stern zu danken, deren weiches Herz den fürstlichen Befehl des Wildschiessens eben so wenig hätte voll¬ ziehen können wie die ägyptischen Wehmütter den die Judenknaben todtzumachen. Ja der Sportulbote ließ sich in einer Kneipschenke gelbe Dinte und schwarzes Papier hingeben und setzte da, während der Schieferdecker auf dem Dache trommelte, um Schiefer zugelangt zu bekommen, und die Gäste an die Krüge schlugen, um eingeschenkt zu kriegen und der Wirthsbube auf einem Bierheber zum Fenster hineintrompetete, unter diesem babylonischen Lärm setzte der Sportulnbote eine der besten Suppliken auf, die die edle Jägerschaft noch je an den Fürsten abgelassen hat.
Schlechte Relazion aus der Supplik der Obristjägermeisterei.
"Da das Wild nicht lesen und schreiben könnte: so sey es die Pflicht der Jägermeisterei, die es könn¬ te, für dasselbe zu schreiben und nach Gewissen ein¬ zuberichten, daß alles Flachsenfingische Wild unter dem Druck des Bauers schmachte, sowohl Roth- als Schwarzwildpret. Einem Oberförster blute das Herz, wenn er zu Nachts draussen stehe und sehe, wie das Landvolk aus unglaublicher Mißgunst gegen das Hirschvieh die ganze Nacht in der grösten Kälte
ſtern zu danken, deren weiches Herz den fuͤrſtlichen Befehl des Wildſchieſſens eben ſo wenig haͤtte voll¬ ziehen koͤnnen wie die aͤgyptiſchen Wehmuͤtter den die Judenknaben todtzumachen. Ja der Sportulbote ließ ſich in einer Kneipſchenke gelbe Dinte und ſchwarzes Papier hingeben und ſetzte da, waͤhrend der Schieferdecker auf dem Dache trommelte, um Schiefer zugelangt zu bekommen, und die Gaͤſte an die Kruͤge ſchlugen, um eingeſchenkt zu kriegen und der Wirthsbube auf einem Bierheber zum Fenſter hineintrompetete, unter dieſem babyloniſchen Laͤrm ſetzte der Sportulnbote eine der beſten Suppliken auf, die die edle Jaͤgerſchaft noch je an den Fuͤrſten abgelaſſen hat.
Schlechte Relazion aus der Supplik der Obriſtjaͤgermeiſterei.
»Da das Wild nicht leſen und ſchreiben koͤnnte: ſo ſey es die Pflicht der Jaͤgermeiſterei, die es koͤnn¬ te, fuͤr daſſelbe zu ſchreiben und nach Gewiſſen ein¬ zuberichten, daß alles Flachſenfingiſche Wild unter dem Druck des Bauers ſchmachte, ſowohl Roth- als Schwarzwildpret. Einem Oberfoͤrſter blute das Herz, wenn er zu Nachts drauſſen ſtehe und ſehe, wie das Landvolk aus unglaublicher Mißgunſt gegen das Hirſchvieh die ganze Nacht in der groͤſten Kaͤlte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0057"n="47"/>ſtern zu danken, deren weiches Herz den fuͤrſtlichen<lb/>
Befehl des Wildſchieſſens eben ſo wenig haͤtte voll¬<lb/>
ziehen koͤnnen wie die aͤgyptiſchen Wehmuͤtter den<lb/>
die Judenknaben todtzumachen. Ja der Sportulbote<lb/>
ließ ſich in einer Kneipſchenke gelbe Dinte und<lb/>ſchwarzes Papier hingeben und ſetzte da, waͤhrend<lb/>
der Schieferdecker auf dem Dache trommelte, um<lb/>
Schiefer zugelangt zu bekommen, und die Gaͤſte an<lb/>
die Kruͤge ſchlugen, um eingeſchenkt zu kriegen und<lb/>
der Wirthsbube auf einem Bierheber zum Fenſter<lb/>
hineintrompetete, unter dieſem babyloniſchen Laͤrm<lb/>ſetzte der Sportulnbote eine der beſten Suppliken<lb/>
auf, die die edle Jaͤgerſchaft noch je an den Fuͤrſten<lb/>
abgelaſſen hat.</p><lb/><divn="3"><head><hirendition="#g">Schlechte Relazion aus der Supplik der<lb/>
Obriſtjaͤgermeiſterei.</hi><lb/></head><p>»Da das Wild nicht leſen und ſchreiben koͤnnte:<lb/>ſo ſey es die Pflicht der Jaͤgermeiſterei, die es koͤnn¬<lb/>
te, fuͤr daſſelbe zu ſchreiben und nach Gewiſſen ein¬<lb/>
zuberichten, daß alles Flachſenfingiſche Wild unter<lb/>
dem Druck des Bauers ſchmachte, ſowohl Roth- als<lb/>
Schwarzwildpret. Einem Oberfoͤrſter blute das<lb/>
Herz, wenn er zu Nachts drauſſen ſtehe und ſehe,<lb/>
wie das Landvolk aus unglaublicher Mißgunſt gegen<lb/>
das Hirſchvieh die ganze Nacht in der groͤſten Kaͤlte<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[47/0057]
ſtern zu danken, deren weiches Herz den fuͤrſtlichen
Befehl des Wildſchieſſens eben ſo wenig haͤtte voll¬
ziehen koͤnnen wie die aͤgyptiſchen Wehmuͤtter den
die Judenknaben todtzumachen. Ja der Sportulbote
ließ ſich in einer Kneipſchenke gelbe Dinte und
ſchwarzes Papier hingeben und ſetzte da, waͤhrend
der Schieferdecker auf dem Dache trommelte, um
Schiefer zugelangt zu bekommen, und die Gaͤſte an
die Kruͤge ſchlugen, um eingeſchenkt zu kriegen und
der Wirthsbube auf einem Bierheber zum Fenſter
hineintrompetete, unter dieſem babyloniſchen Laͤrm
ſetzte der Sportulnbote eine der beſten Suppliken
auf, die die edle Jaͤgerſchaft noch je an den Fuͤrſten
abgelaſſen hat.
Schlechte Relazion aus der Supplik der
Obriſtjaͤgermeiſterei.
»Da das Wild nicht leſen und ſchreiben koͤnnte:
ſo ſey es die Pflicht der Jaͤgermeiſterei, die es koͤnn¬
te, fuͤr daſſelbe zu ſchreiben und nach Gewiſſen ein¬
zuberichten, daß alles Flachſenfingiſche Wild unter
dem Druck des Bauers ſchmachte, ſowohl Roth- als
Schwarzwildpret. Einem Oberfoͤrſter blute das
Herz, wenn er zu Nachts drauſſen ſtehe und ſehe,
wie das Landvolk aus unglaublicher Mißgunſt gegen
das Hirſchvieh die ganze Nacht in der groͤſten Kaͤlte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/57>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.