Die dritte Hauptdifferenz zwischen Philanthropi- nismus und Humanismus in Absicht auf die Unterrichts- gegenstände betrifft die Form derselben überhaupt und den Werth des classischen Alterthums in Beziehung auf den Erziehungsunterricht insbesondre.
Nach dem, was bereits im Vorhergehenden ge- sagt ist, kann die Beantwortung dieses Punktes kür- zer gefaßt werden.
Es läßt sich zum voraus nicht anders erwarten, als daß der Philanthropinismus, nachdem er das ganze Gewicht der Bildung auf die Masse des Wissens geworfen, von der Form nicht viel halten könne. Noch weniger aber kann er eine besondre Forderung in Ansehung der Form der Unterrichtsgegen- stände als wichtig ansehen, da die Sachen, auf deren Kenntniß er das Hauptgewicht legt, auch in der Darstellung für den Unterricht keine andere als die ihrer Natur entsprechende möglichst scharf begränzte Form erheischen.
Wenn man aber auch noch nicht einmal die For- derungen der freien Bildung dagegen geltend ma- chen will, die in Absicht der Form ohne allen Zwei- fel höher gestellt werden müssen; wenn man auch nur die nothwendige Bildung, die der Erziehungs- unterricht zu leisten hat, nicht in der ganz grassen Beschränkung auf sogenannte Sachgegenstände
Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.
3.
Die dritte Hauptdifferenz zwiſchen Philanthropi- niſmus und Humaniſmus in Abſicht auf die Unterrichts- gegenſtaͤnde betrifft die Form derſelben uͤberhaupt und den Werth des claſſiſchen Alterthums in Beziehung auf den Erziehungsunterricht insbeſondre.
Nach dem, was bereits im Vorhergehenden ge- ſagt iſt, kann die Beantwortung dieſes Punktes kuͤr- zer gefaßt werden.
Es laͤßt ſich zum voraus nicht anders erwarten, als daß der Philanthropiniſmus, nachdem er das ganze Gewicht der Bildung auf die Maſſe des Wiſſens geworfen, von der Form nicht viel halten koͤnne. Noch weniger aber kann er eine beſondre Forderung in Anſehung der Form der Unterrichtsgegen- ſtaͤnde als wichtig anſehen, da die Sachen, auf deren Kenntniß er das Hauptgewicht legt, auch in der Darſtellung fuͤr den Unterricht keine andere als die ihrer Natur entſprechende moͤglichſt ſcharf begraͤnzte Form erheiſchen.
Wenn man aber auch noch nicht einmal die For- derungen der freien Bildung dagegen geltend ma- chen will, die in Abſicht der Form ohne allen Zwei- fel hoͤher geſtellt werden muͤſſen; wenn man auch nur die nothwendige Bildung, die der Erziehungs- unterricht zu leiſten hat, nicht in der ganz graſſen Beſchraͤnkung auf ſogenannte Sachgegenſtaͤnde
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><pbfacs="#f0241"n="229"/><fwplace="top"type="header">Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.</fw><lb/><divn="6"><head>3.</head><lb/><p>Die dritte Hauptdifferenz zwiſchen Philanthropi-<lb/>
niſmus und Humaniſmus in Abſicht auf die Unterrichts-<lb/>
gegenſtaͤnde betrifft <hirendition="#g">die Form</hi> derſelben uͤberhaupt und<lb/>
den Werth des claſſiſchen Alterthums in Beziehung auf<lb/>
den Erziehungsunterricht insbeſondre.</p><lb/><p>Nach dem, was bereits im Vorhergehenden ge-<lb/>ſagt iſt, kann die Beantwortung dieſes Punktes kuͤr-<lb/>
zer gefaßt werden.</p><lb/><p>Es laͤßt ſich zum voraus nicht anders erwarten,<lb/>
als daß der Philanthropiniſmus, nachdem er das<lb/>
ganze Gewicht der Bildung auf die <hirendition="#g">Maſſe</hi> des<lb/>
Wiſſens geworfen, von der <hirendition="#g">Form</hi> nicht viel halten<lb/>
koͤnne. Noch weniger aber kann er eine beſondre<lb/>
Forderung in Anſehung der Form der Unterrichtsgegen-<lb/>ſtaͤnde als wichtig anſehen, da die <hirendition="#g">Sachen</hi>, auf<lb/>
deren Kenntniß er das Hauptgewicht legt, auch in<lb/>
der Darſtellung fuͤr den Unterricht keine andere als die<lb/>
ihrer Natur entſprechende moͤglichſt ſcharf begraͤnzte<lb/><hirendition="#g">Form</hi> erheiſchen.</p><lb/><p>Wenn man aber auch noch nicht einmal die For-<lb/>
derungen der <hirendition="#g">freien Bildung</hi> dagegen geltend ma-<lb/>
chen will, die in Abſicht der Form ohne allen Zwei-<lb/>
fel hoͤher geſtellt werden muͤſſen; wenn man auch nur<lb/>
die <hirendition="#g">nothwendige Bildung</hi>, die der Erziehungs-<lb/>
unterricht zu leiſten hat, nicht in der ganz graſſen<lb/>
Beſchraͤnkung auf ſogenannte <hirendition="#g">Sachgegenſtaͤnde</hi><lb/></p></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[229/0241]
Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.
3.
Die dritte Hauptdifferenz zwiſchen Philanthropi-
niſmus und Humaniſmus in Abſicht auf die Unterrichts-
gegenſtaͤnde betrifft die Form derſelben uͤberhaupt und
den Werth des claſſiſchen Alterthums in Beziehung auf
den Erziehungsunterricht insbeſondre.
Nach dem, was bereits im Vorhergehenden ge-
ſagt iſt, kann die Beantwortung dieſes Punktes kuͤr-
zer gefaßt werden.
Es laͤßt ſich zum voraus nicht anders erwarten,
als daß der Philanthropiniſmus, nachdem er das
ganze Gewicht der Bildung auf die Maſſe des
Wiſſens geworfen, von der Form nicht viel halten
koͤnne. Noch weniger aber kann er eine beſondre
Forderung in Anſehung der Form der Unterrichtsgegen-
ſtaͤnde als wichtig anſehen, da die Sachen, auf
deren Kenntniß er das Hauptgewicht legt, auch in
der Darſtellung fuͤr den Unterricht keine andere als die
ihrer Natur entſprechende moͤglichſt ſcharf begraͤnzte
Form erheiſchen.
Wenn man aber auch noch nicht einmal die For-
derungen der freien Bildung dagegen geltend ma-
chen will, die in Abſicht der Form ohne allen Zwei-
fel hoͤher geſtellt werden muͤſſen; wenn man auch nur
die nothwendige Bildung, die der Erziehungs-
unterricht zu leiſten hat, nicht in der ganz graſſen
Beſchraͤnkung auf ſogenannte Sachgegenſtaͤnde
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808/241>, abgerufen am 23.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.