Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.Dichters unverkennbar, und eines weit größeren als Rom L. Tarquinius der Tyrann. Die Herrschaft des L. Tarquinius wird so dargestellt Dichters unverkennbar, und eines weit groͤßeren als Rom L. Tarquinius der Tyrann. Die Herrſchaft des L. Tarquinius wird ſo dargeſtellt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0317" n="295"/> Dichters unverkennbar, und eines weit groͤßeren als Rom<lb/> in der Zeit ſeiner glaͤnzendſten Cultur hervorbrachte, wenn<lb/> auch ſein rauhes Versmaaß und die geſetzlos reiche Spra-<lb/> che den ſpaͤteren ſein Gedicht ungefaͤllig machen mochte.<lb/> Man vergleiche die lebensvolle Fuͤlle dieſer Periode, und<lb/> die trockne Duͤrre der unmittelbar folgenden; man frage<lb/> ſich dann ob man in dieſem Zeitraum nicht auf dichteri-<lb/> ſchem Boden wandle? — Mit dieſer Anſicht muͤſſen wir<lb/> uns ſcheuen die Tarquinier als aller Verbrechen ſchuldig<lb/> die ein Dichter geſchildert hat zu verurtheilen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">L. <hi rendition="#g">Tarquinius der Tyrann.</hi></hi> </head><lb/> <p>Die Herrſchaft des L. Tarquinius wird ſo dargeſtellt<lb/> wie die der griechiſchen Tyrannen die dem Nahmen ihrer<lb/> Dictatur einen ſo boͤſen Ruf gemacht haben. Er umgab<lb/> ſich, ſagt man, mit einer Leibwache: er verurtheilte jeden<lb/> der ihm verhaßt oder verdaͤchtig war: er zog das Vermoͤ-<lb/> gen der Hingerichteten und Verbannten ein; er veroͤdete<lb/> den Senat und ließ ihm nicht einmal den Schein eines<lb/> Antheils an der Verwaltung den die beſſeren unter den<lb/> Griechiſchen Uſurpatoren oft ſelbſt der Volksgemeinde<lb/> goͤnnten. Das Volk fuͤhrte er wieder zu den Frohndien-<lb/> ſten zuruͤck, wodurch ſein Ahnherr es ſo ſchwer gedruͤckt<lb/> hatte: alle Staͤnde wurden durch harte Steuern erſchoͤpft.<lb/> Aber wenn die Regierung dieſes Koͤnigs den Roͤmern ein<lb/> ſchweres Joch war, ſo laͤßt es ſich auch nicht verkennen<lb/> daß ſie durch die gebotne und unverweigerliche Anſtren-<lb/> gung der ſchon ſehr großen geſammelten Kraft Rom ſchnell<lb/> zu einer großen Macht erhob.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [295/0317]
Dichters unverkennbar, und eines weit groͤßeren als Rom
in der Zeit ſeiner glaͤnzendſten Cultur hervorbrachte, wenn
auch ſein rauhes Versmaaß und die geſetzlos reiche Spra-
che den ſpaͤteren ſein Gedicht ungefaͤllig machen mochte.
Man vergleiche die lebensvolle Fuͤlle dieſer Periode, und
die trockne Duͤrre der unmittelbar folgenden; man frage
ſich dann ob man in dieſem Zeitraum nicht auf dichteri-
ſchem Boden wandle? — Mit dieſer Anſicht muͤſſen wir
uns ſcheuen die Tarquinier als aller Verbrechen ſchuldig
die ein Dichter geſchildert hat zu verurtheilen.
L. Tarquinius der Tyrann.
Die Herrſchaft des L. Tarquinius wird ſo dargeſtellt
wie die der griechiſchen Tyrannen die dem Nahmen ihrer
Dictatur einen ſo boͤſen Ruf gemacht haben. Er umgab
ſich, ſagt man, mit einer Leibwache: er verurtheilte jeden
der ihm verhaßt oder verdaͤchtig war: er zog das Vermoͤ-
gen der Hingerichteten und Verbannten ein; er veroͤdete
den Senat und ließ ihm nicht einmal den Schein eines
Antheils an der Verwaltung den die beſſeren unter den
Griechiſchen Uſurpatoren oft ſelbſt der Volksgemeinde
goͤnnten. Das Volk fuͤhrte er wieder zu den Frohndien-
ſten zuruͤck, wodurch ſein Ahnherr es ſo ſchwer gedruͤckt
hatte: alle Staͤnde wurden durch harte Steuern erſchoͤpft.
Aber wenn die Regierung dieſes Koͤnigs den Roͤmern ein
ſchweres Joch war, ſo laͤßt es ſich auch nicht verkennen
daß ſie durch die gebotne und unverweigerliche Anſtren-
gung der ſchon ſehr großen geſammelten Kraft Rom ſchnell
zu einer großen Macht erhob.
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