Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761.XXII. Brief. Herr Bornseil, Er ist ein ehrlicher Mann, das ist außer allem Zweifel, und wenn er es auch nicht wäre, so könnte er dennoch den Gefallen erweisen, darum ich ihn geziemend hierdurch ersuche. Ich weiß, daß er ehedem bei dem Herrn v. W. als Verwalter in Diensten gestanden hat, und ich habe ihn da wohl gekannt, er trug immer einen grünen Rock mit spitzigen silbernen Knöpfen und einen blauen Brustlatz. Ob er nun gleich nicht mehr in Wilmershausen wohnet; so hat er doch noch, wie ich höre, einen freien Zugang auf den Edelhof. Denn er ist nicht wie ein Schelm fortgejaget worden, sondern böse Leute haben ihm eines bei dem gnädigen Herrn versetzt, daß er sein Stückgen Brod verlohren hat. Jetzo hält er sich, sagt man, zu Schönthal auf, und der Herr Baron v. F. XXII. Brief. Herr Bornseil, Er ist ein ehrlicher Mann, das ist außer allem Zweifel, und wenn er es auch nicht wäre, so könnte er dennoch den Gefallen erweisen, darum ich ihn geziemend hierdurch ersuche. Ich weiß, daß er ehedem bei dem Herrn v. W. als Verwalter in Diensten gestanden hat, und ich habe ihn da wohl gekannt, er trug immer einen grünen Rock mit spitzigen silbernen Knöpfen und einen blauen Brustlatz. Ob er nun gleich nicht mehr in Wilmershausen wohnet; so hat er doch noch, wie ich höre, einen freien Zugang auf den Edelhof. Denn er ist nicht wie ein Schelm fortgejaget worden, sondern böse Leute haben ihm eines bei dem gnädigen Herrn versetzt, daß er sein Stückgen Brod verlohren hat. Jetzo hält er sich, sagt man, zu Schönthal auf, und der Herr Baron v. F. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0249" n="247"/> <div type="letter" n="1"> <head> <hi rendition="#fr">XXII. Brief.</hi> </head> <opener> <salute> <hi rendition="#fr">Herr Bornseil,</hi> </salute> </opener> <p>Er ist ein ehrlicher Mann, das ist außer allem Zweifel, und wenn er es auch nicht wäre, so könnte er dennoch den Gefallen erweisen, darum ich ihn geziemend hierdurch ersuche. Ich weiß, daß er ehedem bei dem Herrn v. W. als Verwalter in Diensten gestanden hat, und ich habe ihn da wohl gekannt, er trug immer einen grünen Rock mit spitzigen silbernen Knöpfen und einen blauen Brustlatz. Ob er nun gleich nicht mehr in Wilmershausen wohnet; so hat er doch noch, wie ich höre, einen freien Zugang auf den Edelhof. Denn er ist nicht wie ein Schelm fortgejaget worden, sondern böse Leute haben ihm eines bei dem gnädigen Herrn versetzt, daß er sein Stückgen Brod verlohren hat. Jetzo hält er sich, sagt man, zu Schönthal auf, und der Herr Baron v. F. </p> </div> </body> </text> </TEI> [247/0249]
XXII. Brief. Herr Bornseil, Er ist ein ehrlicher Mann, das ist außer allem Zweifel, und wenn er es auch nicht wäre, so könnte er dennoch den Gefallen erweisen, darum ich ihn geziemend hierdurch ersuche. Ich weiß, daß er ehedem bei dem Herrn v. W. als Verwalter in Diensten gestanden hat, und ich habe ihn da wohl gekannt, er trug immer einen grünen Rock mit spitzigen silbernen Knöpfen und einen blauen Brustlatz. Ob er nun gleich nicht mehr in Wilmershausen wohnet; so hat er doch noch, wie ich höre, einen freien Zugang auf den Edelhof. Denn er ist nicht wie ein Schelm fortgejaget worden, sondern böse Leute haben ihm eines bei dem gnädigen Herrn versetzt, daß er sein Stückgen Brod verlohren hat. Jetzo hält er sich, sagt man, zu Schönthal auf, und der Herr Baron v. F.
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