſo wohl Theologiſche als Ju- riſtiſche reſponſa fuͤr ſich zu erhalten, daß ein Lutheriſcher Fuͤrſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0227" n="208"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">I.</hi> Cap. Von Erwehlung</hi> </fw><lb/> <note place="left">Andere Ur-<lb/> ſachen der<lb/> Veraͤnde-rung.</note> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. <hi rendition="#aq">XV.</hi></head> <p>Ja ich halte dafuͤr/ die Veraͤnderung des<lb/> Beicht-Vaters koͤnne auch ſodann nicht verwehret werden/<lb/> wenn ich dafuͤr halte/ daß ich von einem andern <hi rendition="#fr">mehr Nu-<lb/> tzen und Troſt</hi> erlangen koͤnne. 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II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung
§. XV. Ja ich halte dafuͤr/ die Veraͤnderung des
Beicht-Vaters koͤnne auch ſodann nicht verwehret werden/
wenn ich dafuͤr halte/ daß ich von einem andern mehr Nu-
tzen und Troſt erlangen koͤnne. Es iſt ja nicht zu leugnen/
daß
(b)
nicht auf den
Fall da ver-
ſchiedene Pa-
ſtores in einem
Kirch-Spiel
ſind.
(b) dieſen Fall, welchen ich ſetze, ſich vollends nicht reimen. Denn
was 1. Petr. V, 2. denen Aelteſten befohlen iſt, daß ſie die ihnen an-
vertraute Heerde weiden ſollen, iſt mit allem Recht von allen Pa-
ſtoribus in einer Parochie zu verſtehen. Diejenigen, welche ei-
nem andern Pfarrer in eben dem Kirch-Spiel beichten, und von
dem vorigen abgehen, verlaſſen die Verſammlung weder gaͤntz-
lich, noch auf eine Zeit. Alſo faͤllet auch der Schluß dahin, den
man aus Hebr. X, 25. heraus gepreſt. Die ἐυταξία leidet auch kei-
nen Abbruch, ſondern alles geſchiehet κατὰ τάξιν, in beſter Ord-
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ferner beichte, ſondern ſeinen Collegen mir erwehle. Jnzwi-
ſchen dencken doch diejenigen, ſo das Zwang-Recht behaupten, ſie
haͤtten die Sache auf das deutlichſte bewieſen, ſo gar, daß ſie be-
haupten wollen, es ſtuͤnde nicht einmahl dem Fuͤrſten frey, ſeinen
Beicht-Vater zu aͤndern. Dieſen wunderbahren Lehrern hat
der Herr Thomaſius in denen Noten uͤber Puffendorff von der
geiſtlichen Monarchie des Stuhls zu Rom pag. 300. den Staar
ziemlich geſtochen. Sieheſt du alſo, ſaget er, wenn keine Beicht-
Vaͤter waͤren, haͤtten ſich die Jeſuiten auch nicht ſo ein-
ſchleichen koͤnnen. Und alſo ſieheſt du, was in dem Streit
von der Nothwendigkeit des Beicht-Stuhls, zwiſchen den
eifrigen Lutheranern und Reformirten, fuͤr eine politiſche
avantage verborgen ſey, dieſelbe Nothwendigkeit zu behau-
pten. Zum wenigſten hat ein Reformirter Fuͤrſt ſich nicht
zu befuͤrchten, daß wenn er ſeinen Hoff-Prediger abdanckt,
ihm werde controuers gemacht werden, ob er auch ſolches
cum effectu ciuili, oder auch mit gutem Gewiſſen habe thun
koͤnnen. Hingegen kan ein Beicht-Vater eines Lutheri-
ſchen Fuͤrſten ſich ehe getroͤſten, ſo wohl Theologiſche als Ju-
riſtiſche reſponſa fuͤr ſich zu erhalten, daß ein Lutheriſcher
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