Allgemeine Zeitung, Nr. 38, 19. September 1914.
Der Feind im Osten. Der Kaiser hat anläßlich der Vernichtung der russischen Ihr Telegramm vom heutligen Tage hat Mir eine unsag- Gez.: Wilhelm, I. R. Ueber die Siege des Generaloberst von Hindenburg WTB. Berlin, 11. September. Das 22. russische Armee- WTB. Berlin, 13. September. Die Armee des General- Am 15. September telegraphierte Generaloberst von Hinden- "Die Wilnaer Armee, das 2., 3., 4. und 12. Armeekorps, Bei einer Frontbreite der Armee von über 100 kilometer Gemeint ist Prinz Joachim, der jüngste Sohn des Kaiser- Ueberhaupt ist die Lage in Ostpreußen, wie amtlich gemeldet Schwieriger ist die Lage auf dem österreichisch-russi- In der Schlacht bei Lemberg gelang es unseren um und Unser Erfolg konnte jedoch nicht voll ausgenützt werden, da Von Berlin aus werden über die Lage bei Lemberg Der Kriegsberichterstatter des "Berliner Lokalanzeiger" meldet Obwohl die Operationen auf dem galizischen Kriegsschauplatz Daß die österreichische Offensive abflaute, ist nicht zu ver- Was uns mit allem aussöhnen muß, ist die Tatsache, daß es Und der Korrespondent des "Berliner Tageblattes" meldet aus Bei Wiederaufnahme der nach neun Tagen abgebrochenen
Der Feind im Oſten. Der Kaiſer hat anläßlich der Vernichtung der ruſſiſchen Ihr Telegramm vom heutligen Tage hat Mir eine unſag- Gez.: Wilhelm, I. R. Ueber die Siege des Generaloberſt von Hindenburg WTB. Berlin, 11. September. Das 22. ruſſiſche Armee- WTB. Berlin, 13. September. Die Armee des General- Am 15. September telegraphierte Generaloberſt von Hinden- „Die Wilnaer Armee, das 2., 3., 4. und 12. Armeekorps, Bei einer Frontbreite der Armee von über 100 kilometer Gemeint iſt Prinz Joachim, der jüngſte Sohn des Kaiſer- Ueberhaupt iſt die Lage in Oſtpreußen, wie amtlich gemeldet Schwieriger iſt die Lage auf dem öſterreichiſch-ruſſi- In der Schlacht bei Lemberg gelang es unſeren um und Unſer Erfolg konnte jedoch nicht voll ausgenützt werden, da Von Berlin aus werden über die Lage bei Lemberg Der Kriegsberichterſtatter des „Berliner Lokalanzeiger“ meldet Obwohl die Operationen auf dem galiziſchen Kriegsſchauplatz Daß die öſterreichiſche Offenſive abflaute, iſt nicht zu ver- Was uns mit allem ausſöhnen muß, iſt die Tatſache, daß es Und der Korreſpondent des „Berliner Tageblattes“ meldet aus Bei Wiederaufnahme der nach neun Tagen abgebrochenen <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <cit> <quote><pb facs="#f0003" n="565"/><fw place="top" type="header">19. 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September folgendes Telegramm gerichtet:</p><lb/> <cit> <quote> <hi rendition="#b">Ihr Telegramm vom heutligen Tage hat Mir eine unſag-<lb/> bare Freude bereitet. Eine Waffentat haben Sie vollbracht,<lb/> die nahezu einzig in der Geſchichte daſteht, und Ihren Truppen<lb/> einen für alle Zeiten unvergänglichen Ruhm ſichert und, ſo<lb/> Gott will, unſer teures Vaterland für immer vom Feinde be-<lb/> freien wird. Als Zeichen meiner dankbaren Anerkennung ver-<lb/> leihe Ich Ihnen den Orden <hi rendition="#aq">„Pour le mérite“</hi> und erſuche Sie,<lb/> den braven, unvergleichlichen Truppen Ihrer Armee für ihre<lb/> herrlichen Taten Meinen kaiſerlichen Dank auszuſprechen. Ich<lb/> bin ſtolz auf Meine preußiſchen Regimenter.