Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 24. Rudolstadt, 16. März 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] kostet mich hier nicht ganz 5 Cents und wird im Jnnern mit 40 bis
50 C. verkauft ) , 2 Dutzend Flaschen rothen Wein, 2 Dutzend weißen
Wein, 2 Dutzend Broody oder starken Branntwein, 1 Dutzend Cognac,
3 Fässer Mehl, 1 Ballen Caffee, 1 Faß Zucker, 1 Kiste feinen und
1 Kiste ord. Kautabak, 1 Kiste Seife, 1 Kiste Stärke, 1 Kiste Thee,
1 Kiste ganzen Jngber und 1 Faß Malars oder Syrup, beide Artikel
zur Bereitung des Jngber = Bier, Zimmet, Pfeffer, Piement, Nelken,
Pottasche, 2 Säcke Salz, 1 box Käs, 1 gros Rauchtabak, 5 Gal-
lonen Spiritus zur Bereitung der feinen Liqueure, wozu ich mir die
verschiedenen Oele gekauft, 1 Assortiment Wein=, Bier= und Liqueur=Glä-
ser, 1 Wage. Dies ist vorerst mein Lager, das mich im Ganzen hier
150 D. kostet, wozu noch ca. 50 D. Fracht bis Lagrange kommen,
im Ganzen also 200 Dollar. Das Einzige, was mir fehlt, ist ge-
naue Kenntniß der Sprache, da besonders in Lagrange nur wenig
Deutsche leben; ich kann mich zwar schon ziemlich verständlich machen,
und ebenso auch wieder verstehen, doch denke ich, daß ich in wenigen
Monaten ziemlich fertig durch den häufigen Umgang mit Amerikanern
rede. Wenn ich später der Sprache besser mächtig, beabsichtige ich,
mit mehr Fonds in Händen, größere Tauschgeschäfte in Häuten und
Baumwolle, wobei auch verdient werden kann, zu machen. Will Franz
meinem Rathe folgen, so kauft er sich bei Lagrange einige Acres
Gartenland und baut Gemüse, die den ganzen Winter gezogen werden
und wofür viel Geld zu machen ist. Eine Hand voll grüner Erbsen
oder Bohnen kostet 1 Picts oder 1 / 8 Dollar, eine Wassermelone, die
wild wachsen und nur bei der geringsten Behandlung zu 100 zu er-
zeugen sind, 2--3 Picts; Pfirsiche, womit auf dem Lande die Schweine
gefüttert werden, kosten in den Städten der Bushel 2 -- 3 Dollar
und können auf dem Acker 100 und mehr Bushel gewonnen werden.

Nun zu einer Hauptfrage! -- Was ist Teras? ist es wirklich
das Eldorado, wie man es in allen Büchern beschrieben findet? Jch
antworte Nein! Gehet her und sehet all das Elend an, wie ich es
gesehen, und Viele würden gleich andern Vielen sagen: Teras ist
das schlechteste Land von Amerika. Der vierte Theil von allen bis
jetzt nach Teras Gekommenen ist todt, ein anderes Viertheil, und mehr
noch, sind weder todt noch lebendig, sie schleichen sich mit dem Klima-
Fieber umher und wünschen sich den Tod, oder zurück nach Deutsch-
land. Das dritte Viertel geht von Texas nach New=Orleans oder
in die nördlichen Staaten und nur 1 Viertel von allen denen, die
mit großen Hoffnungen nach Texas gegangen, um Gluck und Reich-
thum zu ernten, fühlen sich glücklich und reich und sind es auch.
Und dennoch sage ich nach Allem, was ich bisher gehört, gesehen und
erfahren habe: in Texas ist es gut sein und bei wenig Arbeit besser
zu leben als in Deutschland; nur muß man das feine Leben, wie es
dort in, nicht darunter verstehen. -- Bälle, Concerte, Theater ec.
gibt es nicht, demnach keine großen Gesellschaften; wer sich aber in
dem kleinen Kreise achtbarer Leute gern bewegt und wohl befindet,
mehr ein Freund der Natur als großer Gesellschaften ist, gern, aber
doch auch nicht zu viel arbeitet, mit einem einfachen gesunden Tisch
vorlieb nimmt, nicht plötzlich, aber nach und nach und viel schneller
als in Deutschland vorwärts kommen will, dem wird Texas gefallen
und er wird gleich mir sagen: hier ist gut sein. Aber warum gehen
so viele zu Grunde, da es doch gut dort sein soll? werdet Jhr fragen!
Meine Antwort darauf: Der größte Theil ist selbst schuld daran,
und nur Wenige gibt es, bei denen dieß nicht der Fall ist. Viele,
nachdem sie die mit so vielen Entbehrungen verbundene Seereise über-
standen haben, wollen sich bei der Ankunft hier nun dafür entschädigen,
bedenken nicht, daß sie nicht mehr in Deutschland, sondern 20 -- 25
Grad südlicher sind, überfüllen den Magen mit frischem Fleisch, weil
es nur 2 Cents das P kostet, und hitzigen Getränken, setzen sich
der ungewohnten Mittagssonne aus und büßen es in wenigen Minuten
mit dem Leben. Andere wieder, besonders Leute, welche sich dem
Mainzer Adelsvereine angeschlossen haben, kommen hierher, müssen aus
unverzeihlicher Nachlässigkeit ihrer Directoren 1 -- 10 Mt. in elenden
[Spaltenumbruch] Baracken, gepreßt wie Häringe, bei schlechter Kost, jeder Witterung
preisgegeben, hier oder in Jndian Point liegen bleiben, wo dann
Fieber nicht ausbleiben können, und werden dann aufgerieben. Wieder
Andere, die noch etwas Mittel haben, bleiben, so lange solche reichen,
in den Küstenstädten liegen und mögen nichts arbeiten, und dann ist
Elend und Noth ganz natürlich. -- Jch will Niemandem, sei es wer
es will, zur Auswanderung nach Texas rathen; doch wird der, welcher
einige Mittel, besonders baares Geld, nur so wenig wie möglich Waaren,
mit hierher bringt, ( denn die findet man alle besser und billiger aus
den Vereinigten Staaten hier ) , und nicht Monate lang herumzieht,
sondern sich schnell zu etwas entschließt, gewiß es nie bereuen, Teras,
besonders das Jnnere zu seinem Vaterlande gewählt zu haben. Ohne
1000 Dollar baar Geld, oder 2500 fl. sollte keine Familie, und ohne
mindesteus 100 D. kein einzelner Mensch hierher kommen, wenn er
nicht eine harte Schule durchmachen will. Hat eine Familie z. B.
1000 D. baar bei ihrer Ankunft, so kann sie damit ein Leben hier
führen, wie es dort nicht 20000 fl. zu thun vermögen. Sie kauft sich

