Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite
an jedem Froste kalt,
in eignen Stricken gewürgt,
Selbstkenner!
Selbsthenker!
Was bandest du dich
mit dem Strick deiner Weisheit?
Was locktest du dich
in's Paradies der alten Schlange?
Was schlichst du dich ein
in dich -- in dich? ...
Ein Kranker nun,
der an Schlangengift krank ist;
ein Gefangner nun,
der das härteste Loos zog:
im eignen Schachte
gebückt arbeitend,
in dich selber eingehöhlt,
dich selber angrabend,
unbehülflich,
steif,
ein Leichnam --,
von hundert Lasten überthürmt,
von dir überlastet,
ein Wissender!
ein Selbsterkenner!
der weise Zarathustra! ...
Du suchtest die schwerste Last:
da fandest du dich --,
du wirfst dich nicht ab von dir ...
an jedem Froste kalt,
in eignen Stricken gewürgt,
Selbstkenner!
Selbsthenker!
Was bandest du dich
mit dem Strick deiner Weisheit?
Was locktest du dich
in's Paradies der alten Schlange?
Was schlichst du dich ein
in dich — in dich? ...
Ein Kranker nun,
der an Schlangengift krank ist;
ein Gefangner nun,
der das härteste Loos zog:
im eignen Schachte
gebückt arbeitend,
in dich selber eingehöhlt,
dich selber angrabend,
unbehülflich,
steif,
ein Leichnam —,
von hundert Lasten überthürmt,
von dir überlastet,
ein Wissender!
ein Selbsterkenner!
der weise Zarathustra! ...
Du suchtest die schwerste Last:
da fandest du dich —,
du wirfst dich nicht ab von dir ...
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0149" n="6"/>
            <lg n="8">
              <l>an jedem Froste kalt,</l><lb/>
              <l>in eignen Stricken gewürgt,</l><lb/>
              <l><hi rendition="#g">Selbstkenner</hi>!</l><lb/>
              <l><hi rendition="#g">Selbsthenker</hi>!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="9">
              <l>Was bandest du dich</l><lb/>
              <l>mit dem Strick deiner Weisheit?</l><lb/>
              <l>Was locktest du dich</l><lb/>
              <l>in's Paradies der alten Schlange?</l><lb/>
              <l>Was schlichst du dich ein</l><lb/>
              <l>in <hi rendition="#g">dich</hi> &#x2014; in <hi rendition="#g">dich</hi>? ...</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="10">
              <l>Ein Kranker nun,</l><lb/>
              <l>der an Schlangengift krank ist;</l><lb/>
              <l>ein Gefangner nun,</l><lb/>
              <l>der das härteste Loos zog:</l><lb/>
              <l>im eignen Schachte</l><lb/>
              <l>gebückt arbeitend,</l><lb/>
              <l>in dich selber eingehöhlt,</l><lb/>
              <l>dich selber angrabend,</l><lb/>
              <l>unbehülflich,</l><lb/>
              <l>steif,</l><lb/>
              <l>ein Leichnam &#x2014;,</l><lb/>
              <l>von hundert Lasten überthürmt,</l><lb/>
              <l>von dir überlastet,</l><lb/>
              <l>ein <hi rendition="#g">Wissender</hi>!</l><lb/>
              <l>ein <hi rendition="#g">Selbsterkenner</hi>!</l><lb/>
              <l>der <hi rendition="#g">weise</hi> Zarathustra! ...</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="11">
              <l>Du suchtest die schwerste Last:</l><lb/>
              <l>da fandest du <hi rendition="#g">dich</hi> &#x2014;,</l><lb/>
              <l>du wirfst dich nicht ab von dir ...</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0149] an jedem Froste kalt, in eignen Stricken gewürgt, Selbstkenner! Selbsthenker! Was bandest du dich mit dem Strick deiner Weisheit? Was locktest du dich in's Paradies der alten Schlange? Was schlichst du dich ein in dich — in dich? ... Ein Kranker nun, der an Schlangengift krank ist; ein Gefangner nun, der das härteste Loos zog: im eignen Schachte gebückt arbeitend, in dich selber eingehöhlt, dich selber angrabend, unbehülflich, steif, ein Leichnam —, von hundert Lasten überthürmt, von dir überlastet, ein Wissender! ein Selbsterkenner! der weise Zarathustra! ... Du suchtest die schwerste Last: da fandest du dich —, du wirfst dich nicht ab von dir ...

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891/149
Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891/149>, abgerufen am 27.04.2024.