Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Erweckung.

1.

Nach dem Liede des Wanderers und Schattens wurde
die Höhle mit Einem Male voll Lärmens und Lachens;
und da die versammelten Gäste alle zugleich redeten,
und auch der Esel, bei einer solchen Ermuthigung, nicht
mehr still blieb, überkam Zarathustra ein kleiner Wider¬
wille und Spott gegen seinen Besuch: ob er sich gleich
ihrer Fröhlichkeit erfreute. Denn sie dünkte ihm ein
Zeichen der Genesung. So schlüpfte er hinaus in's Freie
und sprach zu seinen Thieren.

"Wo ist nun ihre Noth hin? sprach er, und schon
athmete er selber von seinem kleinen Überdrusse auf,
-- bei mir verlernten sie, wie mich dünkt, das Noth¬
schrein!

-- wenn auch, leider, noch nicht das Schrein." Und
Zarathustra hielt sich die Ohren zu, denn eben mischte
sich das I-A des Esels wunderlich mit dem Jubel-Lärm
dieser höheren Menschen.

"Sie sind lustig, begann er wieder, und wer weiss?
vielleicht auf ihres Wirthes Unkosten; und lernten sie
von mir lachen, so ist es doch nicht mein Lachen,
das sie lernten.

Die Erweckung.

1.

Nach dem Liede des Wanderers und Schattens wurde
die Höhle mit Einem Male voll Lärmens und Lachens;
und da die versammelten Gäste alle zugleich redeten,
und auch der Esel, bei einer solchen Ermuthigung, nicht
mehr still blieb, überkam Zarathustra ein kleiner Wider¬
wille und Spott gegen seinen Besuch: ob er sich gleich
ihrer Fröhlichkeit erfreute. Denn sie dünkte ihm ein
Zeichen der Genesung. So schlüpfte er hinaus in's Freie
und sprach zu seinen Thieren.

„Wo ist nun ihre Noth hin? sprach er, und schon
athmete er selber von seinem kleinen Überdrusse auf,
— bei mir verlernten sie, wie mich dünkt, das Noth¬
schrein!

— wenn auch, leider, noch nicht das Schrein.“ Und
Zarathustra hielt sich die Ohren zu, denn eben mischte
sich das I-A des Esels wunderlich mit dem Jubel-Lärm
dieser höheren Menschen.

„Sie sind lustig, begann er wieder, und wer weiss?
vielleicht auf ihres Wirthes Unkosten; und lernten sie
von mir lachen, so ist es doch nicht mein Lachen,
das sie lernten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0115" n="108"/>
      <div n="1">
        <head>Die Erweckung.<lb/></head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>1.<lb/></head>
          <p>Nach dem Liede des Wanderers und Schattens wurde<lb/>
die Höhle mit Einem Male voll Lärmens und Lachens;<lb/>
und da die versammelten Gäste alle zugleich redeten,<lb/>
und auch der Esel, bei einer solchen Ermuthigung, nicht<lb/>
mehr still blieb, überkam Zarathustra ein kleiner Wider¬<lb/>
wille und Spott gegen seinen Besuch: ob er sich gleich<lb/>
ihrer Fröhlichkeit erfreute. Denn sie dünkte ihm ein<lb/>
Zeichen der Genesung. So schlüpfte er hinaus in's Freie<lb/>
und sprach zu seinen Thieren.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wo ist nun ihre Noth hin? sprach er, und schon<lb/>
athmete er selber von seinem kleinen Überdrusse auf,<lb/>
&#x2014; bei mir verlernten sie, wie mich dünkt, das Noth¬<lb/>
schrein!</p><lb/>
          <p>&#x2014; wenn auch, leider, noch nicht das Schrein.&#x201C; Und<lb/>
Zarathustra hielt sich die Ohren zu, denn eben mischte<lb/>
sich das I-A des Esels wunderlich mit dem Jubel-Lärm<lb/>
dieser höheren Menschen.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sie sind lustig, begann er wieder, und wer weiss?<lb/>
vielleicht auf ihres Wirthes Unkosten; und lernten sie<lb/>
von mir lachen, so ist es doch nicht <hi rendition="#g">mein</hi> Lachen,<lb/>
das sie lernten.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0115] Die Erweckung. 1. Nach dem Liede des Wanderers und Schattens wurde die Höhle mit Einem Male voll Lärmens und Lachens; und da die versammelten Gäste alle zugleich redeten, und auch der Esel, bei einer solchen Ermuthigung, nicht mehr still blieb, überkam Zarathustra ein kleiner Wider¬ wille und Spott gegen seinen Besuch: ob er sich gleich ihrer Fröhlichkeit erfreute. Denn sie dünkte ihm ein Zeichen der Genesung. So schlüpfte er hinaus in's Freie und sprach zu seinen Thieren. „Wo ist nun ihre Noth hin? sprach er, und schon athmete er selber von seinem kleinen Überdrusse auf, — bei mir verlernten sie, wie mich dünkt, das Noth¬ schrein! — wenn auch, leider, noch nicht das Schrein.“ Und Zarathustra hielt sich die Ohren zu, denn eben mischte sich das I-A des Esels wunderlich mit dem Jubel-Lärm dieser höheren Menschen. „Sie sind lustig, begann er wieder, und wer weiss? vielleicht auf ihres Wirthes Unkosten; und lernten sie von mir lachen, so ist es doch nicht mein Lachen, das sie lernten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891/115
Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891/115>, abgerufen am 21.12.2024.