200 Acres des besten Landes a 2 Dollar.. 400 Dollar
Zur Einzäunung des Landes, Erbauung des Hauses
und 1 Paar Ochsen.......
150 "
Zum Ankauf der Lebensmittel auf 1 / 2 Jahr..50 "
Für 20 Kühe mit Kälbern 200; 2 Pferde 40
bis 60; 1 Wagen, Pflug, Geschirr ec. 140
bis 160...........
400 "
1000 Dollar.

Hat Jemand weniger, so muß er sich, wenigstens für die ersten
2 Jahre, auch viel Ungemach und Arbeit gefallen lassen.

Die Küstengegenden von Texas, wozu also auch Galveston und noch
Houston gehören, sind ganz flach, und für Deutsche meistens ungesund,
obgleich 2 / 3 der Bevölkerung von Galveston deutsch ist; 100 Meilen
weiter ins Jnnere ist es Hügelland, für den Deutschen weit zuträglicher.
Jn dem Küstenland halten sich die Musquitos auf, die schon allein
Jemand dazu bestimmen könnten, das Jnnere, wo diese schlimmen
Gäste nicht sind, aufzusuchen. Giftige Schlangen und sonstige den
Menschen gefährliche Ungeheuer, sind äußerst selten und mir bis jetzt
bei meinen nicht unbedeutenden Reisen noch gar nicht zu Gesicht ge-
kommen, obgleich es da und dort welche geben soll. Die stärkste Hitze,
welche im Monat September fällt, weil da keine Winde wehen, ist
selten über 100 Grad Fahrenheit, gewöhnlich zwischen 95 und 98°.
Schnee gibt es im Winter gar keinen; Eis nur ganz selten, und da
nur bis Sonnenaufgang; die Kälte soll selten über 6 Grad, aber
da schon bei dem dünnen Blut sehr empfindlich sein. Gemüse gibt
es am besten den Winter hindurch und werden eben gepflanzt, Wein-
trauben und Kartoffeln gibt es 2 mal des Jahres.

Wenn Jemand baar Geld mit nach Texas nehmen will, soll er
Holl. 10 und 5 fl. Stücke einwechseln; erstere gelten hier 4, letztere
2 Dollars, während ich für meinen Wechsel 2 fl. 38 Xr. den Dollar
begeben mußte und dann, wie schon gesagt, gar keine Waare, sondern
ein Köfferchen mit Leibwäsche und baar Geld; denn für 5 Dollars
kann man sich in jedem Store von Kopf bis zu Fuß a la Gentleman
kleiden. Wir haben mit unseren Waaren viel Schleppens gehabt,
mußten Zoll bezahlen und können hier nun Alles besser und billiger haben.

Ueber meinen Freund R., der vor 2 Jahren hierher gegangen,
kann ich keine genaue Auskunft geben. Er ist vor 1 / 2 Jahre mit seinen
Maulthieren zur Armee am Riogrande nach Meriko gegangen und
man kann daher nicht sagen, ob er todt oder lebendig ist. Philipp
möge dieß seinem Bruder nach Bamberg mittheilen! Sobald ich mich
in Lagrange in Ordnung befinde, werde ich einen ausführlicheren und
besser geschriebenen Bericht folgen lassen. Franz, Hofmann und auch
ich befinden uns ganz wohl; ich glaube mich, ungeachtet aller Strapazen,
besser als dort zu fühlen. Allen die herzlichsten Grüße von Eurem

   Ernst Wolf.

