Herders Conversations-Lexikon. Bd. 5. Freiburg im Breisgau, 1857.der Kaiser 1532 verbot u. auch Reformatoren wie Bucer, Capito u. Oekolampad heftig angriffen. S. aber ließ so fort eine neue Schrift gleichen Inhalts folgen, trieb sich bald in Frankreich, bald in Italien herum, las 1536 zu Paris über die Geographie des Ptolemäus sowie über Mathematik, u. studierte endlich Medicin. Nachdem er zu Paris neue Beweise seines unruhigen u. disputirsüchtigen Naturells geliefert, lebte er im Städtlein Corlieu einige Jahre als prakt. Arzt, dann unter der Aegide des Erzbischofs von Vienne, Pierre Palmier, ruhig der gelehrten Schriftstellerei, bis 1553 sein durch und durch antitrinitarisches Buch "Christianismi restitutio" erschien, worin Melanchthon u. besonders Calvin arg. durchgehechelt wurden. Namentlich auf Calvins Betreiben hin wurde S. in Frankreich als Verfasser des Buches bekannt und verhaftet; es gelang ihm zwar zu entfliehen, aber das Gericht von Vienne verurtheilte ihn als überwiesenen Ketzer in contumaciam zum Feuertode u. der flüchtige S. wurde von seinem Unglücksstern nach Genf getrieben, wo ihn Calvin sofort in Fesseln schlagen u. am 27. Oct. 1553 durch langsames Feuer verbrennen ließ. Bucer u. sogar Melanchthon drückten dem Genfer Reformator ihren Beifall zu der Ketzerhinrichtung aus, dieser aber bewies in der Schrift: Fidelis expositio errorum Serveti etc. der Tod sei die der Ketzerei angemessenste Strafe. Lebensbeschreibungen von Boysen (Wittenb. 1712), van Alwörden (Rotterd. 1729), J. L. Mosheim (Helmst. 1748, 1750), John Jaird (Lond. 1771) u. s. f., vgl. Rilliet Decandolle: Relation du proces criminel etc. Geneve 1844 (Auszug aus den Memoiren und Documenten, veröffentlicht von der Gesellschaft für Geschichte und Archäologie). Service (servihs), frz., Dienst; zu einem gewissen Gebrauche vollständige Anzahl von Geschirren, z. B. Kaffee-S.; beim Militär dasjenige, was der Wirth dem einquartirten Soldaten unentgeldlich reichen muß, z. B. Feuer, Licht, Lagerstätte etc.; S.-Gelder, Abgaben, um die Ausgaben für die Kasernen zu bestreiten. Serviette, Leinentücher, lang, viereckig, um bei Tische auf den Schooß gelegt oder vor die Brust gesteckt zu werden. Servil, latein.-deutsch, knechtisch, sclavisch. Serviten, lat. servitae, Knechte der allerseligsten Jungfrau Maria, die Mitglieder eines Ordens, welcher im 13. Jahrh. aufkam, indem besonders auf Veranlassung des 1261 gest. Bonfiglio Monaldi, eines Kaufmanns zu Florenz, 1223 mehre reiche Kaufherren der Welt entsagten, ihr Vermögen wegschenkten und auf dem Monte Senatorio Kirchen und Zellen bauten, worin sie mit aller Strenge sich besonders dem Dienste der hl. Jungfrau und der Erinnerung an ihre Schmerzen weihten. Alexander IV. bestätigte 1255 die S., Martin V. (1417-1431) war ein großer Gönner derselben, durch wissenschaftliche Bestrebungen sicherte sich der Orden nachhaltige Kraft und besteht bis heute. Außer ansehnlichen Klöstern in Italien besitzt der S.-Orden besonders solche im Kaiserthum Oesterreich (Innsbruck, Wien, Pesth, Erlau) sowie in Bayern. Gelehrte S. waren der parteische Paul Sarpi (s. d.), der Alterthumsforscher Ferrari u. a. m. Servitut (servitus, Dienstbarkeit), Beschränkung der Freiheit des Eigenthums in solcher Weise, daß eine Sache zu Gunsten eines Dritten (Person oder Grundstück) verpflichtet ist, etwas zu unterlassen (negative S.) od. zu dulden (affirmative S.). Die S. ist ein dingliches (jus in re), daher gegen jeden Besitzer zu schützendes Recht an fremder (unmöglich an eigner) Sache; kann aber von Seite letzterer in keinem Thun oder Leisten bestehen (s. in faciendo consistere nequit), auch da nicht, wo der Eigenthümer des dienenden Grundstückes verpflichtet ist, dasselbe baulich (z. B. Wege, Mauern) in Ehren zu halten, indem dadurch nichts als die Ausübung der S. ermöglicht werden soll. Das S.