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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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Davids Nabel -- Homers Aermel -- Gellerts
Zopfband -- Ramlers Schlafmütze -- und der
Glatze unter der meinigen, wiewohl sie wenig
mehr bedeutet. --

Der alte Landesdirektor that zur Heilig¬
sprechung Lianens -- da eine Jungfrau durch
nichts so viel bei einem Jünglinge gewinnt als
durch Lobreden, die ihr seine Eltern geben --
dadurch ansehnliche Zuschüsse, daß er die länd¬
lich- und wie er selber lachende Rabette häufig
mit jener wog, und seine nachgiebige Frau
heimlich mit der strengen Ministerinn; er nahm
dann Gelegenheit, auseinander zu setzen, nach
welchen strengen Regeln des reinen Satzes diese
Kontrapunktistin die melodischen Töne Lianens
harmonisch ordne und wie sie besonders Roh¬
heit und Gelächter ausmärze. Die weiblichen
Seelen sind Pfauen, deren Juwelen-Gefieder
man in reinen und geweißten Wohnungen un¬
terbringen muß, indeß unsere in Entenställen
sauber bleiben. -- Albano zeichnete sich Mutter
und Tochter bloß in den doppelten Gestalten
vor, worin uns Maler die Engel geben, näm¬
lich die verständige strenge Mutter als einen

Davids Nabel — Homers Aermel — Gellerts
Zopfband — Ramlers Schlafmütze — und der
Glatze unter der meinigen, wiewohl ſie wenig
mehr bedeutet. —

Der alte Landesdirektor that zur Heilig¬
ſprechung Lianens — da eine Jungfrau durch
nichts ſo viel bei einem Jünglinge gewinnt als
durch Lobreden, die ihr ſeine Eltern geben —
dadurch anſehnliche Zuſchüſſe, daß er die länd¬
lich- und wie er ſelber lachende Rabette häufig
mit jener wog, und ſeine nachgiebige Frau
heimlich mit der ſtrengen Miniſterinn; er nahm
dann Gelegenheit, auseinander zu ſetzen, nach
welchen ſtrengen Regeln des reinen Satzes dieſe
Kontrapunktiſtin die melodiſchen Töne Lianens
harmoniſch ordne und wie ſie beſonders Roh¬
heit und Gelächter ausmärze. Die weiblichen
Seelen ſind Pfauen, deren Juwelen-Gefieder
man in reinen und geweißten Wohnungen un¬
terbringen muß, indeß unſere in Entenſtällen
ſauber bleiben. — Albano zeichnete ſich Mutter
und Tochter bloß in den doppelten Geſtalten
vor, worin uns Maler die Engel geben, näm¬
lich die verſtändige ſtrenge Mutter als einen

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[219/0239] Davids Nabel — Homers Aermel — Gellerts Zopfband — Ramlers Schlafmütze — und der Glatze unter der meinigen, wiewohl ſie wenig mehr bedeutet. — Der alte Landesdirektor that zur Heilig¬ ſprechung Lianens — da eine Jungfrau durch nichts ſo viel bei einem Jünglinge gewinnt als durch Lobreden, die ihr ſeine Eltern geben — dadurch anſehnliche Zuſchüſſe, daß er die länd¬ lich- und wie er ſelber lachende Rabette häufig mit jener wog, und ſeine nachgiebige Frau heimlich mit der ſtrengen Miniſterinn; er nahm dann Gelegenheit, auseinander zu ſetzen, nach welchen ſtrengen Regeln des reinen Satzes dieſe Kontrapunktiſtin die melodiſchen Töne Lianens harmoniſch ordne und wie ſie beſonders Roh¬ heit und Gelächter ausmärze. Die weiblichen Seelen ſind Pfauen, deren Juwelen-Gefieder man in reinen und geweißten Wohnungen un¬ terbringen muß, indeß unſere in Entenſtällen ſauber bleiben. — Albano zeichnete ſich Mutter und Tochter bloß in den doppelten Geſtalten vor, worin uns Maler die Engel geben, näm¬ lich die verſtändige ſtrenge Mutter als einen

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/239>, abgerufen am 26.04.2024.