Davids Nabel -- Homers Aermel -- Gellerts Zopfband -- Ramlers Schlafmütze -- und der Glatze unter der meinigen, wiewohl sie wenig mehr bedeutet. --
Der alte Landesdirektor that zur Heilig¬ sprechung Lianens -- da eine Jungfrau durch nichts so viel bei einem Jünglinge gewinnt als durch Lobreden, die ihr seine Eltern geben -- dadurch ansehnliche Zuschüsse, daß er die länd¬ lich- und wie er selber lachende Rabette häufig mit jener wog, und seine nachgiebige Frau heimlich mit der strengen Ministerinn; er nahm dann Gelegenheit, auseinander zu setzen, nach welchen strengen Regeln des reinen Satzes diese Kontrapunktistin die melodischen Töne Lianens harmonisch ordne und wie sie besonders Roh¬ heit und Gelächter ausmärze. Die weiblichen Seelen sind Pfauen, deren Juwelen-Gefieder man in reinen und geweißten Wohnungen un¬ terbringen muß, indeß unsere in Entenställen sauber bleiben. -- Albano zeichnete sich Mutter und Tochter bloß in den doppelten Gestalten vor, worin uns Maler die Engel geben, näm¬ lich die verständige strenge Mutter als einen
Davids Nabel — Homers Aermel — Gellerts Zopfband — Ramlers Schlafmütze — und der Glatze unter der meinigen, wiewohl ſie wenig mehr bedeutet. —
Der alte Landesdirektor that zur Heilig¬ ſprechung Lianens — da eine Jungfrau durch nichts ſo viel bei einem Jünglinge gewinnt als durch Lobreden, die ihr ſeine Eltern geben — dadurch anſehnliche Zuſchüſſe, daß er die länd¬ lich- und wie er ſelber lachende Rabette häufig mit jener wog, und ſeine nachgiebige Frau heimlich mit der ſtrengen Miniſterinn; er nahm dann Gelegenheit, auseinander zu ſetzen, nach welchen ſtrengen Regeln des reinen Satzes dieſe Kontrapunktiſtin die melodiſchen Töne Lianens harmoniſch ordne und wie ſie beſonders Roh¬ heit und Gelächter ausmärze. Die weiblichen Seelen ſind Pfauen, deren Juwelen-Gefieder man in reinen und geweißten Wohnungen un¬ terbringen muß, indeß unſere in Entenſtällen ſauber bleiben. — Albano zeichnete ſich Mutter und Tochter bloß in den doppelten Geſtalten vor, worin uns Maler die Engel geben, näm¬ lich die verſtändige ſtrenge Mutter als einen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0239"n="219"/>
Davids Nabel — Homers Aermel — Gellerts<lb/>
Zopfband — Ramlers Schlafmütze — und der<lb/>
Glatze unter der meinigen, wiewohl ſie wenig<lb/>
mehr bedeutet. —</p><lb/><p>Der alte Landesdirektor that zur Heilig¬<lb/>ſprechung Lianens — da eine Jungfrau durch<lb/>
nichts ſo viel bei einem Jünglinge gewinnt als<lb/>
durch Lobreden, die ihr ſeine Eltern geben —<lb/>
dadurch anſehnliche Zuſchüſſe, daß er die länd¬<lb/>
lich- und wie er ſelber lachende Rabette häufig<lb/>
mit jener wog, und ſeine nachgiebige Frau<lb/>
heimlich mit der ſtrengen Miniſterinn; er nahm<lb/>
dann Gelegenheit, auseinander zu ſetzen, nach<lb/>
welchen ſtrengen Regeln des reinen Satzes dieſe<lb/>
Kontrapunktiſtin die melodiſchen Töne Lianens<lb/>
harmoniſch ordne und wie ſie beſonders Roh¬<lb/>
heit und Gelächter ausmärze. Die weiblichen<lb/>
Seelen ſind Pfauen, deren Juwelen-Gefieder<lb/>
man in reinen und geweißten Wohnungen un¬<lb/>
terbringen muß, indeß unſere in Entenſtällen<lb/>ſauber bleiben. — Albano zeichnete ſich Mutter<lb/>
und Tochter bloß in den doppelten Geſtalten<lb/>
vor, worin uns Maler die Engel geben, näm¬<lb/>
lich die verſtändige ſtrenge Mutter als einen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[219/0239]
Davids Nabel — Homers Aermel — Gellerts
Zopfband — Ramlers Schlafmütze — und der
Glatze unter der meinigen, wiewohl ſie wenig
mehr bedeutet. —
Der alte Landesdirektor that zur Heilig¬
ſprechung Lianens — da eine Jungfrau durch
nichts ſo viel bei einem Jünglinge gewinnt als
durch Lobreden, die ihr ſeine Eltern geben —
dadurch anſehnliche Zuſchüſſe, daß er die länd¬
lich- und wie er ſelber lachende Rabette häufig
mit jener wog, und ſeine nachgiebige Frau
heimlich mit der ſtrengen Miniſterinn; er nahm
dann Gelegenheit, auseinander zu ſetzen, nach
welchen ſtrengen Regeln des reinen Satzes dieſe
Kontrapunktiſtin die melodiſchen Töne Lianens
harmoniſch ordne und wie ſie beſonders Roh¬
heit und Gelächter ausmärze. Die weiblichen
Seelen ſind Pfauen, deren Juwelen-Gefieder
man in reinen und geweißten Wohnungen un¬
terbringen muß, indeß unſere in Entenſtällen
ſauber bleiben. — Albano zeichnete ſich Mutter
und Tochter bloß in den doppelten Geſtalten
vor, worin uns Maler die Engel geben, näm¬
lich die verſtändige ſtrenge Mutter als einen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/239>, abgerufen am 26.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.