[Spaltenumbruch] kostet mich hier nicht ganz 5 Cents und wird im Jnnern mit 40 bis
50 C. verkauft ) , 2 Dutzend Flaschen rothen Wein, 2 Dutzend weißen
Wein, 2 Dutzend Broody oder starken Branntwein, 1 Dutzend Cognac,
3 Fässer Mehl, 1 Ballen Caffee, 1 Faß Zucker, 1 Kiste feinen und
1 Kiste ord. Kautabak, 1 Kiste Seife, 1 Kiste Stärke, 1 Kiste Thee,
1 Kiste ganzen Jngber und 1 Faß Malars oder Syrup, beide Artikel
zur Bereitung des Jngber = Bier, Zimmet, Pfeffer, Piement, Nelken,
Pottasche, 2 Säcke Salz, 1 box Käs, 1 gros Rauchtabak, 5 Gal-
lonen Spiritus zur Bereitung der feinen Liqueure, wozu ich mir die
verschiedenen Oele gekauft, 1 Assortiment Wein=, Bier= und Liqueur=Glä-
ser, 1 Wage. Dies ist vorerst mein Lager, das mich im Ganzen hier
150 D. kostet, wozu noch ca. 50 D. Fracht bis Lagrange kommen,
im Ganzen also 200 Dollar. Das Einzige, was mir fehlt, ist ge-
naue Kenntniß der Sprache, da besonders in Lagrange nur wenig
Deutsche leben; ich kann mich zwar schon ziemlich verständlich machen,
und ebenso auch wieder verstehen, doch denke ich, daß ich in wenigen
Monaten ziemlich fertig durch den häufigen Umgang mit Amerikanern
rede. Wenn ich später der Sprache besser mächtig, beabsichtige ich,
mit mehr Fonds in Händen, größere Tauschgeschäfte in Häuten und
Baumwolle, wobei auch verdient werden kann, zu machen. Will Franz
meinem Rathe folgen, so kauft er sich bei Lagrange einige Acres
Gartenland und baut Gemüse, die den ganzen Winter gezogen werden
und wofür viel Geld zu machen ist. Eine Hand voll grüner Erbsen
oder Bohnen kostet 1 Picts oder 1 / 8 Dollar, eine Wassermelone, die
wild wachsen und nur bei der geringsten Behandlung zu 100 zu er-
zeugen sind, 2--3 Picts; Pfirsiche, womit auf dem Lande die Schweine
gefüttert werden, kosten in den Städten der Bushel 2 -- 3 Dollar
und können auf dem Acker 100 und mehr Bushel gewonnen werden.

Nun zu einer Hauptfrage! -- Was ist Teras? ist es wirklich
das Eldorado, wie man es in allen Büchern beschrieben findet? Jch
antworte Nein! Gehet her und sehet all das Elend an, wie ich es
gesehen, und Viele würden gleich andern Vielen sagen: Teras ist
das schlechteste Land von Amerika. Der vierte Theil von allen bis
jetzt nach Teras Gekommenen ist todt, ein anderes Viertheil, und mehr
noch, sind weder todt noch lebendig, sie schleichen sich mit dem Klima-
Fieber umher und wünschen sich den Tod, oder zurück nach Deutsch-
land. Das dritte Viertel geht von Texas nach New=Orleans oder
in die nördlichen Staaten und nur 1 Viertel von allen denen, die
mit großen Hoffnungen nach Texas gegangen, um Gluck und Reich-
thum zu ernten, fühlen sich glücklich und reich und sind es auch.
Und dennoch sage ich nach Allem, was ich bisher gehört, gesehen und
erfahren habe: in Texas ist es gut sein und bei wenig Arbeit besser
zu leben als in Deutschland; nur muß man das feine Leben, wie es
dort in, nicht darunter verstehen. -- Bälle, Concerte, Theater ec.
gibt es nicht, demnach keine großen Gesellschaften; wer sich aber in
dem kleinen Kreise achtbarer Leute gern bewegt und wohl befindet,
mehr ein Freund der Natur als großer Gesellschaften ist, gern, aber
doch auch nicht zu viel arbeitet, mit einem einfachen gesunden Tisch
vorlieb nimmt, nicht plötzlich, aber nach und nach und viel schneller
als in Deutschland vorwärts kommen will, dem wird Texas gefallen
und er wird gleich mir sagen: hier ist gut sein. Aber warum gehen
so viele zu Grunde, da es doch gut dort sein soll? werdet Jhr fragen!
Meine Antwort darauf: Der größte Theil ist selbst schuld daran,
und nur Wenige gibt es, bei denen dieß nicht der Fall ist. Viele,
nachdem sie die mit so vielen Entbehrungen verbundene Seereise über-
standen haben, wollen sich bei der Ankunft hier nun dafür entschädigen,
bedenken nicht, daß sie nicht mehr in Deutschland, sondern 20 -- 25
Grad südlicher sind, überfüllen den Magen mit frischem Fleisch, weil
es nur 2 Cents das P kostet, und hitzigen Getränken, setzen sich
der ungewohnten Mittagssonne aus und büßen es in wenigen Minuten
mit dem Leben. Andere wieder, besonders Leute, welche sich dem
Mainzer Adelsvereine angeschlossen haben, kommen hierher, müssen aus
unverzeihlicher Nachlässigkeit ihrer Directoren 1 -- 10 Mt. in elenden
[Spaltenumbruch] Baracken, gepreßt wie Häringe, bei schlechter Kost, jeder Witterung
preisgegeben, hier oder in Jndian Point liegen bleiben, wo dann
Fieber nicht ausbleiben können, und werden dann aufgerieben. Wieder
Andere, die noch etwas Mittel haben, bleiben, so lange solche reichen,
in den Küstenstädten liegen und mögen nichts arbeiten, und dann ist
Elend und Noth ganz natürlich. -- Jch will Niemandem, sei es wer
es will, zur Auswanderung nach Texas rathen; doch wird der, welcher
einige Mittel, besonders baares Geld, nur so wenig wie möglich Waaren,
mit hierher bringt, ( denn die findet man alle besser und billiger aus
den Vereinigten Staaten hier ) , und nicht Monate lang herumzieht,
sondern sich schnell zu etwas entschließt, gewiß es nie bereuen, Teras,
besonders das Jnnere zu seinem Vaterlande gewählt zu haben. Ohne
1000 Dollar baar Geld, oder 2500 fl. sollte keine Familie, und ohne
mindesteus 100 D. kein einzelner Mensch hierher kommen, wenn er
nicht eine harte Schule durchmachen will. Hat eine Familie z. B.
1000 D. baar bei ihrer Ankunft, so kann sie damit ein Leben hier
führen, wie es dort nicht 20000 fl. zu thun vermögen. Sie kauft sich

