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Neumark, Georg: Poetisch- und Musikalisches Lustwäldchen. Hamburg, 1652.

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Poetisch- und Musikalisches Lust-
Denkreime
Des grossen Unglükks und Hauß-
kreutzes

Womit Gott den Herrn Jacob Mey-
ermann meinen lieben Dischwirth den 21.
Brachmonatstag des 1650sten Jahres
hart/ doch väterlich heimmgesuchet/ | in dem er nicht
allein eine ziemliche Zeit an der Gliederkrankheit
gelegen/ sondern auch sein einiger Sohn Daniel

von 10. Jahren und 6. Mohnat einen überauß schweren
und fast tödlichen Fall vom Hinterhause drey
Stokkwerk hoch hinunter auf das har-
te Pflaster gethan.

JCh wil dirs gern gestehn/ Amfion/ daß die Schmertzen
Die du mit grossem Leid' in deinem Vaterhertzen
Als tausend Wunden fühlst/ fast unerträglich sind:
Jch gläub es Hekuba/ daß dich dein liebes Kind
Dein Polidorus schmertzt; auch kan ich leicht gedenken
Daß es Antikle dich nicht wenig nur muß kränken/
Wenn dir zu Ohren kömmt/ zwar durch ein falsch Ge-
schrey/
Als wenn vor Troja dort dein Sohn geblieben sey
Dein liebster Sohn Ulyß. Es mag sich so verhalten/
Jch geb' es gerne nach daß euch die Hertzen spalten
Vor grossem ach und weh. Doch schweigt anitzo still'
Und hört ein wenig zu was ich erzehlen wil.
Dann sprecht das Urtheil selbst ob ihr nicht müsset weichen
Was Wehmuhtanbelangt? ob euch nicht sey zugleichen
Frau Me[ye]rmannin Angst und ihres Liebstens Leid;
So ihm den kalten Tod bey nahe zugetreut:
Der beyden einger Sohn/ der wie die Rose pranget/
Und der die helffte kaum vom elfften Jahr' erlanget/
Geht ungefehr allein auß antrieb seiner Lust
Jns Oberhauß hinauf des Unglüks unbewust
(Denn
Poetiſch- und Muſikaliſches Luſt-
Denkreime
Des groſſen Ungluͤkks und Hauß-
kreutzes

Womit Gott den Herrn Jacob Mey-
ermann meinen lieben Diſchwirth den 21.
Brachmonatstag des 1650ſten Jahres
hart/ doch vaͤterlich heim̃geſuchet/ | in dem er nicht
allein eine ziemliche Zeit an der Gliederkrankheit
gelegen/ ſondern auch ſein einiger Sohn Daniel

von 10. Jahren und 6. Mohnat einen uͤberauß ſchweren
und faſt toͤdlichen Fall vom Hinterhauſe drey
Stokkwerk hoch hinunter auf das har-
te Pflaſter gethan.

JCh wil dirs gern geſtehn/ Amfion/ daß die Schmertzen
Die du mit groſſem Leid’ in deinem Vaterhertzen
Als tauſend Wunden fuͤhlſt/ faſt unertraͤglich ſind:
Jch glaͤub es Hekuba/ daß dich dein liebes Kind
Dein Polidorus ſchmertzt; auch kan ich leicht gedenken
Daß es Antikle dich nicht wenig nur muß kraͤnken/
Wenn dir zu Ohren koͤmmt/ zwar durch ein falſch Ge-
ſchrey/
Als wenn vor Troja dort dein Sohn geblieben ſey
Dein liebſter Sohn Ulyß. Es mag ſich ſo verhalten/
Jch geb’ es gerne nach daß euch die Hertzen ſpalten
Vor groſſem ach und weh. Doch ſchweigt anitzo ſtill’
Und hoͤrt ein wenig zu was ich erzehlen wil.
Dann ſprecht das Urtheil ſelbſt ob ihr nicht muͤſſet weichen
Was Wehmuhtanbelangt? ob euch nicht ſey zugleichen
Frau Me[ye]rmannin Angſt und ihres Liebſtens Leid;
So ihm den kalten Tod bey nahe zugetreut:
Der beyden einger Sohn/ der wie die Roſe pranget/
Und der die helffte kaum vom elfften Jahr’ erlanget/
Geht ungefehr allein auß antrieb ſeiner Luſt
Jns Oberhauß hinauf des Ungluͤks unbewuſt
(Denn
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[192[202]/0228] Poetiſch- und Muſikaliſches Luſt- Denkreime Des groſſen Ungluͤkks und Hauß- kreutzes Womit Gott den Herrn Jacob Mey- ermann meinen lieben Diſchwirth den 21. Brachmonatstag des 1650ſten Jahres hart/ doch vaͤterlich heim̃geſuchet/ | in dem er nicht allein eine ziemliche Zeit an der Gliederkrankheit gelegen/ ſondern auch ſein einiger Sohn Daniel von 10. Jahren und 6. Mohnat einen uͤberauß ſchweren und faſt toͤdlichen Fall vom Hinterhauſe drey Stokkwerk hoch hinunter auf das har- te Pflaſter gethan. JCh wil dirs gern geſtehn/ Amfion/ daß die Schmertzen Die du mit groſſem Leid’ in deinem Vaterhertzen Als tauſend Wunden fuͤhlſt/ faſt unertraͤglich ſind: Jch glaͤub es Hekuba/ daß dich dein liebes Kind Dein Polidorus ſchmertzt; auch kan ich leicht gedenken Daß es Antikle dich nicht wenig nur muß kraͤnken/ Wenn dir zu Ohren koͤmmt/ zwar durch ein falſch Ge- ſchrey/ Als wenn vor Troja dort dein Sohn geblieben ſey Dein liebſter Sohn Ulyß. Es mag ſich ſo verhalten/ Jch geb’ es gerne nach daß euch die Hertzen ſpalten Vor groſſem ach und weh. Doch ſchweigt anitzo ſtill’ Und hoͤrt ein wenig zu was ich erzehlen wil. Dann ſprecht das Urtheil ſelbſt ob ihr nicht muͤſſet weichen Was Wehmuhtanbelangt? ob euch nicht ſey zugleichen Frau Meyermannin Angſt und ihres Liebſtens Leid; So ihm den kalten Tod bey nahe zugetreut: Der beyden einger Sohn/ der wie die Roſe pranget/ Und der die helffte kaum vom elfften Jahr’ erlanget/ Geht ungefehr allein auß antrieb ſeiner Luſt Jns Oberhauß hinauf des Ungluͤks unbewuſt (Denn

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Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch- und Musikalisches Lustwäldchen. Hamburg, 1652, S. 192[202]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustwaeldchen_1652/228>, abgerufen am 21.11.2024.