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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Fünfter Sektor oder Ausschnitt.

Auferstehung.


Vier Priester stehen im weiten Dom der Natur
und beten an Gottes Altären, den Bergen, -- der
eisgraue Winter, mit dem schneeweissen Chorhemd --
der sammelnde Herbst, mit Erndten unter dem
Arm, die er Gott auf den Altar legt und die
der Mensch nehmen darf -- der feurige Jüngling, der
Sommer, der bis zu Nachts arbeitet, um zu op¬
fern -- und endlich der kindliche Frühling mit seinem
weissen Kirchenschmuck von Lilien und von Blüten,
der wie ein Kind Blumen und Blütenkelche um den
erhabenen Geist herumlegt und an dessen Gebete al¬
les mitbetet was ihn beten hört. -- Und für Men¬
schenkinder ist ja der Frühling der schönste Priester.

Diesen Blumenpriester sah der kleine Gustav
zuerst am Altar. Vor Sonnenaufgang am ersten
Junius (drunten war's Abend) kniete sich der Ge¬
nius schweigend hin und betete mit den Augen und
stummzitternden Lippen ein Gebet für Gustav, das
über sein ganzes gefährliches Leben die Flügel aus¬

Fuͤnfter Sektor oder Ausſchnitt.

Auferſtehung.


Vier Prieſter ſtehen im weiten Dom der Natur
und beten an Gottes Altaͤren, den Bergen, — der
eisgraue Winter, mit dem ſchneeweiſſen Chorhemd —
der ſammelnde Herbſt, mit Erndten unter dem
Arm, die er Gott auf den Altar legt und die
der Menſch nehmen darf — der feurige Juͤngling, der
Sommer, der bis zu Nachts arbeitet, um zu op¬
fern — und endlich der kindliche Fruͤhling mit ſeinem
weiſſen Kirchenſchmuck von Lilien und von Bluͤten,
der wie ein Kind Blumen und Bluͤtenkelche um den
erhabenen Geiſt herumlegt und an deſſen Gebete al¬
les mitbetet was ihn beten hoͤrt. — Und fuͤr Men¬
ſchenkinder iſt ja der Fruͤhling der ſchoͤnſte Prieſter.

Dieſen Blumenprieſter ſah der kleine Guſtav
zuerſt am Altar. Vor Sonnenaufgang am erſten
Junius (drunten war's Abend) kniete ſich der Ge¬
nius ſchweigend hin und betete mit den Augen und
ſtummzitternden Lippen ein Gebet fuͤr Guſtav, das
uͤber ſein ganzes gefaͤhrliches Leben die Fluͤgel aus¬

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[57/0093] Fuͤnfter Sektor oder Ausſchnitt. Auferſtehung. Vier Prieſter ſtehen im weiten Dom der Natur und beten an Gottes Altaͤren, den Bergen, — der eisgraue Winter, mit dem ſchneeweiſſen Chorhemd — der ſammelnde Herbſt, mit Erndten unter dem Arm, die er Gott auf den Altar legt und die der Menſch nehmen darf — der feurige Juͤngling, der Sommer, der bis zu Nachts arbeitet, um zu op¬ fern — und endlich der kindliche Fruͤhling mit ſeinem weiſſen Kirchenſchmuck von Lilien und von Bluͤten, der wie ein Kind Blumen und Bluͤtenkelche um den erhabenen Geiſt herumlegt und an deſſen Gebete al¬ les mitbetet was ihn beten hoͤrt. — Und fuͤr Men¬ ſchenkinder iſt ja der Fruͤhling der ſchoͤnſte Prieſter. Dieſen Blumenprieſter ſah der kleine Guſtav zuerſt am Altar. Vor Sonnenaufgang am erſten Junius (drunten war's Abend) kniete ſich der Ge¬ nius ſchweigend hin und betete mit den Augen und ſtummzitternden Lippen ein Gebet fuͤr Guſtav, das uͤber ſein ganzes gefaͤhrliches Leben die Fluͤgel aus¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/93>, abgerufen am 30.12.2024.