200 Acres des besten Landes à 2 Dollar.. 400 Dollar
Zur Einzäunung des Landes, Erbauung des Hauses
und 1 Paar Ochsen.......
150 „
Zum Ankauf der Lebensmittel auf 1 / 2 Jahr..50 „
Für 20 Kühe mit Kälbern 200; 2 Pferde 40
bis 60; 1 Wagen, Pflug, Geschirr ec. 140
bis 160...........
400 „
1000 Dollar.

Hat Jemand weniger, so muß er sich, wenigstens für die ersten
2 Jahre, auch viel Ungemach und Arbeit gefallen lassen.

Die Küstengegenden von Texas, wozu also auch Galveston und noch
Houston gehören, sind ganz flach, und für Deutsche meistens ungesund,
obgleich 2 / 3 der Bevölkerung von Galveston deutsch ist; 100 Meilen
weiter ins Jnnere ist es Hügelland, für den Deutschen weit zuträglicher.
Jn dem Küstenland halten sich die Musquitos auf, die schon allein
Jemand dazu bestimmen könnten, das Jnnere, wo diese schlimmen
Gäste nicht sind, aufzusuchen. Giftige Schlangen und sonstige den
Menschen gefährliche Ungeheuer, sind äußerst selten und mir bis jetzt
bei meinen nicht unbedeutenden Reisen noch gar nicht zu Gesicht ge-
kommen, obgleich es da und dort welche geben soll. Die stärkste Hitze,
welche im Monat September fällt, weil da keine Winde wehen, ist
selten über 100 Grad Fahrenheit, gewöhnlich zwischen 95 und 98°.
Schnee gibt es im Winter gar keinen; Eis nur ganz selten, und da
nur bis Sonnenaufgang; die Kälte soll selten über 6 Grad, aber
da schon bei dem dünnen Blut sehr empfindlich sein. Gemüse gibt
es am besten den Winter hindurch und werden eben gepflanzt, Wein-
trauben und Kartoffeln gibt es 2 mal des Jahres.

Wenn Jemand baar Geld mit nach Texas nehmen will, soll er
Holl. 10 und 5 fl. Stücke einwechseln; erstere gelten hier 4, letztere
2 Dollars, während ich für meinen Wechsel 2 fl. 38 Xr. den Dollar
begeben mußte und dann, wie schon gesagt, gar keine Waare, sondern
ein Köfferchen mit Leibwäsche und baar Geld; denn für 5 Dollars
kann man sich in jedem Store von Kopf bis zu Fuß à la Gentleman
kleiden. Wir haben mit unseren Waaren viel Schleppens gehabt,
mußten Zoll bezahlen und können hier nun Alles besser und billiger haben.

Ueber meinen Freund R., der vor 2 Jahren hierher gegangen,
kann ich keine genaue Auskunft geben. Er ist vor 1 / 2 Jahre mit seinen
Maulthieren zur Armee am Riogrande nach Meriko gegangen und
man kann daher nicht sagen, ob er todt oder lebendig ist. Philipp
möge dieß seinem Bruder nach Bamberg mittheilen! Sobald ich mich
in Lagrange in Ordnung befinde, werde ich einen ausführlicheren und
besser geschriebenen Bericht folgen lassen. Franz, Hofmann und auch
ich befinden uns ganz wohl; ich glaube mich, ungeachtet aller Strapazen,
besser als dort zu fühlen. Allen die herzlichsten Grüße von Eurem