</hi> </quote><lb/> <bibl> <hi rendition="#b">Gez.: <hi rendition="#g">Wilhelm</hi>,</hi> <hi rendition="#aq">I. 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Kavallerie-Diviſion<lb/> wurden durch die Schlacht an den maſuriſchen Seen und die<lb/> ſich anſchließende Verfolgung vollſtändig geſchlagen. Die<lb/> Grodnoer Reſerve-Armee, das 22. Armeekorps, der Reſt vom<lb/> 6. Armeekorps und Teile des 3. ſibiriſchen Armeekorps<lb/> haben in dem beſonderen Gefecht bei Lyck ſchwer gelitten. Der<lb/> Feind hat ſtarke Verluſte an Toten und Verwundeten. Die<lb/> Zahl der Gefangenen ſteigert ſich. Die Kriegsbeute iſt außer-<lb/> ordentlich.</hi> </quote> </cit><lb/> <cit> <quote> <hi rendition="#b">Bei einer Frontbreite der Armee von über 100 kilometer<lb/> waren ungeheure Marſchleiſtungen von zum Teil 150 kilo-<lb/> meter in vier Tagen notwendig. Bei den auf dieſer ganzen<lb/> Front und Tiefe ſich abſpielenden Kämpfen kann ich den vollen<lb/> Amfang noch nicht melden. Einige unſerer Verbände ſind ſcharf<lb/> ins Gefecht gekommen, die Verluſte ſind aber doch nur gering.<lb/> Die Armee war ſiegreich auf der ganzen Linie gegen einen hart-<lb/> näckig kämpfenden, aber ſchließlich fliehenden Feind. Die Armee<lb/> iſt ſtolz darauf, daß ein <hi rendition="#g">kaiſerlicher Prinz</hi> in ihren<lb/> Reihen mitgekämpft und geblutet hat.“</hi> </quote> </cit><lb/> <p>Gemeint iſt Prinz <hi rendition="#g">Joachim</hi>, der jüngſte Sohn des Kaiſer-<lb/> paares, der durch einen Schrapnellſchuß am Oberſchenkel ver-<lb/> wundet und inzwiſchen nach Berlin gebracht worden iſt.</p><lb/> <p>Ueberhaupt iſt die Lage in Oſtpreußen, wie amtlich gemeldet<lb/> wird, hervorragend gut. Die ruſſiſche Armee flieht in voller Auf-<lb/> löſung. 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M. gab der Stellvertreter des Chefs<lb/> des öſterreichiſchen Generalſtabs bekannt:</p><lb/> <cb/> <p>In der Schlacht bei <hi rendition="#g">Lemberg</hi> gelang es unſeren um und<lb/> ſüdlich der Grodeker Chauſſee angeſetzten Streitkräften, den Feind<lb/> nach fünftägigem harten Ringen zurückzudrängen, an 10,000 Ge-<lb/> fangene zu machen und zahlreiche Geſchütze zu erbeuten.</p><lb/> <p>Unſer Erfolg konnte jedoch nicht voll ausgenützt werden, da<lb/> unſer Nordflügel bei Rawaruska von großer Uebermacht bedroht<lb/> iſt und überdies neue ruſſiſche Kräfte ſowohl gegen die Armee<lb/> Dankl als auch in den Raum zwiſchen dieſer Armee und dem<lb/> Schlachtfelde von Lemberg vordrängen. Angeſichts der ſehr be-<lb/> deutenden Ueberlegenheit des Feindes war es geboten, unſere<lb/> ſchon ſeit drei Wochen faſt ununterbrochen heldenmütig kämpfen-<lb/> den Armeen in einem guten Abſchnitt zu verſammeln und für<lb/> weitere Operationen bereit zu ſtellen.