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Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

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Beschreibung des Fichtelbergs.
einmahl der Nahme/ vielweniger die Ursache der Benennung von
unserm Autore (Bruschio) [welcher doch andere geringere Felßen
und Berglein nahmentlich beschrieben] noch von einem neuern
Scribenten mit einem Wort gedacht. Die Muthmaßung einiger
Jnwohner: ob solte nicht der Felßen allein/ sondern die gantze Ge-
gend/ beede Berge/ (nehmlichen Ochsenkopff und Schneeberg) als
Hörner/ die Blöße das Haupt/ und darinnen die 2. Dörffer/ Bi-
schoffgrün und Birnstengel/ so durch den Mayn-Fluß unterschie-
den werden/ als Augen die Gestalt repraesentiren/ will sich gar hart
erzwingen/ und schwerlich behaupten lassen: dann es würde darum
auch nicht geschehen seyn/ daß man den einigen zu rechten Hand
liegenden (nehmlich von Bischoffgrün aus/ das Gesicht gegen O-
sten kehrend/) Berg und Felßen allein den Ochsenkopff nennen mü-
ste: vielmehr könte solcher Nahme ein Weid-Wort seyn/ dadurch wie
Hirschhorn.eine andere Gegend unweit davon das Hirschhorn/ also dieser Berg
zum Unterscheid und Wahrzeichen der Ochsenkopff benennet wor-
den/ oder es könte geschehen seyn/ daß bey denen im langwierigen
teutschen Krieg auf diese Berge als in eine von der Natur erwach-
sene sichere und fast unüberwindliche Vestung genommenen viel-
fältigen Flöhungen und dem unweit vom Felßen zur Auffenthalt
des Viehes erbaueten Ochsen-Hause eine nachdenckliche Begeben-
heit Ursach und Gelegenheit zu dieser Benennung gegeben habe;
daß dannenhero solches Bildnüß auf fast allen in hiesigen Glas-
Hütten verfertigten Fichtelberger Gläsern wird zu sehen seyn: Biß
Loch beym
Ochsenkopf.
hieher belobter Herr M. Groß. Bey diesem Felßen nun ist ein
Loch/ ungefehr 2. biß dritthalb Lachter tieff/ daselbst habe ich mit-
Schnee im
Sommer
daselbst.
ten im August-Monath 1699. noch Schnee vom vergangenen
Winter angetroffen/ in der Tieffe dessen ist wieder ein Loch wie ein
Stollen in die Strecke hinein getrieben/ welches nach etlicher Mei-
nung die Wahlen sollen gemachet haben/ etliche aber wissen nicht/
wer es gegraben; weil es etliche 100. Jahre also stehen soll. Man
muß von oben hinunter auff einen abgehauenen Baum steigen/ un-
ten aber kan man nicht anders hineinkommen/ man lege sich dann
auff den Bauch/ und krieche hinein: innen aber soll eine gar raum-
liche weite Höhle seyn. Vor ungefehr etlichen und 20. Jahren ist

ein

Beſchreibung des Fichtelbergs.
einmahl der Nahme/ vielweniger die Urſache der Benennung von
unſerm Autore (Bruſchio) [welcher doch andere geringere Felßen
und Berglein nahmentlich beſchrieben] noch von einem neuern
Scribenten mit einem Wort gedacht. Die Muthmaßung einiger
Jnwohner: ob ſolte nicht der Felßen allein/ ſondern die gantze Ge-
gend/ beede Berge/ (nehmlichen Ochſenkopff und Schneeberg) als
Hoͤrner/ die Bloͤße das Haupt/ und darinnen die 2. Doͤrffer/ Bi-
ſchoffgruͤn und Birnſtengel/ ſo durch den Mayn-Fluß unterſchie-
den werden/ als Augen die Geſtalt repræſentiren/ will ſich gar hart
erzwingen/ und ſchwerlich behaupten laſſen: dann es wuͤrde darum
auch nicht geſchehen ſeyn/ daß man den einigen zu rechten Hand
liegenden (nehmlich von Biſchoffgruͤn aus/ das Geſicht gegen O-
ſten kehrend/) Berg und Felßen allein den Ochſenkopff nennen muͤ-
ſte: vielmehr koͤnte ſolcher Nahme ein Weid-Wort ſeyn/ dadurch wie
Hirſchhorn.eine andere Gegend unweit davon das Hirſchhorn/ alſo dieſer Berg
zum Unterſcheid und Wahrzeichen der Ochſenkopff benennet wor-
den/ oder es koͤnte geſchehen ſeyn/ daß bey denen im langwierigen
teutſchen Krieg auf dieſe Berge als in eine von der Natur erwach-
ſene ſichere und faſt unuͤberwindliche Veſtung genommenen viel-
faͤltigen Floͤhungen und dem unweit vom Felßen zur Auffenthalt
des Viehes erbaueten Ochſen-Hauſe eine nachdenckliche Begeben-
heit Urſach und Gelegenheit zu dieſer Benennung gegeben habe;
daß dannenhero ſolches Bildnuͤß auf faſt allen in hieſigen Glas-
Huͤtten verfertigten Fichtelberger Glaͤſern wird zu ſehen ſeyn: Biß
Loch beym
Ochſenkopf.
hieher belobter Herr M. Groß. Bey dieſem Felßen nun iſt ein
Loch/ ungefehr 2. biß dritthalb Lachter tieff/ daſelbſt habe ich mit-
Schnee im
Sommer
daſelbſt.
ten im Auguſt-Monath 1699. noch Schnee vom vergangenen
Winter angetroffen/ in der Tieffe deſſen iſt wieder ein Loch wie ein
Stollen in die Strecke hinein getrieben/ welches nach etlicher Mei-
nung die Wahlen ſollen gemachet haben/ etliche aber wiſſen nicht/
wer es gegraben; weil es etliche 100. Jahre alſo ſtehen ſoll. Man
muß von oben hinunter auff einen abgehauenen Baum ſteigen/ un-
ten aber kan man nicht anders hineinkommen/ man lege ſich dann
auff den Bauch/ und krieche hinein: innen aber ſoll eine gar raum-
liche weite Hoͤhle ſeyn. Vor ungefehr etlichen und 20. Jahren iſt

ein
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Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/89>, abgerufen am 26.04.2024.