Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite


Drittes Buch.
Erster Abschnitt.

Sobald Mariane nebst ihrem französischen Na-
men auf dem Wohnsitze des Herrn von Ho-
henauf
angelangt war, war die gute französische Aus-
sprache die erste Sache wonach gefragt ward. Die
gnädige Frau, die sehr füglich darüber urtheilen konnte,
weil sie selbst mit einem angenehm gemischten halb thü-
ringischen halb wetterauischen Accente französisch sprach,
erklärte nach einer viertelstündigen Unterredung, daß
Marianens Aussprache ohne Tadel sey, und fragte
ihren neben ihr sitzenden Gemahl "ob sich nicht gleich
"die Aussprache einer gebohrnen Französinn, von der
"Aussprache einer Deutschen durch ein gewisses je ne
"sai quoi
unterscheide?" welches dieser, den seine Ge-
mahlinn schon seit den ersten Tagen ihrer Vermählung
gewöhnt hatte, alles was sie mit einem gewissen Tone
fragte, zu bejahen, mit einem deutlichen: "Aller-
"dings!" bekräftigte.

Nun
L 3


Drittes Buch.
Erſter Abſchnitt.

Sobald Mariane nebſt ihrem franzoͤſiſchen Na-
men auf dem Wohnſitze des Herrn von Ho-
henauf
angelangt war, war die gute franzoͤſiſche Aus-
ſprache die erſte Sache wonach gefragt ward. Die
gnaͤdige Frau, die ſehr fuͤglich daruͤber urtheilen konnte,
weil ſie ſelbſt mit einem angenehm gemiſchten halb thuͤ-
ringiſchen halb wetterauiſchen Accente franzoͤſiſch ſprach,
erklaͤrte nach einer viertelſtuͤndigen Unterredung, daß
Marianens Ausſprache ohne Tadel ſey, und fragte
ihren neben ihr ſitzenden Gemahl „ob ſich nicht gleich
„die Ausſprache einer gebohrnen Franzoͤſinn, von der
„Ausſprache einer Deutſchen durch ein gewiſſes je ne
„ſai quoi
unterſcheide?‟ welches dieſer, den ſeine Ge-
mahlinn ſchon ſeit den erſten Tagen ihrer Vermaͤhlung
gewoͤhnt hatte, alles was ſie mit einem gewiſſen Tone
fragte, zu bejahen, mit einem deutlichen: „Aller-
„dings!‟ bekraͤftigte.

Nun
L 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0191" n="165"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Drittes Buch.</hi> </hi> </head><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Er&#x017F;ter Ab&#x017F;chnitt.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">S</hi>obald <hi rendition="#fr">Mariane</hi> neb&#x017F;t ihrem franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Na-<lb/>
men auf dem Wohn&#x017F;itze des Herrn von <hi rendition="#fr">Ho-<lb/>
henauf</hi> angelangt war, war die gute franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Aus-<lb/>
&#x017F;prache die er&#x017F;te Sache wonach gefragt ward. Die<lb/>
gna&#x0364;dige Frau, die &#x017F;ehr fu&#x0364;glich daru&#x0364;ber urtheilen konnte,<lb/>
weil &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t mit einem angenehm gemi&#x017F;chten halb thu&#x0364;-<lb/>
ringi&#x017F;chen halb wetteraui&#x017F;chen Accente franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch &#x017F;prach,<lb/>
erkla&#x0364;rte nach einer viertel&#x017F;tu&#x0364;ndigen Unterredung, daß<lb/><hi rendition="#fr">Marianens</hi> Aus&#x017F;prache ohne Tadel &#x017F;ey, und fragte<lb/>
ihren neben ihr &#x017F;itzenden Gemahl &#x201E;ob &#x017F;ich nicht gleich<lb/>
&#x201E;die Aus&#x017F;prache einer gebohrnen Franzo&#x0364;&#x017F;inn, von der<lb/>
&#x201E;Aus&#x017F;prache einer Deut&#x017F;chen durch ein gewi&#x017F;&#x017F;es <hi rendition="#aq">je ne<lb/>
&#x201E;&#x017F;ai quoi</hi> unter&#x017F;cheide?&#x201F; welches die&#x017F;er, den &#x017F;eine Ge-<lb/>
mahlinn &#x017F;chon &#x017F;eit den er&#x017F;ten Tagen ihrer Verma&#x0364;hlung<lb/>
gewo&#x0364;hnt hatte, alles was &#x017F;ie mit einem gewi&#x017F;&#x017F;en Tone<lb/>
fragte, zu bejahen, mit einem deutlichen: &#x201E;Aller-<lb/>
&#x201E;dings!&#x201F; bekra&#x0364;ftigte.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">L 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Nun</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0191] Drittes Buch. Erſter Abſchnitt. Sobald Mariane nebſt ihrem franzoͤſiſchen Na- men auf dem Wohnſitze des Herrn von Ho- henauf angelangt war, war die gute franzoͤſiſche Aus- ſprache die erſte Sache wonach gefragt ward. Die gnaͤdige Frau, die ſehr fuͤglich daruͤber urtheilen konnte, weil ſie ſelbſt mit einem angenehm gemiſchten halb thuͤ- ringiſchen halb wetterauiſchen Accente franzoͤſiſch ſprach, erklaͤrte nach einer viertelſtuͤndigen Unterredung, daß Marianens Ausſprache ohne Tadel ſey, und fragte ihren neben ihr ſitzenden Gemahl „ob ſich nicht gleich „die Ausſprache einer gebohrnen Franzoͤſinn, von der „Ausſprache einer Deutſchen durch ein gewiſſes je ne „ſai quoi unterſcheide?‟ welches dieſer, den ſeine Ge- mahlinn ſchon ſeit den erſten Tagen ihrer Vermaͤhlung gewoͤhnt hatte, alles was ſie mit einem gewiſſen Tone fragte, zu bejahen, mit einem deutlichen: „Aller- „dings!‟ bekraͤftigte. Nun L 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/191
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/191>, abgerufen am 21.12.2024.