</p><lb/> <p>Von Berlin aus werden über die <hi rendition="#g">Lage bei Lemberg</hi><lb/> offiziell durch das Wolffſche Bureau detailliertere Nachrichten der<lb/> Kriegsberichterſtatter zweier Berliner Blätter übernommen:</p><lb/> <p>Der Kriegsberichterſtatter des „Berliner Lokalanzeiger“ meldet<lb/> aus dem öfterreichiſchen Hauptpreſſequartier:</p><lb/> <p>Obwohl die Operationen auf dem galiziſchen Kriegsſchauplatz<lb/> mit großen Verluſten auf beiden Seiten endeten, iſt die Lage der<lb/> Oeſterreicher doch für die Zukunft recht vielverſprechend. Die<lb/> Heeresleitung wählte den rechten Augenblick, als ſie nach dem Er-<lb/> folge von Grodek, die Verwirrung der Ruſſen benutzend, auf eine<lb/> beſtens vorbereitete und kaum einnehmbare Linie zurückging, wo<lb/> ſich die Armee ruhig erholen und Verſtärkungen erwarten kann,<lb/> um die Offenſive mit neuen Kräften aufzunehmen.</p><lb/> <p>Daß die öſterreichiſche Offenſive abflaute, iſt nicht zu ver-<lb/> wundern, wenn man hört, daß der Gegner 350,000 Mann mehr<lb/> Truppen im Schlachtenraum verſammelt hatte. Die öſterreichiſchen<lb/> Truppen gingen mit unbändigem Mute vor, was wohl teilweiſe<lb/> die rieſigen Verluſte erklärt; aber vermochten ſie den Feind heute<lb/> aus ſeiner Stellung zu werfen, ſo war er nächſten Morgen in<lb/> doppelter Zahl wieder da. Manches Regiment verlor alle Offiziere.<lb/> Als nun inzwiſchen die im Raume um Lemberg erſcheinenden<lb/> Armeen Auffenberg und Dankl plötzlich von überraſchend großen<lb/> ruſſiſchen Heeresmaſſen, die ſich keilartig zwiſchen jene ſchoben,<lb/> angegriffen wurden und zurückgehen mußten, blieb auch den<lb/> übrigen öſterreichiſchen Gruppen, die ſchon in überaus blutigen<lb/> und zähen Kämpfen faſt 20 Kilometer an Terrain gewonnen hatten,<lb/> nichts anderes übrig, als ſich der Rückwärtsbewegung anzu-<lb/> ſchließen und die ſchon erwähnten feſten Stellungen einzunehmen.</p><lb/> <p>Was uns mit allem ausſöhnen muß, iſt die Tatſache, daß es<lb/> um die ruſſiſchen Truppen trotz ihrer rieſigen Uebermacht weit<lb/> ſchlimmer ſteht, als um die öſterreichiſchen. Nach Ausſagen Ge-<lb/> fangener leiden ſie die größte Not. Beſonders übel geht es ihren<lb/> Verwundeten, da die Sanität ſehr ſchlecht vorbereitet worden iſt.</p><lb/> <p>Und der Korreſpondent des „Berliner Tageblattes“ meldet aus<lb/> dem öſterreichiſch-ungariſchen Hauptquartier:</p><lb/> <p>Bei Wiederaufnahme der nach neun Tagen abgebrochenen<lb/> erſten Lemberger Schlacht war die Situation ſo, daß die öſter-<lb/> reichiſche Hauptarmee bei der Grodeker Chauſſee und ſüdlich davon<lb/> über die Linie der Seen der Wereſzyca (Nebenfluß des Dnjeſtr)<lb/> hinaus in der Richtung auf das von ihr freiwillig geräumte Lem-<lb/> berg gegen die ruſſiſche Hauptarmee vorgeht. Dabei waren die-<lb/> ſelben Kräfte wie bei der erſten Lemberger Schlacht engagiert. Die<lb/> Offenſive wurde trotz der dort erlittenen hohen Verluſte und<lb/> Strapazen mit größter Energie in fünftägigem hartnäckigem Ringen<lb/> bei Grodek aufgenommen. Es gelang den öſterreichiſch-ungari-<lb/> ſchen Armeen die langſame Zurückdrängung des Gegners. Noch<lb/> am Freitag errang ein Teil des rechten öſterreichiſch-ungariſchen<lb/> Flügels, meiſt Ungarn, 25 Kilometer ſüdlich von der Linie Lem-<lb/> berg—Grodek