Ohr, Julie: Die Studentin der Gegenwart. München-Gern, 1909.zeit nicht nur im Kreise aller daran Beteiligten, der Fa- Jhre erste Periode haben wir hinter uns; das jetzige II. Die Studentin ist, wie der Student, Bürgerin der zeit nicht nur im Kreise aller daran Beteiligten, der Fa- Jhre erste Periode haben wir hinter uns; das jetzige II. Die Studentin ist, wie der Student, Bürgerin der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0007" n="8"/> zeit nicht nur im Kreise aller daran Beteiligten, der Fa-<lb/> milien der Studentinnen, sondern überhaupt in der ge-<lb/> bildeten Welt Aufsehen erregt. Die Diskussion über die<lb/> Wirkungen des Studiums auf die Weiblichkeit der Frau<lb/> waren tiefgründig und lebhaft – heute kann man noch<lb/> in ganz rückständigen Kreisen solche Erörterungen hören;<lb/> aber sie sind doch seltener geworden. Allem zum Trotz<lb/> ging die akademische Frauenbewegung weiter; sie war eben<lb/> aus der Zeit herausgeboren und konnte durch keine Macht<lb/> zurückgedrängt werden. Aus den freiheitlichen Teilen<lb/> Deutschlands, aus Baden, oder aus den großen Städten,<lb/> wo der Ansturm moderner Bewegungen immer stärker<lb/> ist, verbreitete sich die akademische Frauenbewegung all-<lb/> mählich über ganz Deutschland.</p><lb/> <p>Jhre erste Periode haben wir hinter uns; das jetzige<lb/> Stadium ihrer Entwicklung läßt sich charakterisieren mit<lb/> dem allgemeinen Satz: <hi rendition="#g">Die studierende Frau ist<lb/> gleichberechtigtes Glied des akademischen<lb/> Lernkörpers geworden</hi>.</p><lb/> </div> <div n="1"> <head><hi rendition="#aq">II</hi>.</head><lb/> <p>Die Studentin ist, wie der Student, Bürgerin der<lb/> Universität. Was heißt das, Bürger sein? Nach unsern<lb/> modernen Begriffen ist er der Angehörige einer Gemein-<lb/> schaft, in der er Mitbestimmungsrecht hat. Es ist seine<lb/> Pflicht, daß er bei der Gesetzgebung seine persönliche<lb/> Mitwirkung einsetze. Den akademischen Bürgern steht<lb/> Aehnliches zu. Sie sind keine Schüler an der Hochschule,<lb/> die nur ein vorgeschriebenes Pensum zu erledigen haben.<lb/> Sie müssen sich um das Wesen der Jnstitution bekümmern,<lb/> der sie für einige Jahre angehören wollen; sonst verstehen<lb/> sie nie den Begriff der Universität, lernen nie, welche<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [8/0007]
zeit nicht nur im Kreise aller daran Beteiligten, der Fa-
milien der Studentinnen, sondern überhaupt in der ge-
bildeten Welt Aufsehen erregt. Die Diskussion über die
Wirkungen des Studiums auf die Weiblichkeit der Frau
waren tiefgründig und lebhaft – heute kann man noch
in ganz rückständigen Kreisen solche Erörterungen hören;
aber sie sind doch seltener geworden. Allem zum Trotz
ging die akademische Frauenbewegung weiter; sie war eben
aus der Zeit herausgeboren und konnte durch keine Macht
zurückgedrängt werden. Aus den freiheitlichen Teilen
Deutschlands, aus Baden, oder aus den großen Städten,
wo der Ansturm moderner Bewegungen immer stärker
ist, verbreitete sich die akademische Frauenbewegung all-
mählich über ganz Deutschland.
Jhre erste Periode haben wir hinter uns; das jetzige
Stadium ihrer Entwicklung läßt sich charakterisieren mit
dem allgemeinen Satz: Die studierende Frau ist
gleichberechtigtes Glied des akademischen
Lernkörpers geworden.
II.
Die Studentin ist, wie der Student, Bürgerin der
Universität. Was heißt das, Bürger sein? Nach unsern
modernen Begriffen ist er der Angehörige einer Gemein-
schaft, in der er Mitbestimmungsrecht hat. Es ist seine
Pflicht, daß er bei der Gesetzgebung seine persönliche
Mitwirkung einsetze. Den akademischen Bürgern steht
Aehnliches zu. Sie sind keine Schüler an der Hochschule,
die nur ein vorgeschriebenes Pensum zu erledigen haben.
Sie müssen sich um das Wesen der Jnstitution bekümmern,
der sie für einige Jahre angehören wollen; sonst verstehen
sie nie den Begriff der Universität, lernen nie, welche
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