   Ernst Wolf.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter">
        <p><pb facs="#f0003" n="177"/><cb/>
kostet mich hier nicht ganz 5 Cents und wird im Jnnern mit 40 bis<lb/>
50 C. verkauft ) , 2 Dutzend Flaschen rothen Wein, 2 Dutzend weißen<lb/>
Wein, 2 Dutzend <hi rendition="#aq">Broody</hi> oder starken Branntwein, 1 Dutzend <hi rendition="#aq">Cognac,</hi><lb/>
3 Fässer Mehl, 1 Ballen Caffee, 1 Faß Zucker, 1 Kiste feinen und<lb/>
1 Kiste ord. Kautabak, 1 Kiste Seife, 1 Kiste Stärke, 1 Kiste Thee,<lb/>
1 Kiste ganzen Jngber und 1 Faß <hi rendition="#aq">Malars</hi> oder Syrup, beide Artikel<lb/>
zur Bereitung des Jngber = Bier, Zimmet, Pfeffer, Piement, Nelken,<lb/>
Pottasche, 2 Säcke Salz, 1 <hi rendition="#aq">box</hi> Käs, 1 <hi rendition="#aq">gros</hi> Rauchtabak, 5 Gal-<lb/>
lonen Spiritus zur Bereitung der feinen Liqueure, wozu ich mir die<lb/>
verschiedenen Oele gekauft, 1 Assortiment Wein=, Bier= und Liqueur=Glä-<lb/>
ser, 1 Wage. Dies ist vorerst mein Lager, das mich im Ganzen hier<lb/>
150 D. kostet, wozu noch <hi rendition="#aq">ca</hi>. 50 D. Fracht bis Lagrange kommen,<lb/>
im Ganzen also 200 Dollar. Das Einzige, was mir fehlt, ist ge-<lb/>
naue Kenntniß der Sprache, da besonders in Lagrange nur wenig<lb/>
Deutsche leben; ich kann mich zwar schon ziemlich verständlich machen,<lb/>
und ebenso auch wieder verstehen, doch denke ich, daß ich in wenigen<lb/>
Monaten ziemlich fertig durch den häufigen Umgang mit Amerikanern<lb/>
rede. Wenn ich später der Sprache besser mächtig, beabsichtige ich,<lb/>
mit mehr Fonds in Händen, größere Tauschgeschäfte in Häuten und<lb/>
Baumwolle, wobei auch verdient werden kann, zu machen. Will Franz<lb/>
meinem Rathe folgen, so kauft er sich bei Lagrange einige Acres<lb/>
Gartenland und baut Gemüse, die den ganzen Winter gezogen werden<lb/>
und wofür viel Geld zu machen ist. Eine Hand voll grüner Erbsen<lb/>
oder Bohnen kostet 1 Picts oder 1 / 8 Dollar, eine Wassermelone, die<lb/>
wild wachsen und nur bei der geringsten Behandlung zu 100 zu er-<lb/>
zeugen sind, 2--3 Picts; Pfirsiche, womit auf dem Lande die Schweine<lb/>
gefüttert werden, kosten in den Städten der Bushel 2 -- 3 Dollar<lb/>
und können auf dem Acker 100 und mehr Bushel gewonnen werden. </p><lb/>
        <p>Nun zu einer Hauptfrage! -- Was ist Teras? ist es wirklich<lb/>
das Eldorado, wie man es in allen Büchern beschrieben findet? Jch<lb/>
antworte Nein! Gehet her und sehet all das Elend an, wie ich es<lb/>
gesehen, und Viele würden gleich andern Vielen sagen: <hi rendition="#g">Teras</hi> ist<lb/>
das schlechteste Land von Amerika. Der vierte Theil von allen bis<lb/>
jetzt nach Teras Gekommenen ist todt, ein anderes Viertheil, und mehr<lb/>
noch, sind weder todt noch lebendig, sie schleichen sich mit dem Klima-<lb/>
Fieber umher und wünschen sich den Tod, oder zurück nach Deutsch-<lb/>
land. Das dritte Viertel geht von Texas nach <hi rendition="#g">New=Orleans</hi> oder<lb/>
in die nördlichen Staaten und nur 1 Viertel von allen denen, die<lb/>
mit großen Hoffnungen nach Texas gegangen, um Gluck und Reich-<lb/>
thum zu ernten, fühlen sich glücklich und reich und sind es auch.<lb/>
Und dennoch sage ich nach Allem, was ich bisher gehört, gesehen und<lb/>
erfahren habe: in Texas ist es gut sein und bei wenig Arbeit besser<lb/>
zu leben als in Deutschland; nur muß man das feine Leben, wie es<lb/>
dort in, nicht darunter verstehen. -- Bälle, Concerte, Theater <abbr>ec.</abbr><lb/>
gibt es nicht, demnach keine großen Gesellschaften; wer sich aber in<lb/>
dem kleinen Kreise achtbarer Leute gern bewegt und wohl befindet,<lb/>
mehr ein Freund der Natur als großer Gesellschaften ist, gern, aber<lb/>
doch auch nicht zu viel arbeitet, mit einem einfachen gesunden Tisch<lb/>
vorlieb nimmt, nicht plötzlich, aber nach und nach und viel schneller<lb/>
als in Deutschland vorwärts kommen will, dem wird Texas gefallen<lb/>
und er wird gleich mir sagen: hier ist gut sein. Aber warum gehen<lb/>
so viele zu Grunde, da es doch gut dort sein soll? werdet Jhr fragen!<lb/>
Meine Antwort darauf: Der größte Theil ist selbst schuld daran,<lb/>
und nur Wenige gibt es, bei denen dieß nicht der Fall ist. Viele,<lb/>
nachdem sie die mit so vielen Entbehrungen verbundene Seereise über-<lb/>
standen haben, wollen sich bei der Ankunft hier nun dafür entschädigen,<lb/>
bedenken nicht, daß sie nicht mehr in Deutschland, sondern 20 -- 25<lb/>
Grad südlicher sind, überfüllen den Magen mit frischem Fleisch, weil<lb/>
es nur 2 Cents das <abbr>P</abbr> kostet, und hitzigen Getränken, setzen sich<lb/>
