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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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sich über solche Lästerungen; und da der Prediger
fortfuhr, den Pabst den Antichrist zu nennen, schalt
er ihn eine ketzerische Bestie, und lief zur Thür
hinaus.

Der Prediger blieb also bey dem Leichnam allein,
und da derselbe auf seine Verdammungen weiter nichts
antworten konnte, so gieng er auch hinaus. Als er
über den Hausflur gieng, machte Franz zwey große
Kreuze vor sich, und spie ihm nach.

Zwölfter Abschnitt.

Herr F. und Sebaldus lebten nun den Winter
über sehr eingezogen. Jhre Unterhaltung,
die durch die Gesellschaft des Majors sonst mannich-
faltiger gewesen war, ward nun viel einförmiger.
Sie bestand mehrentheils aus gelehrten Unterredun-
gen, welche aber sehr bald das gewöhnliche Schick-
sal gelehrter Unterredungen unter vier Augen hatten,
die weniger gemeinnützig und lehrreich werden, wenn
jeder dem andern sein eigenes Steckenpferd vorreiten
will. Herr F. hatte sich auf den Sensus kommu-
nis
ein Lehrgebäude der Sittenlehre und der natür-
lichen Thelogie gebauet, welches dem Sebaldus gar
nicht einleuchten wollte, als welcher seine Ethik, als

ein



ſich uͤber ſolche Laͤſterungen; und da der Prediger
fortfuhr, den Pabſt den Antichriſt zu nennen, ſchalt
er ihn eine ketzeriſche Beſtie, und lief zur Thuͤr
hinaus.

Der Prediger blieb alſo bey dem Leichnam allein,
und da derſelbe auf ſeine Verdammungen weiter nichts
antworten konnte, ſo gieng er auch hinaus. Als er
uͤber den Hausflur gieng, machte Franz zwey große
Kreuze vor ſich, und ſpie ihm nach.

Zwoͤlfter Abſchnitt.

Herr F. und Sebaldus lebten nun den Winter
uͤber ſehr eingezogen. Jhre Unterhaltung,
die durch die Geſellſchaft des Majors ſonſt mannich-
faltiger geweſen war, ward nun viel einfoͤrmiger.
Sie beſtand mehrentheils aus gelehrten Unterredun-
gen, welche aber ſehr bald das gewoͤhnliche Schick-
ſal gelehrter Unterredungen unter vier Augen hatten,
die weniger gemeinnuͤtzig und lehrreich werden, wenn
jeder dem andern ſein eigenes Steckenpferd vorreiten
will. Herr F. hatte ſich auf den Senſus kommu-
nis
ein Lehrgebaͤude der Sittenlehre und der natuͤr-
lichen Thelogie gebauet, welches dem Sebaldus gar
nicht einleuchten wollte, als welcher ſeine Ethik, als

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[128/0138] ſich uͤber ſolche Laͤſterungen; und da der Prediger fortfuhr, den Pabſt den Antichriſt zu nennen, ſchalt er ihn eine ketzeriſche Beſtie, und lief zur Thuͤr hinaus. Der Prediger blieb alſo bey dem Leichnam allein, und da derſelbe auf ſeine Verdammungen weiter nichts antworten konnte, ſo gieng er auch hinaus. Als er uͤber den Hausflur gieng, machte Franz zwey große Kreuze vor ſich, und ſpie ihm nach. Zwoͤlfter Abſchnitt. Herr F. und Sebaldus lebten nun den Winter uͤber ſehr eingezogen. Jhre Unterhaltung, die durch die Geſellſchaft des Majors ſonſt mannich- faltiger geweſen war, ward nun viel einfoͤrmiger. Sie beſtand mehrentheils aus gelehrten Unterredun- gen, welche aber ſehr bald das gewoͤhnliche Schick- ſal gelehrter Unterredungen unter vier Augen hatten, die weniger gemeinnuͤtzig und lehrreich werden, wenn jeder dem andern ſein eigenes Steckenpferd vorreiten will. Herr F. hatte ſich auf den Senſus kommu- nis ein Lehrgebaͤude der Sittenlehre und der natuͤr- lichen Thelogie gebauet, welches dem Sebaldus gar nicht einleuchten wollte, als welcher ſeine Ethik, als ein

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/138>, abgerufen am 20.11.2024.