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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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Wort für höhere weitere Liebe; sie scheidet und
erlöset die Natur vom dienstbaren Tode, und
beseelt wie ein Gott, um nur zu lieben, und
schmückt wie eine Mutter, um noch mehr zu lie-
ben. Freilich können wir den Bergen, Bäu-
men und Sternen, worin sonst die Griechen
Götter zauberten, jetzt nur Seelen einblasen
und was jene vergötterten, nur beleben.

-- Ich komme aber sehr aus den einkleiden-
den Brieftone heraus, lieber Sp., vielleicht
weil ich zu lebhaft an die Zeitung denke, deren
Welt ich das Meinige von dem allemannischen
Dichter sagen wollte. Ich will also alles ohne
weitere Mühe folgender Gestalt herauswerfen:
er ist naiv -- er ist von alter Kunst erhellt und
von neuer erwärmt -- er ist meistens christlich-
elegisch -- zuweilen romantisch schauerlich *) --
er ist ohne Phrasen-Triller -- er ist zu lesen,
wenn nicht Einmal, doch Zehnmal, wie alles
Einfache. Mit andern noch bessern Worten:
Das Abendroth einer schönen friedlichen Seele
liegt auf allen Höhen, die er vor uns sich hin-

*) Z. B. in der hohen Erzählung: "Der Karfunkel."

Wort fuͤr hoͤhere weitere Liebe; ſie ſcheidet und
erloͤſet die Natur vom dienſtbaren Tode, und
beſeelt wie ein Gott, um nur zu lieben, und
ſchmuͤckt wie eine Mutter, um noch mehr zu lie-
ben. Freilich koͤnnen wir den Bergen, Baͤu-
men und Sternen, worin ſonſt die Griechen
Goͤtter zauberten, jetzt nur Seelen einblaſen
und was jene vergoͤtterten, nur beleben.

— Ich komme aber ſehr aus den einkleiden-
den Brieftone heraus, lieber Sp., vielleicht
weil ich zu lebhaft an die Zeitung denke, deren
Welt ich das Meinige von dem allemanniſchen
Dichter ſagen wollte. Ich will alſo alles ohne
weitere Muͤhe folgender Geſtalt herauswerfen:
er iſt naiv — er iſt von alter Kunſt erhellt und
von neuer erwärmt — er iſt meiſtens chriſtlich-
elegiſch — zuweilen romantiſch ſchauerlich *)
er iſt ohne Phraſen-Triller — er iſt zu leſen,
wenn nicht Einmal, doch Zehnmal, wie alles
Einfache. Mit andern noch beſſern Worten:
Das Abendroth einer ſchoͤnen friedlichen Seele
liegt auf allen Hoͤhen, die er vor uns ſich hin-

*) Z. B. in der hohen Erzählung: „Der Karfunkel.”
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[186/0204] Wort fuͤr hoͤhere weitere Liebe; ſie ſcheidet und erloͤſet die Natur vom dienſtbaren Tode, und beſeelt wie ein Gott, um nur zu lieben, und ſchmuͤckt wie eine Mutter, um noch mehr zu lie- ben. Freilich koͤnnen wir den Bergen, Baͤu- men und Sternen, worin ſonſt die Griechen Goͤtter zauberten, jetzt nur Seelen einblaſen und was jene vergoͤtterten, nur beleben. — Ich komme aber ſehr aus den einkleiden- den Brieftone heraus, lieber Sp., vielleicht weil ich zu lebhaft an die Zeitung denke, deren Welt ich das Meinige von dem allemanniſchen Dichter ſagen wollte. Ich will alſo alles ohne weitere Muͤhe folgender Geſtalt herauswerfen: er iſt naiv — er iſt von alter Kunſt erhellt und von neuer erwärmt — er iſt meiſtens chriſtlich- elegiſch — zuweilen romantiſch ſchauerlich *) — er iſt ohne Phraſen-Triller — er iſt zu leſen, wenn nicht Einmal, doch Zehnmal, wie alles Einfache. Mit andern noch beſſern Worten: Das Abendroth einer ſchoͤnen friedlichen Seele liegt auf allen Hoͤhen, die er vor uns ſich hin- *) Z. B. in der hohen Erzählung: „Der Karfunkel.”

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/204>, abgerufen am 26.04.2024.