der ungewohnten Mittagssonne aus und büßen es in wenigen Minuten<lb/>
mit dem Leben. Andere wieder, besonders Leute, welche sich dem<lb/>
Mainzer Adelsvereine angeschlossen haben, kommen hierher, müssen aus<lb/>
unverzeihlicher Nachlässigkeit ihrer Directoren 1 -- 10 Mt. in elenden<lb/><cb/>
Baracken, gepreßt wie Häringe, bei schlechter Kost, jeder Witterung<lb/>
preisgegeben, hier oder in <hi rendition="#g">Jndian Point</hi> liegen bleiben, wo dann<lb/>
Fieber nicht ausbleiben können, und werden dann aufgerieben. Wieder<lb/>
Andere, die noch etwas Mittel haben, bleiben, so lange solche reichen,<lb/>
in den Küstenstädten liegen und mögen nichts arbeiten, und dann ist<lb/>
Elend und Noth ganz natürlich. -- Jch will Niemandem, sei es wer<lb/>
es will, zur Auswanderung nach Texas rathen; doch wird der, welcher<lb/>
einige Mittel, besonders baares Geld, nur so wenig wie möglich Waaren,<lb/>
mit hierher bringt, ( denn die findet man alle besser und billiger aus<lb/>
den Vereinigten Staaten hier ) , und nicht Monate lang herumzieht,<lb/>
sondern sich schnell zu etwas entschließt, gewiß es nie bereuen, Teras,<lb/>
besonders das Jnnere zu seinem Vaterlande gewählt zu haben. Ohne<lb/>
1000 Dollar baar Geld, oder 2500 fl. sollte keine Familie, und ohne<lb/>
mindesteus 100 D. kein einzelner Mensch hierher kommen, wenn er<lb/>
nicht eine harte Schule durchmachen will. Hat eine Familie z. B.<lb/>
1000 D. baar bei ihrer Ankunft, so kann sie damit ein Leben hier<lb/>
führen, wie es dort nicht 20000 fl. zu thun vermögen. Sie kauft sich   </p><lb/>
        <table>
          <row>
            <cell rows="1" cols="1">200 Acres des besten Landes <hi rendition="#aq">à</hi> 2 Dollar.. </cell>
            <cell rows="1" cols="1">400 Dollar</cell>
          </row><lb/>
          <row>
            <cell rows="1" cols="1">Zur Einzäunung des Landes, Erbauung des Hauses<lb/>
und 1 Paar Ochsen....... </cell>
            <cell rows="1" cols="1">150 &#x201E;</cell>
          </row><lb/>
          <row>
            <cell rows="1" cols="1">Zum Ankauf der Lebensmittel auf 1 / 2 Jahr..</cell>
            <cell rows="1" cols="1">50 &#x201E;</cell>
          </row><lb/>
          <row>
            <cell rows="1" cols="1">Für 20 Kühe mit Kälbern 200; 2 Pferde 40<lb/>
bis 60; 1 Wagen, Pflug, Geschirr <abbr>ec.</abbr> 140<lb/>
bis 160...........</cell>
            <cell rows="1" cols="1">400 &#x201E;</cell>
          </row><lb/>
          <row>
            <cell rows="1" cols="1"> <hi rendition="#right">1000 Dollar.</hi> </cell>
          </row>
        </table><lb/>
        <p>Hat Jemand weniger, so muß er sich, wenigstens für die ersten<lb/>
2 Jahre, auch viel Ungemach und Arbeit gefallen lassen.   </p><lb/>
        <p>Die Küstengegenden von Texas, wozu also auch Galveston und noch<lb/>
Houston gehören, sind ganz flach, und für Deutsche meistens ungesund,<lb/>
obgleich 2 / 3 der Bevölkerung von Galveston deutsch ist; 100 Meilen<lb/>
weiter ins Jnnere ist es Hügelland, für den Deutschen weit zuträglicher.<lb/>
Jn dem Küstenland halten sich die Musquitos auf, die schon allein<lb/>
Jemand dazu bestimmen könnten, das Jnnere, wo diese schlimmen<lb/>
Gäste nicht sind, aufzusuchen. Giftige Schlangen und sonstige den<lb/>
Menschen gefährliche Ungeheuer, sind äußerst selten und mir bis jetzt<lb/>
bei meinen nicht unbedeutenden Reisen noch gar nicht zu Gesicht ge-<lb/>
kommen, obgleich es da und dort welche geben soll. Die stärkste Hitze,<lb/>
welche im Monat September fällt, weil da keine Winde wehen, ist<lb/>
selten über 100 Grad Fahrenheit, gewöhnlich zwischen 95 und 98°.<lb/>
Schnee gibt es im Winter gar keinen; Eis nur ganz selten, und da<lb/>
nur bis Sonnenaufgang; die Kälte soll selten über 6 Grad, aber<lb/>
da schon bei dem dünnen Blut sehr empfindlich sein. Gemüse gibt<lb/>
es am besten den Winter hindurch und werden eben gepflanzt, Wein-<lb/>
trauben und Kartoffeln gibt es 2 mal des Jahres.   </p><lb/>
        <p>Wenn Jemand baar Geld mit nach Texas nehmen will, soll er<lb/>
Holl. 10 und 5 fl. Stücke einwechseln; erstere gelten hier 4, letztere<lb/>
2 Dollars, während ich für meinen Wechsel 2 fl. 38 Xr. den Dollar<lb/>
begeben mußte und dann, wie schon gesagt, gar keine Waare, sondern<lb/>
ein Köfferchen mit Leibwäsche und baar Geld; denn für 5 Dollars<lb/>
kann man sich in jedem Store von Kopf bis zu Fuß <hi rendition="#aq">à la Gentleman</hi><lb/>
kleiden. Wir haben mit unseren Waaren viel Schleppens gehabt,<lb/>
mußten Zoll bezahlen und können hier nun Alles besser und billiger haben.   </p><lb/>