bei Dorfeld bedeutende Erfolge. Inzwiſchen hatte<lb/> ſich aber die Situation auf dem Nordflügel zu unſeren Ungunſten<lb/> verſchoben. Ein Hauptteil der ruſſiſchen Armee war in Ab-<lb/> änderung der urſprünglichen Anmarſchlinie nördlich gegen die aus<lb/> dem Gebiete von Zamosc herangerückte Armee Auffenbergs vor-<lb/> gegangen, die ſich nach anfänglichen Teilerfolgen bald durch den<lb/> weit ſtärkeren Gegner bedroht ſah. Ebenſo ſtieß die zweite, bisher<lb/> ſiegreich vorgedrungene öſterreichiſch-ungariſche Armee Dankls vor<lb/> Lublin auf immer ſtärker werdende neue ruſſiſche Kräfte, deren<lb/> artilleriſtiſche Ueberlegenheit offenſichtlich war. Deshalb mußte die<lb/> Armee Dankls zurück, um ſo mehr, als überſchüſſige Teilkräfte des<lb/> Gegners ſie in den Raum Rawaruska—Jaroslau einzuſchieben<lb/> ſuchten, um den Wiederanſchluß der Armee Dankls an das übrige<lb/> öſterreichiſche Heer abzuſchneiden. Unter dieſen Umſtänden konnte<lb/> auch die öſterreichiſche Hauptarmee ihre Erfolge, die ſich durch<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [565/0003]
19. September 1914. Allgemeine Zeitung
ſeitdem ich im Feld bin, nur einen halben Tag Regen gehabt,
ſonſt immer das herrlichſte wolkenloſe Wetter. Es iſt ein Staub
auf den Straßen, daß man manchmal kaum atmen kann. Für den
Krieg iſt das ja ſehr gut, weniger für den Artilleriekampf. Bei
Nancy haben die Franzoſen alle ihre Geſchütze aus der Feſtung
herausgebracht, damit wir nicht wiſſen ſollen, von wo ſie feuern.
Die Flieger verſuchen aber natürlich, die Stellung zu finden.
Der Feind im Oſten.
Der Kaiſer hat anläßlich der Vernichtung der ruſſiſchen
Narew-Armee, an den Generaloberſten von Hindenburg am
1. September folgendes Telegramm gerichtet:
Ihr Telegramm vom heutligen Tage hat Mir eine unſag-
bare Freude bereitet. Eine Waffentat haben Sie vollbracht,
die nahezu einzig in der Geſchichte daſteht, und Ihren Truppen
einen für alle Zeiten unvergänglichen Ruhm ſichert und, ſo
Gott will, unſer teures Vaterland für immer vom Feinde be-
freien wird. Als Zeichen meiner dankbaren Anerkennung ver-
leihe Ich Ihnen den Orden „Pour le mérite“ und erſuche Sie,
den braven, unvergleichlichen Truppen Ihrer Armee für ihre
herrlichen Taten Meinen kaiſerlichen Dank auszuſprechen. Ich
bin ſtolz auf Meine preußiſchen Regimenter.
Gez.: Wilhelm, I. R.
Ueber die Siege des Generaloberſt von Hindenburg
liegen noch nachſtehende Telegramme vor:
WTB. Berlin, 11. September. Das 22. ruſſiſche Armee-
korps (Finnland) hat verſucht über Lyck in den Kampf in Oſt-
preußen einzugreifen, es iſt bei Lyck zurückgeſchlagen
worden.
WTB. Berlin, 13. September. Die Armee des General-
oberſten von Hindenburg hat die ruſſiſche Armee in
Oſtpreußen nach mehrtägigem Kampfe vollſtändig geſchlagen.
Der Rückzug der Ruſſen iſt zur Flucht geworden.
Generaloberſt von Hindenburg hat in der Verfolgung bereits die
Grenze überſchritten und meldete bisher über 10,000 unverwundete
Gefangene, ſowie etwa 80 Geſchütze; außerdem wurden Maſchinen-
gewehre, Flugzeuge und Fahrzeuge aller Art erbeutet. Die Kriegs-
beute ſteigert ſich fortgeſetzt.
