Nach dem Liede des Wanderers und Schattens wurde die Höhle mit Einem Male voll Lärmens und Lachens; und da die versammelten Gäste alle zugleich redeten, und auch der Esel, bei einer solchen Ermuthigung, nicht mehr still blieb, überkam Zarathustra ein kleiner Wider¬ wille und Spott gegen seinen Besuch: ob er sich gleich ihrer Fröhlichkeit erfreute. Denn sie dünkte ihm ein Zeichen der Genesung. So schlüpfte er hinaus in's Freie und sprach zu seinen Thieren.
"Wo ist nun ihre Noth hin? sprach er, und schon athmete er selber von seinem kleinen Überdrusse auf, -- bei mir verlernten sie, wie mich dünkt, das Noth¬ schrein!
-- wenn auch, leider, noch nicht das Schrein." Und Zarathustra hielt sich die Ohren zu, denn eben mischte sich das I-A des Esels wunderlich mit dem Jubel-Lärm dieser höheren Menschen.
"Sie sind lustig, begann er wieder, und wer weiss? vielleicht auf ihres Wirthes Unkosten; und lernten sie von mir lachen, so ist es doch nicht mein Lachen, das sie lernten.
Die Erweckung.
1.
Nach dem Liede des Wanderers und Schattens wurde die Höhle mit Einem Male voll Lärmens und Lachens; und da die versammelten Gäste alle zugleich redeten, und auch der Esel, bei einer solchen Ermuthigung, nicht mehr still blieb, überkam Zarathustra ein kleiner Wider¬ wille und Spott gegen seinen Besuch: ob er sich gleich ihrer Fröhlichkeit erfreute. Denn sie dünkte ihm ein Zeichen der Genesung. So schlüpfte er hinaus in's Freie und sprach zu seinen Thieren.
„Wo ist nun ihre Noth hin? sprach er, und schon athmete er selber von seinem kleinen Überdrusse auf, — bei mir verlernten sie, wie mich dünkt, das Noth¬ schrein!
— wenn auch, leider, noch nicht das Schrein.“ Und Zarathustra hielt sich die Ohren zu, denn eben mischte sich das I-A des Esels wunderlich mit dem Jubel-Lärm dieser höheren Menschen.
„Sie sind lustig, begann er wieder, und wer weiss? vielleicht auf ihres Wirthes Unkosten; und lernten sie von mir lachen, so ist es doch nicht mein Lachen, das sie lernten.
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Die Erweckung.
1.
Nach dem Liede des Wanderers und Schattens wurde
die Höhle mit Einem Male voll Lärmens und Lachens;
und da die versammelten Gäste alle zugleich redeten,
und auch der Esel, bei einer solchen Ermuthigung, nicht
mehr still blieb, überkam Zarathustra ein kleiner Wider¬
wille und Spott gegen seinen Besuch: ob er sich gleich
ihrer Fröhlichkeit erfreute. Denn sie dünkte ihm ein
Zeichen der Genesung. So schlüpfte er hinaus in's Freie
und sprach zu seinen Thieren.
„Wo ist nun ihre Noth hin? sprach er, und schon
athmete er selber von seinem kleinen Überdrusse auf,
— bei mir verlernten sie, wie mich dünkt, das Noth¬
schrein!
— wenn auch, leider, noch nicht das Schrein.“ Und
Zarathustra hielt sich die Ohren zu, denn eben mischte
sich das I-A des Esels wunderlich mit dem Jubel-Lärm
dieser höheren Menschen.
„Sie sind lustig, begann er wieder, und wer weiss?
vielleicht auf ihres Wirthes Unkosten; und lernten sie
von mir lachen, so ist es doch nicht mein Lachen,
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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891/115>, abgerufen am 22.02.2025.
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