Panizza, Oskar: Der Illusionismus und Die Rettung der Persönlichkeit. Leipzig, 1895.Illusion mag ich immerhin meine auf dem Standpunkt des Denkens gewonnene Erkentnis verwerten, und nenne das "An sich" meines Gegenüber, was nach Abzug meiner Sinnestätigkeit an ihm übrig bleibt, - Dämon. §. 23. Das Resultat, das ich einem Mitlebenden gegenüber gewonnen habe - den ich auf sein Empfinden und Denken wenn auch nur im Bereich des illusorischen Gebiets prüfen konte - kann ich natürlich auf die gesamte mir gegenüber befindliche, und gegenüber tretende, Natur anwenden. Was mir in der Natur entgegentritt, nach abzug der Wirkung meiner Sinne, ist der Dämon. Eine Schnake umschwärmt mich, profitirt von meinem animalen Duft, oder eine Kröte klozt mich an, ein Tiger funkelt mir entgegen, ein Lama auf einer nie betretenen Insel betrachtet mich Nie-Gesehenen harm- und furchtlos - was sie in mir sehen, ist das Resultat ihrer Sinne, eine Täuschung, ein Spuk, dem sie unterliegen und hinter den sie nie kommen; sie wissen nicht, dass, was ich bin, sie in ihrem Kopfe, besser: in ihrem Denken, haben. Aber etwas, nach Abzug ihrer Sinnesleistung an mir Zurückbleibendes, Nicht-Spukhaftes, steht ihnen doch gegenüber, wenn auch nicht erkenbar - der in mir manifestirte Dämon. Und so geht es mir mit ihnen. Ihre Spukgestalt, die ich mit meinen Sinnen kreire, und den Wald mit den Bäumen, und die Bäche, und die dröhnenden Felsen, und das Firmament mit seinem Gewimmel, was alles ich mir vormache und bildhaft zurechtlege, - das Alles stekt in mir, und ist mein persönliches Spielzeug, mein Spuk, ist mein Stuss, wie jeder Irrenhäusler seinen Stuss hat, nur, dass ich den meinen mit Hunderttausenden teile und darauf eine Welt- und Staats-Ordnung gründe; - aber etwas stekt doch drin, mir zwar nicht direkt Erkennbares, aber auf Grund meiner Orientirung auf illusionistischem Gebiet zweifellos Vorhandenes; und das ist das, was nach Abzug meiner Sinne dort drüben übrig bleibt, der Geist, das Kreatorische in der Natur, der Dämon. Ich ahne also, Illusion mag ich immerhin meine auf dem Standpunkt des Denkens gewonnene Erkentnis verwerten, und nenne das „An sich“ meines Gegenüber, was nach Abzug meiner Sinnestätigkeit an ihm übrig bleibt, – Dämon. §. 23. Das Resultat, das ich einem Mitlebenden gegenüber gewonnen habe – den ich auf sein Empfinden und Denken wenn auch nur im Bereich des illusorischen Gebiets prüfen konte – kann ich natürlich auf die gesamte mir gegenüber befindliche, und gegenüber tretende, Natur anwenden. Was mir in der Natur entgegentritt, nach abzug der Wirkung meiner Sinne, ist der Dämon. Eine Schnake umschwärmt mich, profitirt von meinem animalen Duft, oder eine Kröte klozt mich an, ein Tiger funkelt mir entgegen, ein Lama auf einer nie betretenen Insel betrachtet mich Nie-Gesehenen harm- und furchtlos – was sie in mir sehen, ist das Resultat ihrer Sinne, eine Täuschung, ein Spuk, dem sie unterliegen und hinter den sie nie kommen; sie wissen nicht, dass, was ich bin, sie in ihrem Kopfe, besser: in ihrem Denken, haben. Aber etwas, nach Abzug ihrer Sinnesleistung an mir Zurückbleibendes, Nicht-Spukhaftes, steht ihnen doch gegenüber, wenn auch nicht erkenbar – der in mir manifestirte Dämon. Und so geht es mir mit ihnen. Ihre Spukgestalt, die ich mit meinen Sinnen kreïre, und den Wald mit den Bäumen, und die Bäche, und die dröhnenden Felsen, und das Firmament mit seinem Gewimmel, was alles ich mir vormache und bildhaft