sinnigen Franzosen und Engländer, noch keine bessere Benennung haben finden können, als daß sie die Jn- haber eines solchen Postens, Schlangen- und Krö- tenesser*) nennen.
Zweyter Abschnitt.
Es ist leicht zu erachten, daß, da der Herr Vetter, der doch von guter Familie war, sich gegen das hochadeliche Paar so gefällig bezeigte, man von Ma- rianen, eben so viel, wo nicht mehr Gefälligkeit wer- de verlangt haben, und wie hart dies anfänglich einer Person vorgekommen seyn müsse, die in der glückli- chen Unabhängigkeit erzogen worden war, daß sie seit ihrer ersten Kindheit an, von nichts als von ihrer eigenen Vernunft, und von der Vernunft und der Liebe zärt- licher Eltern abhängig gewesen war. Das unschätz- bare Glück der Unabhängigkeit ist durch keine an- dere Vortheile zu ersetzen. Man mag von dem mäch- tigsten, von dem reichsten Manne, ja, selbst von sei- nem eigenen Freunde abhängen, so fühlt man die Fes- seln, sie mögen noch so weit losgelassen, und noch so schön geschmückt seyn. Wem das Schicksal die Un- abhängigkeit versagt, der mache sich gefaßt, einigen
der
*)Avaleurs de Coleuvres -- Toad-eaters
ſinnigen Franzoſen und Englaͤnder, noch keine beſſere Benennung haben finden koͤnnen, als daß ſie die Jn- haber eines ſolchen Poſtens, Schlangen- und Kroͤ- teneſſer*) nennen.
Zweyter Abſchnitt.
Es iſt leicht zu erachten, daß, da der Herr Vetter, der doch von guter Familie war, ſich gegen das hochadeliche Paar ſo gefaͤllig bezeigte, man von Ma- rianen, eben ſo viel, wo nicht mehr Gefaͤlligkeit wer- de verlangt haben, und wie hart dies anfaͤnglich einer Perſon vorgekommen ſeyn muͤſſe, die in der gluͤckli- chen Unabhaͤngigkeit erzogen worden war, daß ſie ſeit ihrer erſten Kindheit an, von nichts als von ihrer eigenen Vernunft, und von der Vernunft und der Liebe zaͤrt- licher Eltern abhaͤngig geweſen war. Das unſchaͤtz- bare Gluͤck der Unabhaͤngigkeit iſt durch keine an- dere Vortheile zu erſetzen. Man mag von dem maͤch- tigſten, von dem reichſten Manne, ja, ſelbſt von ſei- nem eigenen Freunde abhaͤngen, ſo fuͤhlt man die Feſ- ſeln, ſie moͤgen noch ſo weit losgelaſſen, und noch ſo ſchoͤn geſchmuͤckt ſeyn. Wem das Schickſal die Un- abhaͤngigkeit verſagt, der mache ſich gefaßt, einigen
der
*)Avaleurs de Coleuvres — Toad-eaters
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0198"n="172"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>ſinnigen Franzoſen und Englaͤnder, noch keine beſſere<lb/>
Benennung haben finden koͤnnen, als daß ſie die Jn-<lb/>
haber eines ſolchen Poſtens, <hirendition="#fr">Schlangen- und Kroͤ-<lb/>
teneſſer</hi><noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#aq">Avaleurs de Coleuvres — Toad-eaters</hi></note> nennen.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Zweyter Abſchnitt.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>s iſt leicht zu erachten, daß, da der Herr Vetter,<lb/>
der doch von guter Familie war, ſich gegen das<lb/>
hochadeliche Paar ſo gefaͤllig bezeigte, man von <hirendition="#fr">Ma-<lb/>
rianen,</hi> eben ſo viel, wo nicht mehr Gefaͤlligkeit wer-<lb/>
de verlangt haben, und wie hart dies anfaͤnglich einer<lb/>
Perſon vorgekommen ſeyn muͤſſe, die in der gluͤckli-<lb/>
chen Unabhaͤngigkeit erzogen worden war, daß ſie ſeit<lb/>
ihrer erſten Kindheit an, von nichts als von ihrer eigenen<lb/>
Vernunft, und von der Vernunft und der Liebe zaͤrt-<lb/>
licher Eltern abhaͤngig geweſen war. Das unſchaͤtz-<lb/>
bare Gluͤck der Unabhaͤngigkeit iſt durch keine an-<lb/>
dere Vortheile zu erſetzen. Man mag von dem maͤch-<lb/>
tigſten, von dem reichſten Manne, ja, ſelbſt von ſei-<lb/>
nem eigenen Freunde abhaͤngen, ſo fuͤhlt man die Feſ-<lb/>ſeln, ſie moͤgen noch ſo weit losgelaſſen, und noch<lb/>ſo ſchoͤn geſchmuͤckt ſeyn. Wem das Schickſal die Un-<lb/>
abhaͤngigkeit verſagt, der mache ſich gefaßt, einigen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">der</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[172/0198]
ſinnigen Franzoſen und Englaͤnder, noch keine beſſere
Benennung haben finden koͤnnen, als daß ſie die Jn-
haber eines ſolchen Poſtens, Schlangen- und Kroͤ-
teneſſer *) nennen.
Zweyter Abſchnitt.
Es iſt leicht zu erachten, daß, da der Herr Vetter,
der doch von guter Familie war, ſich gegen das
hochadeliche Paar ſo gefaͤllig bezeigte, man von Ma-
rianen, eben ſo viel, wo nicht mehr Gefaͤlligkeit wer-
de verlangt haben, und wie hart dies anfaͤnglich einer
Perſon vorgekommen ſeyn muͤſſe, die in der gluͤckli-
chen Unabhaͤngigkeit erzogen worden war, daß ſie ſeit
ihrer erſten Kindheit an, von nichts als von ihrer eigenen
Vernunft, und von der Vernunft und der Liebe zaͤrt-
licher Eltern abhaͤngig geweſen war. Das unſchaͤtz-
bare Gluͤck der Unabhaͤngigkeit iſt durch keine an-
dere Vortheile zu erſetzen. Man mag von dem maͤch-
tigſten, von dem reichſten Manne, ja, ſelbſt von ſei-
nem eigenen Freunde abhaͤngen, ſo fuͤhlt man die Feſ-
ſeln, ſie moͤgen noch ſo weit losgelaſſen, und noch
ſo ſchoͤn geſchmuͤckt ſeyn. Wem das Schickſal die Un-
abhaͤngigkeit verſagt, der mache ſich gefaßt, einigen
der
*) Avaleurs de Coleuvres — Toad-eaters
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/198>, abgerufen am 23.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.