-Recht besteht entweder zu Gunsten einer Person (s. personarum), meist unübertragbar und mit ihrem Tode erlöschend, wie ususfructus (Nießbrauch, volle Nutznießung), usus (Nutzung ohne der Kaiser 1532 verbot u. auch Reformatoren wie Bucer, Capito u. Oekolampad heftig angriffen. S. aber ließ so fort eine neue Schrift gleichen Inhalts folgen, trieb sich bald in Frankreich, bald in Italien herum, las 1536 zu Paris über die Geographie des Ptolemäus sowie über Mathematik, u. studierte endlich Medicin. Nachdem er zu Paris neue Beweise seines unruhigen u. disputirsüchtigen Naturells geliefert, lebte er im Städtlein Corlieu einige Jahre als prakt. Arzt, dann unter der Aegide des Erzbischofs von Vienne, Pierre Palmier, ruhig der gelehrten Schriftstellerei, bis 1553 sein durch und durch antitrinitarisches Buch „Christianismi restitutio“ erschien, worin Melanchthon u. besonders Calvin arg. durchgehechelt wurden. Namentlich auf Calvins Betreiben hin wurde S. in Frankreich als Verfasser des Buches bekannt und verhaftet; es gelang ihm zwar zu entfliehen, aber das Gericht von Vienne verurtheilte ihn als überwiesenen Ketzer in contumaciam zum Feuertode u. der flüchtige S. wurde von seinem Unglücksstern nach Genf getrieben, wo ihn Calvin sofort in Fesseln schlagen u. am 27. Oct. 1553 durch langsames Feuer verbrennen ließ. Bucer u. sogar Melanchthon drückten dem Genfer Reformator ihren Beifall zu der Ketzerhinrichtung aus, dieser aber bewies in der Schrift: Fidelis expositio errorum Serveti etc. der Tod sei die der Ketzerei angemessenste Strafe. Lebensbeschreibungen von Boysen (Wittenb. 1712), van Alwörden (Rotterd. 1729), J. L. 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Bonfiglio Monaldi, eines Kaufmanns zu Florenz, 1223 mehre reiche Kaufherren der Welt entsagten, ihr Vermögen wegschenkten und auf dem Monte Senatorio Kirchen und Zellen bauten, worin sie mit aller Strenge sich besonders dem Dienste der hl. Jungfrau und der Erinnerung an ihre Schmerzen weihten. Alexander IV. bestätigte 1255 die S., Martin V. (1417–1431) war ein großer Gönner derselben, durch wissenschaftliche Bestrebungen sicherte sich der Orden nachhaltige Kraft und besteht bis heute. Außer ansehnlichen Klöstern in Italien besitzt der S.-Orden besonders solche im Kaiserthum Oesterreich (Innsbruck, Wien, Pesth, Erlau) sowie in Bayern. Gelehrte S. waren der parteische Paul Sarpi (s. d.), der Alterthumsforscher Ferrari u. a. m. Servitut (servitus, Dienstbarkeit), Beschränkung der Freiheit des Eigenthums in solcher Weise, daß eine Sache zu Gunsten eines Dritten (Person oder Grundstück) verpflichtet ist, etwas zu unterlassen (negative S.) od. zu dulden (affirmative S.). Die S. ist ein dingliches (jus in re), daher gegen jeden Besitzer zu schützendes Recht an fremder (unmöglich an eigner) Sache; kann aber von Seite letzterer in keinem Thun oder Leisten bestehen (s. in faciendo consistere nequit), auch da nicht, wo der Eigenthümer des dienenden Grundstückes verpflichtet ist, dasselbe baulich (z. B. Wege, Mauern) in Ehren zu halten, indem dadurch nichts als die Ausübung der S. ermöglicht werden soll. Das S.