        <p>Ueber meinen Freund R., der vor 2 Jahren hierher gegangen,<lb/>
kann ich keine genaue Auskunft geben. Er ist vor 1 / 2 Jahre mit seinen<lb/>
Maulthieren zur Armee am Riogrande nach Meriko gegangen und<lb/>
man kann daher nicht sagen, ob er todt oder lebendig ist. Philipp<lb/>
möge dieß seinem Bruder nach Bamberg mittheilen! Sobald ich mich<lb/>
in Lagrange in Ordnung befinde, werde ich einen ausführlicheren und<lb/>
besser geschriebenen Bericht folgen lassen. Franz, Hofmann und auch<lb/>
ich befinden uns ganz wohl; ich glaube mich, ungeachtet aller Strapazen,<lb/>
besser als dort zu fühlen. Allen die herzlichsten Grüße von Eurem   </p><lb/>
        <closer>
          <space dim="horizontal"/>
          <signed>Ernst Wolf.</signed>
        </closer>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0003] kostet mich hier nicht ganz 5 Cents und wird im Jnnern mit 40 bis 50 C. verkauft ) , 2 Dutzend Flaschen rothen Wein, 2 Dutzend weißen Wein, 2 Dutzend Broody oder starken Branntwein, 1 Dutzend Cognac, 3 Fässer Mehl, 1 Ballen Caffee, 1 Faß Zucker, 1 Kiste feinen und 1 Kiste ord. Kautabak, 1 Kiste Seife, 1 Kiste Stärke, 1 Kiste Thee, 1 Kiste ganzen Jngber und 1 Faß Malars oder Syrup, beide Artikel zur Bereitung des Jngber = Bier, Zimmet, Pfeffer, Piement, Nelken, Pottasche, 2 Säcke Salz, 1 box Käs, 1 gros Rauchtabak, 5 Gal- lonen Spiritus zur Bereitung der feinen Liqueure, wozu ich mir die verschiedenen Oele gekauft, 1 Assortiment Wein=, Bier= und Liqueur=Glä- ser, 1 Wage. Dies ist vorerst mein Lager, das mich im Ganzen hier 150 D. kostet, wozu noch ca. 50 D. Fracht bis Lagrange kommen, im Ganzen also 200 Dollar. Das Einzige, was mir fehlt, ist ge- naue Kenntniß der Sprache, da besonders in Lagrange nur wenig Deutsche leben; ich kann mich zwar schon ziemlich verständlich machen, und ebenso auch wieder verstehen, doch denke ich, daß ich in wenigen Monaten ziemlich fertig durch den häufigen Umgang mit Amerikanern rede. Wenn ich später der Sprache besser mächtig, beabsichtige ich, mit mehr Fonds in Händen, größere Tauschgeschäfte in Häuten und Baumwolle, wobei auch verdient werden kann, zu machen. Will Franz meinem Rathe folgen, so kauft er sich bei Lagrange einige Acres Gartenland und baut Gemüse, die den ganzen Winter gezogen werden und wofür viel Geld zu machen ist. Eine Hand voll grüner Erbsen oder Bohnen kostet 1 Picts oder 1 / 8 Dollar, eine Wassermelone, die wild wachsen und nur bei der geringsten Behandlung zu 100 zu er- zeugen sind, 2--3 Picts; Pfirsiche, womit auf dem Lande die Schweine gefüttert werden, kosten in den Städten der Bushel 2 -- 3 Dollar und können auf dem Acker 100 und mehr Bushel gewonnen werden. Nun zu einer Hauptfrage! -- Was ist Teras? ist es wirklich das Eldorado, wie man es in allen Büchern beschrieben findet? Jch antworte Nein! Gehet her und sehet all das Elend an, wie ich es gesehen, und Viele würden gleich andern Vielen sagen: Teras ist das schlechteste Land von Amerika. Der vierte Theil von allen bis jetzt nach Teras Gekommenen ist todt, ein anderes Viertheil, und mehr noch, sind weder todt noch lebendig, sie schleichen sich mit dem Klima- Fieber umher und wünschen sich den Tod, oder zurück nach Deutsch- land. Das dritte Viertel geht von Texas nach New=Orleans oder in die nördlichen Staaten und nur 1 Viertel von allen denen, die mit großen Hoffnungen nach Texas gegangen, um Gluck und Reich- thum zu ernten, fühlen sich glücklich und reich und sind es auch. Und dennoch sage ich nach Allem, was ich bisher gehört, gesehen und erfahren habe: in Texas ist es gut sein und bei wenig Arbeit besser zu leben als in Deutschland; nur muß man das feine Leben, wie es dort in, nicht darunter verstehen. -- Bälle, Concerte, Theater ec. gibt es nicht, demnach keine großen Gesellschaften; wer sich aber in dem kleinen Kreise achtbarer Leute gern bewegt und wohl befindet, mehr ein Freund der Natur als großer Gesellschaften ist, gern, aber doch auch nicht zu viel arbeitet, mit einem einfachen gesunden Tisch vorlieb nimmt, nicht plötzlich, aber nach und nach und viel schneller als in Deutschland vorwärts kommen will, dem wird Texas gefallen und er wird gleich mir sagen: hier ist gut sein. Aber warum gehen so viele zu Grunde, da es doch gut dort sein soll? werdet Jhr fragen! Meine Antwort darauf: Der größte Theil ist selbst schuld daran, und nur Wenige gibt es, bei denen dieß nicht der Fall ist. Viele, nachdem sie die mit so vielen Entbehrungen verbundene Seereise über- standen haben, wollen sich bei der Ankunft hier nun dafür entschädigen, bedenken nicht, daß sie