zurechtlege, – das Alles stekt in mir, und ist mein persönliches Spielzeug, mein Spuk, ist mein Stuss, wie jeder Irrenhäusler seinen Stuss hat, nur, dass ich den meinen mit Hunderttausenden teile und darauf eine Welt- und Staats-Ordnung gründe; – aber etwas stekt doch drin, mir zwar nicht direkt Erkennbares, aber auf Grund meiner Orientirung auf illusionistischem Gebiet zweifellos Vorhandenes; und das ist das, was nach Abzug meiner Sinne dort drüben übrig bleibt, der Geist, das Kreatorische in der Natur, der Dämon. 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Ihre Spukgestalt, die ich mit meinen Sinnen kreïre, und den Wald mit den Bäumen, und die Bäche, und die dröhnenden Felsen, und das Firmament mit seinem Gewimmel, was alles ich mir vormache und bildhaft zurechtlege, – das Alles stekt in mir, und ist mein persönliches Spielzeug, mein Spuk, ist mein Stuss, wie jeder Irrenhäusler seinen Stuss hat, nur, dass ich den meinen mit Hunderttausenden teile und darauf eine Welt- und Staats-Ordnung gründe; – aber etwas stekt doch drin, mir zwar nicht direkt Erkennbares, aber auf Grund meiner <choice><sic>Orientirnng</sic><corr>Orientirung</corr></choice> auf illusionistischem Gebiet zweifellos Vorhandenes; und das ist das, was nach Abzug meiner Sinne dort drüben übrig bleibt, der Geist, das Kreatorische in der Natur, der <hi rendition="#g">Dämon</hi>. Ich ahne also, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [49/0050]
Illusion mag ich immerhin meine auf dem Standpunkt des Denkens gewonnene Erkentnis verwerten, und nenne das „An sich“ meines Gegenüber, was nach Abzug meiner Sinnestätigkeit an ihm übrig bleibt, – Dämon.
§. 23.
Das Resultat, das ich einem Mitlebenden gegenüber gewonnen habe – den ich auf sein Empfinden und Denken wenn auch nur im Bereich des illusorischen Gebiets prüfen konte – kann ich natürlich auf die gesamte mir gegenüber befindliche, und gegenüber tretende, Natur anwenden. Was mir in der Natur entgegentritt, nach abzug der Wirkung meiner Sinne, ist der Dämon. Eine Schnake umschwärmt mich, profitirt von meinem animalen Duft, oder eine Kröte klozt mich an, ein Tiger funkelt mir entgegen, ein Lama auf einer nie betretenen Insel betrachtet mich Nie-Gesehenen harm- und furchtlos – was sie in mir sehen, ist das Resultat ihrer Sinne, eine Täuschung, ein Spuk, dem sie unterliegen und hinter den sie nie kommen; sie wissen nicht, dass, was ich bin, sie in ihrem Kopfe, besser: in ihrem Denken, haben. Aber etwas, nach Abzug ihrer Sinnesleistung an mir Zurückbleibendes, Nicht-Spukhaftes, steht ihnen doch gegenüber, wenn auch nicht erkenbar – der in mir manifestirte Dämon. Und so geht es mir mit ihnen. Ihre Spukgestalt, die ich mit meinen Sinnen kreïre, und den Wald mit den Bäumen, und die Bäche, und die dröhnenden Felsen, und das Firmament mit seinem Gewimmel, was alles ich mir vormache und bildhaft zurechtlege, – das Alles stekt in mir, und ist mein persönliches Spielzeug, mein Spuk, ist mein Stuss, wie jeder Irrenhäusler seinen Stuss hat, nur, dass ich den meinen mit Hunderttausenden teile und darauf eine Welt- und Staats-Ordnung gründe; – aber etwas stekt doch drin, mir zwar nicht direkt Erkennbares, aber auf Grund meiner Orientirung auf illusionistischem Gebiet zweifellos Vorhandenes; und das ist das, was nach Abzug meiner Sinne dort drüben übrig bleibt, der Geist, das Kreatorische in der Natur, der Dämon. Ich ahne also,
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