-Recht besteht entweder zu Gunsten einer Person (s. personarum), meist unübertragbar und mit ihrem Tode erlöschend, wie ususfructus (Nießbrauch, volle Nutznießung), usus (Nutzung ohne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0194" n="193"/> der Kaiser 1532 verbot u. auch Reformatoren wie Bucer, Capito u. Oekolampad heftig angriffen. 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Jungfrau und der Erinnerung an ihre Schmerzen weihten. Alexander IV. bestätigte 1255 die S., Martin V. (1417–1431) war ein großer Gönner derselben, durch wissenschaftliche Bestrebungen sicherte sich der Orden nachhaltige Kraft und besteht bis heute. Außer ansehnlichen Klöstern in Italien besitzt der S.-<hi rendition="#g">Orden</hi> besonders solche im Kaiserthum Oesterreich (Innsbruck, Wien, Pesth, Erlau) sowie in Bayern. Gelehrte S. waren der parteische Paul Sarpi (s. d.), der Alterthumsforscher Ferrari u. a. m.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><hi rendition="#b">Servitut</hi><hi rendition="#i">(servitus</hi>, Dienstbarkeit), Beschränkung der Freiheit des Eigenthums in solcher Weise, daß eine Sache zu Gunsten eines Dritten (Person oder Grundstück) verpflichtet ist, etwas zu unterlassen (negative S.) od. zu dulden (affirmative S.). 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Service (servihs), frz., Dienst; zu einem gewissen Gebrauche vollständige Anzahl von Geschirren, z. B. Kaffee-S.; beim Militär dasjenige, was der Wirth dem einquartirten Soldaten unentgeldlich reichen muß, z. B. Feuer, Licht, Lagerstätte etc.; S.-Gelder, Abgaben, um die Ausgaben für die Kasernen zu bestreiten.
Serviette, Leinentücher, lang, viereckig, um bei Tische auf den Schooß gelegt oder vor die Brust gesteckt zu werden.
Servil, latein.-deutsch, knechtisch, sclavisch.
Serviten, lat. servitae, Knechte der allerseligsten Jungfrau Maria, die Mitglieder eines Ordens, welcher im 13. Jahrh. aufkam, indem besonders auf Veranlassung des 1261 gest. Bonfiglio Monaldi, eines Kaufmanns zu Florenz, 1223 mehre reiche Kaufherren der Welt entsagten, ihr Vermögen wegschenkten und auf dem Monte Senatorio Kirchen und Zellen bauten, worin sie mit aller Strenge sich besonders dem Dienste der hl. Jungfrau und der Erinnerung an ihre Schmerzen weihten. Alexander IV. bestätigte 1255 die S., Martin V. (1417–1431) war ein großer Gönner derselben, durch wissenschaftliche Bestrebungen sicherte sich der Orden nachhaltige Kraft und besteht bis heute. Außer ansehnlichen Klöstern in Italien besitzt der S.-Orden besonders solche im Kaiserthum Oesterreich (Innsbruck, Wien, Pesth, Erlau) sowie in Bayern. Gelehrte S. waren der parteische Paul Sarpi (s. d.), der Alterthumsforscher Ferrari u. a. m.
Servitut (servitus, Dienstbarkeit), Beschränkung der Freiheit des Eigenthums in solcher Weise, daß eine Sache zu Gunsten eines Dritten (Person oder Grundstück) verpflichtet ist, etwas zu unterlassen (negative S.) od. zu dulden (affirmative S.). Die S. ist ein dingliches (jus in re), daher gegen jeden Besitzer zu schützendes Recht an fremder (unmöglich an eigner) Sache; kann aber von Seite letzterer in keinem Thun oder Leisten bestehen (s. in faciendo consistere nequit), auch da nicht, wo der Eigenthümer des dienenden Grundstückes verpflichtet ist, dasselbe baulich (z. B. Wege, Mauern) in Ehren zu halten, indem dadurch nichts als die Ausübung der S. ermöglicht werden soll. Das S.-Recht besteht entweder zu Gunsten einer Person (s. personarum), meist unübertragbar und mit ihrem Tode erlöschend, wie ususfructus (Nießbrauch, volle Nutznießung), usus (Nutzung ohne
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