nicht mehr in Deutschland, sondern 20 -- 25 Grad südlicher sind, überfüllen den Magen mit frischem Fleisch, weil es nur 2 Cents das P kostet, und hitzigen Getränken, setzen sich der ungewohnten Mittagssonne aus und büßen es in wenigen Minuten mit dem Leben. Andere wieder, besonders Leute, welche sich dem Mainzer Adelsvereine angeschlossen haben, kommen hierher, müssen aus unverzeihlicher Nachlässigkeit ihrer Directoren 1 -- 10 Mt. in elenden Baracken, gepreßt wie Häringe, bei schlechter Kost, jeder Witterung preisgegeben, hier oder in Jndian Point liegen bleiben, wo dann Fieber nicht ausbleiben können, und werden dann aufgerieben. Wieder Andere, die noch etwas Mittel haben, bleiben, so lange solche reichen, in den Küstenstädten liegen und mögen nichts arbeiten, und dann ist Elend und Noth ganz natürlich. -- Jch will Niemandem, sei es wer es will, zur Auswanderung nach Texas rathen; doch wird der, welcher einige Mittel, besonders baares Geld, nur so wenig wie möglich Waaren, mit hierher bringt, ( denn die findet man alle besser und billiger aus den Vereinigten Staaten hier ) , und nicht Monate lang herumzieht, sondern sich schnell zu etwas entschließt, gewiß es nie bereuen, Teras, besonders das Jnnere zu seinem Vaterlande gewählt zu haben. Ohne 1000 Dollar baar Geld, oder 2500 fl. sollte keine Familie, und ohne mindesteus 100 D. kein einzelner Mensch hierher kommen, wenn er nicht eine harte Schule durchmachen will. Hat eine Familie z. B. 1000 D. baar bei ihrer Ankunft, so kann sie damit ein Leben hier führen, wie es dort nicht 20000 fl. zu thun vermögen. Sie kauft sich 200 Acres des besten Landes à 2 Dollar.. 400 Dollar Zur Einzäunung des Landes, Erbauung des Hauses und 1 Paar Ochsen....... 150 „ Zum Ankauf der Lebensmittel auf 1 / 2 Jahr.. 50 „ Für 20 Kühe mit Kälbern 200; 2 Pferde 40 bis 60; 1 Wagen, Pflug, Geschirr ec. 140 bis 160........... 400 „ 1000 Dollar. Hat Jemand weniger, so muß er sich, wenigstens für die ersten 2 Jahre, auch viel Ungemach und Arbeit gefallen lassen. Die Küstengegenden von Texas, wozu also auch Galveston und noch Houston gehören, sind ganz flach, und für Deutsche meistens ungesund, obgleich 2 / 3 der Bevölkerung von Galveston deutsch ist; 100 Meilen weiter ins Jnnere ist es Hügelland, für den Deutschen weit zuträglicher. Jn dem Küstenland halten sich die Musquitos auf, die schon allein Jemand dazu bestimmen könnten, das Jnnere, wo diese schlimmen Gäste nicht sind, aufzusuchen. Giftige Schlangen und sonstige den Menschen gefährliche Ungeheuer, sind äußerst selten und mir bis jetzt bei meinen nicht unbedeutenden Reisen noch gar nicht zu Gesicht ge- kommen, obgleich es da und dort welche geben soll. Die stärkste Hitze, welche im Monat September fällt, weil da keine Winde wehen, ist selten über 100 Grad Fahrenheit, gewöhnlich zwischen 95 und 98°. Schnee gibt es im Winter gar keinen; Eis nur ganz selten, und da nur bis Sonnenaufgang; die Kälte soll selten über 6 Grad, aber da schon bei dem dünnen Blut sehr empfindlich sein. Gemüse gibt es am besten den Winter hindurch und werden eben gepflanzt, Wein- trauben und Kartoffeln gibt es 2 mal des Jahres. Wenn Jemand baar Geld mit nach Texas nehmen will, soll er Holl. 10 und 5 fl. Stücke einwechseln; erstere gelten hier 4, letztere 2 Dollars, während ich für meinen Wechsel 2 fl. 38 Xr. den Dollar begeben mußte und dann, wie schon gesagt, gar keine Waare, sondern ein Köfferchen mit Leibwäsche und baar Geld; denn für 5 Dollars kann man sich in jedem Store von Kopf bis zu Fuß à la Gentleman kleiden. Wir haben mit unseren Waaren viel Schleppens gehabt, mußten Zoll bezahlen und können hier nun Alles besser und billiger haben. Ueber meinen Freund R., der vor 2 Jahren hierher gegangen, kann ich keine genaue Auskunft geben. Er ist vor 1 / 2 Jahre mit seinen Maulthieren zur Armee am Riogrande nach Meriko gegangen und man kann daher nicht sagen, ob er todt oder lebendig ist. Philipp möge dieß seinem Bruder nach Bamberg mittheilen! Sobald ich mich in Lagrange in Ordnung befinde, werde ich einen ausführlicheren und besser geschriebenen Bericht folgen lassen. Franz, Hofmann und auch ich befinden uns ganz wohl; ich glaube mich, ungeachtet aller Strapazen, besser als dort zu fühlen. Allen die herzlichsten Grüße von Eurem Ernst Wolf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer24_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer24_1847/3
Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 24. Rudolstadt, 16. März 1847, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer24_1847/3>, abgerufen am 26.04.2024.