Ebene hinter dem Hügel hervor und trug in seiner Rechten eine abgehauene blutige Hand und schüttelte aus dem linken Stumpfe, dem sein Wahnsinn sie ab¬ gehacket hatte, rieselnde Blutbögen und drückte mit dem rechten Arme ein Grabscheit an sich, um die Hand zu begraben und schrie jubelnd und greinend: "der Tod erschnapte mich daran, ich hab sie aber ab¬ "gezwickt -- und wenn er das Grab der Faust sieht, "ist er so dumm und denkt, ich lieg' drinn. .. Ach! "Du da! Leg dich doch in den Sarg zu Bett'; er "hat dir die Augen ausgebohrt und das Maul mit "Moder beklebt. ... Brr!"
"O Allgütigor, du hast mich verdammt!" stam¬ melte Emanuel: aus seiner zermalmten Lunge, riß sich das gejagte Blut und der Trostlose schwankte sterbend auf die vollgebluteten Blumen seines verlor¬ nen Himmels nieder. ...
So nimmt ein Tag dem andern den Himmel und eh der beraubte Mensch dort in das letzte Paradies eintritt, hat er hier zu viele verloren! -- Ach eine von Wunden geöfnete Brust tragen wir in jede Früh¬ lingsluft dieses Lebens und in den Aether des zwei¬ ten; und sie muß erst zugeschlossen werden, eh' sie sich füllen kann! ...
Der sanfte Abend.
Gegen Mittag macht' er die müden Augen auf,
Ebene hinter dem Huͤgel hervor und trug in ſeiner Rechten eine abgehauene blutige Hand und ſchuͤttelte aus dem linken Stumpfe, dem ſein Wahnſinn ſie ab¬ gehacket hatte, rieſelnde Blutboͤgen und druͤckte mit dem rechten Arme ein Grabſcheit an ſich, um die Hand zu begraben und ſchrie jubelnd und greinend: »der Tod erſchnapte mich daran, ich hab ſie aber ab¬ »gezwickt — und wenn er das Grab der Fauſt ſieht, »iſt er ſo dumm und denkt, ich lieg' drinn. .. Ach! »Du da! Leg dich doch in den Sarg zu Bett'; er »hat dir die Augen ausgebohrt und das Maul mit »Moder beklebt. ... Brr!«
»O Allguͤtigor, du haſt mich verdammt!« ſtam¬ melte Emanuel: aus ſeiner zermalmten Lunge, riß ſich das gejagte Blut und der Troſtloſe ſchwankte ſterbend auf die vollgebluteten Blumen ſeines verlor¬ nen Himmels nieder. ...
So nimmt ein Tag dem andern den Himmel und eh der beraubte Menſch dort in das letzte Paradies eintritt, hat er hier zu viele verloren! — Ach eine von Wunden geoͤfnete Bruſt tragen wir in jede Fruͤh¬ lingsluft dieſes Lebens und in den Aether des zwei¬ ten; und ſie muß erſt zugeſchloſſen werden, eh' ſie ſich fuͤllen kann! ...
Der ſanfte Abend.
Gegen Mittag macht' er die muͤden Augen auf,
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Ebene hinter dem Huͤgel hervor und trug in ſeiner
Rechten eine abgehauene blutige Hand und ſchuͤttelte
aus dem linken Stumpfe, dem ſein Wahnſinn ſie ab¬
gehacket hatte, rieſelnde Blutboͤgen und druͤckte mit
dem rechten Arme ein Grabſcheit an ſich, um die
Hand zu begraben und ſchrie jubelnd und greinend:
»der Tod erſchnapte mich daran, ich hab ſie aber ab¬
»gezwickt — und wenn er das Grab der Fauſt ſieht,
»iſt er ſo dumm und denkt, ich lieg' drinn. .. Ach!
»Du da! Leg dich doch in den Sarg zu Bett'; er
»hat dir die Augen ausgebohrt und das Maul mit
»Moder beklebt. ... Brr!«
»O Allguͤtigor, du haſt mich verdammt!« ſtam¬
melte Emanuel: aus ſeiner zermalmten Lunge, riß
ſich das gejagte Blut und der Troſtloſe ſchwankte
ſterbend auf die vollgebluteten Blumen ſeines verlor¬
nen Himmels nieder. ...
So nimmt ein Tag dem andern den Himmel und
eh der beraubte Menſch dort in das letzte Paradies
eintritt, hat er hier zu viele verloren! — Ach eine
von Wunden geoͤfnete Bruſt tragen wir in jede Fruͤh¬
lingsluft dieſes Lebens und in den Aether des zwei¬
ten; und ſie muß erſt zugeſchloſſen werden, eh' ſie
ſich fuͤllen kann! ...
Der ſanfte Abend.
Gegen Mittag macht' er die muͤden Augen auf,
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/295>, abgerufen am 21.12.2024.
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