Am 15. September telegraphierte Generaloberſt von Hinden-
burg an Seine Majeſtät den Kaiſer:
„Die Wilnaer Armee, das 2., 3., 4. und 12. Armeekorps,
die 3. und 4. Reſerve-Diviſion und die 5. Kavallerie-Diviſion
wurden durch die Schlacht an den maſuriſchen Seen und die
ſich anſchließende Verfolgung vollſtändig geſchlagen. Die
Grodnoer Reſerve-Armee, das 22. Armeekorps, der Reſt vom
6. Armeekorps und Teile des 3. ſibiriſchen Armeekorps
haben in dem beſonderen Gefecht bei Lyck ſchwer gelitten. Der
Feind hat ſtarke Verluſte an Toten und Verwundeten. Die
Zahl der Gefangenen ſteigert ſich. Die Kriegsbeute iſt außer-
ordentlich.
Bei einer Frontbreite der Armee von über 100 kilometer
waren ungeheure Marſchleiſtungen von zum Teil 150 kilo-
meter in vier Tagen notwendig. Bei den auf dieſer ganzen
Front und Tiefe ſich abſpielenden Kämpfen kann ich den vollen
Amfang noch nicht melden. Einige unſerer Verbände ſind ſcharf
ins Gefecht gekommen, die Verluſte ſind aber doch nur gering.
Die Armee war ſiegreich auf der ganzen Linie gegen einen hart-
näckig kämpfenden, aber ſchließlich fliehenden Feind. Die Armee
iſt ſtolz darauf, daß ein kaiſerlicher Prinz in ihren
Reihen mitgekämpft und geblutet hat.“
Gemeint iſt Prinz Joachim, der jüngſte Sohn des Kaiſer-
paares, der durch einen Schrapnellſchuß am Oberſchenkel ver-
wundet und inzwiſchen nach Berlin gebracht worden iſt.
Ueberhaupt iſt die Lage in Oſtpreußen, wie amtlich gemeldet
wird, hervorragend gut. Die ruſſiſche Armee flieht in voller Auf-
löſung. Bisher hat ſie mindeſtens 150 Geſchütze und 20,000 bis
30,000 unverwundete Gefangene verloren.
Schwieriger iſt die Lage auf dem öſterreichiſch-ruſſi-
ſchen Kriegsſchauplatz in Galizien und ſpeziell bei
Lemberg. Unterm 13. d. M. gab der Stellvertreter des Chefs
des öſterreichiſchen Generalſtabs bekannt:
In der Schlacht bei Lemberg gelang es unſeren um und
ſüdlich der Grodeker Chauſſee angeſetzten Streitkräften, den Feind
nach fünftägigem harten Ringen zurückzudrängen, an 10,000 Ge-
fangene zu machen und zahlreiche Geſchütze zu erbeuten.
Unſer Erfolg konnte jedoch nicht voll ausgenützt werden, da
unſer Nordflügel bei Rawaruska von großer Uebermacht bedroht
iſt und überdies neue ruſſiſche Kräfte ſowohl gegen die Armee
Dankl als auch in den Raum zwiſchen dieſer Armee und dem
Schlachtfelde von Lemberg vordrängen. Angeſichts der ſehr be-
deutenden Ueberlegenheit des Feindes war es geboten, unſere
ſchon ſeit drei Wochen faſt ununterbrochen heldenmütig kämpfen-
den Armeen in einem guten Abſchnitt zu verſammeln und für
weitere Operationen bereit zu ſtellen.
Von Berlin aus werden über die Lage bei Lemberg
offiziell durch das Wolffſche Bureau detailliertere Nachrichten der
Kriegsberichterſtatter zweier Berliner Blätter übernommen:
Der Kriegsberichterſtatter des „Berliner Lokalanzeiger“ meldet
aus dem öfterreichiſchen Hauptpreſſequartier:
Obwohl die Operationen auf dem galiziſchen Kriegsſchauplatz
mit großen Verluſten auf beiden Seiten endeten, iſt die Lage der
Oeſterreicher doch für die Zukunft recht vielverſprechend. Die
Heeresleitung wählte den rechten Augenblick, als ſie nach dem Er-
folge von Grodek, die Verwirrung der Ruſſen benutzend, auf eine
beſtens vorbereitete und kaum einnehmbare Linie zurückging, wo
ſich die Armee ruhig erholen und Verſtärkungen erwarten kann,
um die Offenſive mit neuen Kräften aufzunehmen.
