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Opitz, Martin: Buch von der Deutschen Poeterey. Breslau u. a., 1624.

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welches der Poeterey vornemster zwetk ist. Die nahmen der
Heidnischen Götter betreffendt/ derer sich die stattlichsten
Christlichen Poeten ohne verletzung jhrer religion jederzeit ge-
brauchet haben/ angesehen das hierunter gemeiniglich die All-
macht Gottes/ welcher die ersten menschen nach den sonderlich-
en wirckungen seiner vnbegreifflichen Maiestet vnterschiedene
namen gegeben/ als das sie/ wie Marimus Tyrius meldet/
durch Minerven die vorsichtigkeit/ durch den Apollo die Son-
ne/ durch den Neptunus die Lufft welche die Erde vnnd Meer
durchstreichet; zuezeiten aber vorneme Leute/ die wie Cicero im
andern buche von den Gesetzen saget/ vmb jhres vordienstes
willen in den Himmel ber uffen sein/ zue zeiten was anders an-
gedeutet wird/ ist allbereit hin vnd wieder so viel bericht darvon
geschehen/ das es weiterer außführung hoffentlich nicht wird
von nöthen sein. Was auch der Poeten Leben angehet/ (da-
mit ich mich nicht zue lange auffhalte) ist es nicht ohn/ das
freylich etliche von ihnen etwas auß der art schlagen/ vnd denen/
die in anderer Leute mängeln falcken/ in jhren eigenen Maul-
wörffe sein/ anlaß geben jhnen vbel nach zue reden. Die Vr-
sache kan wol zum theile sein/ das jhre Poetische gemüter vn-
terweilen etwas sicherer vnd freyer sein/ als es eine vnd andere
zeit leidet/ vnd nach des volckes Vrtheil nicht viel fragen.
Zum theile thut auch der wein etwas; sonderlich bey denen/
welchen Horatius besser gefellt da er schreibet:

Prisco si credis, Maecenas docte, Cratino,
Nulla valere diu, nec viuere carmina possunt,
Quae scribuntur aquae potoribus.

Mecenas/ wilt du mir vnd dem Cratinus gleuben/
Der der da wasser trinckt kan kein guet carmen
schreiben;

Als| Pindarus/ der stracks im anfange seiner büchersaget:

[fremdsprachliches Material - 3 Zeichen fehlen]

welches der Poeterey vornemſter zwetk iſt. Die nahmen der
Heidniſchen Goͤtter betreffendt/ derer ſich die ſtattlichſten
Chriſtlichen Poeten ohne verletzung jhrer religion jederzeit ge-
brauchet haben/ angeſehen das hierunter gemeiniglich die All-
macht Gottes/ welcher die erſten menſchen nach den ſonderlich-
en wirckungen ſeiner vnbegreifflichen Maieſtet vnterſchiedene
namen gegeben/ als das ſie/ wie Marimus Tyrius meldet/
durch Minerven die vorſichtigkeit/ durch den Apollo die Son-
ne/ durch den Neptunus die Lufft welche die Erde vnnd Meeꝛ
durchſtreichet; zuezeiten aber vorneme Leute/ die wie Cicero im
andern buche von den Geſetzen ſaget/ vmb jhres vordienſtes
willen in den Himmel ber uffen ſein/ zue zeiten was anders an-
gedeutet wird/ iſt allbereit hin vnd wieder ſo viel bericht darvon
geſchehen/ das es weiterer außfuͤhrung hoffentlich nicht wird
von noͤthen ſein. Was auch der Poeten Leben angehet/ (da-
mit ich mich nicht zue lange auffhalte) iſt es nicht ohn/ das
freylich etliche von ihnen etwas auß der art ſchlagen/ vnd denẽ/
die in anderer Leute maͤngeln falcken/ in jhren eigenen Maul-
woͤrffe ſein/ anlaß geben jhnen vbel nach zue reden. Die Vr-
ſache kan wol zum theile ſein/ das jhre Poetiſche gemuͤter vn-
terweilen etwas ſicherer vnd freyer ſein/ als es eine vnd andere
zeit leidet/ vnd nach des volckes Vrtheil nicht viel fragen.
Zum theile thut auch der wein etwas; ſonderlich bey denen/
welchen Horatius beſſer gefellt da er ſchreibet:

Priſco ſi credis, Mæcenas docte, Cratino,
Nulla valere diu, nec viuere carmina poſſunt,
Quæ ſcribuntur aquæ potoribus.

Mecenas/ wilt du mir vnd dem Cratinus gleuben/
Der der da waſſer trinckt kan kein guet carmen
ſchreiben;

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Zitationshilfe: Opitz, Martin: Buch von der Deutschen Poeterey. Breslau u. a., 1624, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/opitz_buch_1624/22>, abgerufen am 26.04.2024.