lich des ganzen Gemeinlebens zu einer höheren Stufe der Voll- endung zu bringen.
Alles in allem ist die sittliche Wirkung auch der Ver- standesbelehrung, die unmittelbar das Sittliche selbst zum Gegenstand hat, an dieselben Voraussetzungen gebunden wie alle sittliche Wirkung der Intellektbildung; sie ist überdies angewiesen auf das Zusammenwirken mit allem, was die Bil- dung des Intellekts von sonstigen Seiten her zur Willens- erziehung beiträgt. Sie ist erst der letzte, bedingteste Faktor der Willensbildung, aber für ihren Abschluss unentbehrlich. Diese Bedingtheit ihrer Wirkung schmälert nicht die Würde der sittlichen Lehre; aber ihre Würde darf auch nicht darüber täuschen, dass eine unmittelbare und gar unfehlbare Wirkung auf die Versittlichung des Menschen von ihr nicht zu er- warten ist.
Was sonst noch die philosophische Bildung in Absicht der Willenserziehung leisten kann, betrifft die beiden Gebiete, deren Betrachtung uns noch übrig bleibt: das ästhetische und das religiöse.
§ 32. Anteil der ästhetischen Bildung an der Willenserziehung.
Natur und Sittenwelt, das was ist und was sein soll, das sichtbare und das unsichtbare Reich, gleichsam Erde und Himmel des Bewusstseins -- was sollte es darüber noch geben, das ein Gegenstand menschlicher Bildung wäre? Und doch bleiben grosse Provinzen, vielleicht die herrlichsten, noch übrig: das Reich des ästhetischen und das des religiösen Bewusst- seins. Wie verhalten sich diese zum Reiche des Willens oder des sittlichen Bewusstseins, und welcher Anteil gebührt dem- gemäss der ästhetischen, der religiösen Bildung an der Erzieh- ung des Willens?
Die ästhetische Welt stellt sich dar als eine neue Welt von Objekten; nicht Naturobjekten, denn alles Aesthe- tische ist Phantasie, es erhebt nicht den Anspruch der Wahr- heit, wenigstens nicht der Wahrheit im Sinne der Naturwirk- lichkeit; aber auch nicht sittlicher Objekte, denn es bean-
lich des ganzen Gemeinlebens zu einer höheren Stufe der Voll- endung zu bringen.
Alles in allem ist die sittliche Wirkung auch der Ver- standesbelehrung, die unmittelbar das Sittliche selbst zum Gegenstand hat, an dieselben Voraussetzungen gebunden wie alle sittliche Wirkung der Intellektbildung; sie ist überdies angewiesen auf das Zusammenwirken mit allem, was die Bil- dung des Intellekts von sonstigen Seiten her zur Willens- erziehung beiträgt. Sie ist erst der letzte, bedingteste Faktor der Willensbildung, aber für ihren Abschluss unentbehrlich. Diese Bedingtheit ihrer Wirkung schmälert nicht die Würde der sittlichen Lehre; aber ihre Würde darf auch nicht darüber täuschen, dass eine unmittelbare und gar unfehlbare Wirkung auf die Versittlichung des Menschen von ihr nicht zu er- warten ist.
Was sonst noch die philosophische Bildung in Absicht der Willenserziehung leisten kann, betrifft die beiden Gebiete, deren Betrachtung uns noch übrig bleibt: das ästhetische und das religiöse.
§ 32. Anteil der ästhetischen Bildung an der Willenserziehung.
Natur und Sittenwelt, das was ist und was sein soll, das sichtbare und das unsichtbare Reich, gleichsam Erde und Himmel des Bewusstseins — was sollte es darüber noch geben, das ein Gegenstand menschlicher Bildung wäre? Und doch bleiben grosse Provinzen, vielleicht die herrlichsten, noch übrig: das Reich des ästhetischen und das des religiösen Bewusst- seins. Wie verhalten sich diese zum Reiche des Willens oder des sittlichen Bewusstseins, und welcher Anteil gebührt dem- gemäss der ästhetischen, der religiösen Bildung an der Erzieh- ung des Willens?
Die ästhetische Welt stellt sich dar als eine neue Welt von Objekten; nicht Naturobjekten, denn alles Aesthe- tische ist Phantasie, es erhebt nicht den Anspruch der Wahr- heit, wenigstens nicht der Wahrheit im Sinne der Naturwirk- lichkeit; aber auch nicht sittlicher Objekte, denn es bean-
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[311/0327]
lich des ganzen Gemeinlebens zu einer höheren Stufe der Voll-
endung zu bringen.
Alles in allem ist die sittliche Wirkung auch der Ver-
standesbelehrung, die unmittelbar das Sittliche selbst zum
Gegenstand hat, an dieselben Voraussetzungen gebunden wie
alle sittliche Wirkung der Intellektbildung; sie ist überdies
angewiesen auf das Zusammenwirken mit allem, was die Bil-
dung des Intellekts von sonstigen Seiten her zur Willens-
erziehung beiträgt. Sie ist erst der letzte, bedingteste Faktor
der Willensbildung, aber für ihren Abschluss unentbehrlich.
Diese Bedingtheit ihrer Wirkung schmälert nicht die Würde
der sittlichen Lehre; aber ihre Würde darf auch nicht darüber
täuschen, dass eine unmittelbare und gar unfehlbare Wirkung
auf die Versittlichung des Menschen von ihr nicht zu er-
warten ist.
Was sonst noch die philosophische Bildung in Absicht
der Willenserziehung leisten kann, betrifft die beiden Gebiete,
deren Betrachtung uns noch übrig bleibt: das ästhetische
und das religiöse.
§ 32.
Anteil der ästhetischen Bildung an der Willenserziehung.
Natur und Sittenwelt, das was ist und was sein soll, das
sichtbare und das unsichtbare Reich, gleichsam Erde und
Himmel des Bewusstseins — was sollte es darüber noch geben,
das ein Gegenstand menschlicher Bildung wäre? Und doch
bleiben grosse Provinzen, vielleicht die herrlichsten, noch übrig:
das Reich des ästhetischen und das des religiösen Bewusst-
seins. Wie verhalten sich diese zum Reiche des Willens oder
des sittlichen Bewusstseins, und welcher Anteil gebührt dem-
gemäss der ästhetischen, der religiösen Bildung an der Erzieh-
ung des Willens?
Die ästhetische Welt stellt sich dar als eine neue
Welt von Objekten; nicht Naturobjekten, denn alles Aesthe-
tische ist Phantasie, es erhebt nicht den Anspruch der Wahr-
heit, wenigstens nicht der Wahrheit im Sinne der Naturwirk-
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/327>, abgerufen am 22.12.2024.
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