Daß die öſterreichiſche Offenſive abflaute, iſt nicht zu ver-
wundern, wenn man hört, daß der Gegner 350,000 Mann mehr
Truppen im Schlachtenraum verſammelt hatte. Die öſterreichiſchen
Truppen gingen mit unbändigem Mute vor, was wohl teilweiſe
die rieſigen Verluſte erklärt; aber vermochten ſie den Feind heute
aus ſeiner Stellung zu werfen, ſo war er nächſten Morgen in
doppelter Zahl wieder da. Manches Regiment verlor alle Offiziere.
Als nun inzwiſchen die im Raume um Lemberg erſcheinenden
Armeen Auffenberg und Dankl plötzlich von überraſchend großen
ruſſiſchen Heeresmaſſen, die ſich keilartig zwiſchen jene ſchoben,
angegriffen wurden und zurückgehen mußten, blieb auch den
übrigen öſterreichiſchen Gruppen, die ſchon in überaus blutigen
und zähen Kämpfen faſt 20 Kilometer an Terrain gewonnen hatten,
nichts anderes übrig, als ſich der Rückwärtsbewegung anzu-
ſchließen und die ſchon erwähnten feſten Stellungen einzunehmen.
Was uns mit allem ausſöhnen muß, iſt die Tatſache, daß es
um die ruſſiſchen Truppen trotz ihrer rieſigen Uebermacht weit
ſchlimmer ſteht, als um die öſterreichiſchen. Nach Ausſagen Ge-
fangener leiden ſie die größte Not. Beſonders übel geht es ihren
Verwundeten, da die Sanität ſehr ſchlecht vorbereitet worden iſt.
Und der Korreſpondent des „Berliner Tageblattes“ meldet aus
dem öſterreichiſch-ungariſchen Hauptquartier:
Bei Wiederaufnahme der nach neun Tagen abgebrochenen
erſten Lemberger Schlacht war die Situation ſo, daß die öſter-
reichiſche Hauptarmee bei der Grodeker Chauſſee und ſüdlich davon
über die Linie der Seen der Wereſzyca (Nebenfluß des Dnjeſtr)
hinaus in der Richtung auf das von ihr freiwillig geräumte Lem-
berg gegen die ruſſiſche Hauptarmee vorgeht. Dabei waren die-
ſelben Kräfte wie bei der erſten Lemberger Schlacht engagiert. Die
Offenſive wurde trotz der dort erlittenen hohen Verluſte und
Strapazen mit größter Energie in fünftägigem hartnäckigem Ringen
bei Grodek aufgenommen. Es gelang den öſterreichiſch-ungari-
ſchen Armeen die langſame Zurückdrängung des Gegners. Noch
am Freitag errang ein Teil des rechten öſterreichiſch-ungariſchen
Flügels, meiſt Ungarn, 25 Kilometer ſüdlich von der Linie Lem-
berg—Grodek bei Dorfeld bedeutende Erfolge. Inzwiſchen hatte
ſich aber die Situation auf dem Nordflügel zu unſeren Ungunſten
verſchoben. Ein Hauptteil der ruſſiſchen Armee war in Ab-
änderung der urſprünglichen Anmarſchlinie nördlich gegen die aus
dem Gebiete von Zamosc herangerückte Armee Auffenbergs vor-
gegangen, die ſich nach anfänglichen Teilerfolgen bald durch den
weit ſtärkeren Gegner bedroht ſah. Ebenſo ſtieß die zweite, bisher
ſiegreich vorgedrungene öſterreichiſch-ungariſche Armee Dankls vor
Lublin auf immer ſtärker werdende neue ruſſiſche Kräfte, deren
artilleriſtiſche Ueberlegenheit offenſichtlich war. Deshalb mußte die
Armee Dankls zurück, um ſo mehr, als überſchüſſige Teilkräfte des
Gegners ſie in den Raum Rawaruska—Jaroslau einzuſchieben
ſuchten, um den Wiederanſchluß der Armee Dankls an das übrige
öſterreichiſche Heer abzuſchneiden. Unter dieſen Umſtänden konnte
auch die öſterreichiſche Hauptarmee ihre Erfolge, die ſich durch
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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