genschaft von nichts als von meinen Eltern geträumt, die ich doch lange nicht gesehen hatte. Jch glaubte im- mer in ihrem Hause und in ihrer Gesellschaft zu seyn, und viele Begebenheiten meiner Jugend, die ich in ihrer Ge- genwart erlebt habe, stellten sich mir wieder vor Augen.
Neun und zwanzigste Unterredung, den 20sten April.
Die Anwendung der in der letztern Unterredung vorge- tragener Erwartungen von dem Heil der Ewigkeit auf den Grafen zu machen, war dieß mahl meine Haupt- absicht. Jch erinnerte ihn also, daß er, als ein Erlöster Jesu Christi, der auch an ihn glaube und sich ernstlich bemühe, seine Gesinnungen und noch möglichen Hand- lungen nach dem Wohlgefallen Gottes einzurichten, eine gegründete Hoffnung zu aller dieser Seeligkeit habe.
Sie haben die sinnliche Freude, sagte ich hierauf, in dieser Welt geliebt. Sie ist hier die Ursache Jhres Verderbens geworden, weil Sie sich durch Jhre Begierde nach ihr zum Jrrthum und zur Sünde haben verleiten lassen. Diese Verführung werden Sie dort nicht zu be- fürchten haben. Sie werden ihr Vergnügen nicht in Din- gen suchen, deren Genuß Sie unglücklich machen kann. Der unerschöpfliche Reichthum der Schönheit in den Wer- ken Gottes würde allein schon Jhre Sinne auf die edelste Art beschäfftigen, und Jhnen ewig eine Quelle der rein- sten Freude seyn. Die Erkenntniß der Werke Gottes in der Natur, antwortete er, hat mir hier schon, so oft ich sie gesucht und gefunden habe, viel Vergnügen verursacht. Sie ist die einzige Ursache gewesen, die mich vom Atheis- mus, zu dem ich sonst gewiß auch verfallen seyn würde, zurückgehalten hat.
Sie haben, fuhr ich fort, wenn es nicht eher ge- schehen ist, doch gewiß hier in Jhrem Gefängnisse empfun-
den,
genſchaft von nichts als von meinen Eltern getraͤumt, die ich doch lange nicht geſehen hatte. Jch glaubte im- mer in ihrem Hauſe und in ihrer Geſellſchaft zu ſeyn, und viele Begebenheiten meiner Jugend, die ich in ihrer Ge- genwart erlebt habe, ſtellten ſich mir wieder vor Augen.
Neun und zwanzigſte Unterredung, den 20ſten April.
Die Anwendung der in der letztern Unterredung vorge- tragener Erwartungen von dem Heil der Ewigkeit auf den Grafen zu machen, war dieß mahl meine Haupt- abſicht. Jch erinnerte ihn alſo, daß er, als ein Erloͤſter Jeſu Chriſti, der auch an ihn glaube und ſich ernſtlich bemuͤhe, ſeine Geſinnungen und noch moͤglichen Hand- lungen nach dem Wohlgefallen Gottes einzurichten, eine gegruͤndete Hoffnung zu aller dieſer Seeligkeit habe.
Sie haben die ſinnliche Freude, ſagte ich hierauf, in dieſer Welt geliebt. Sie iſt hier die Urſache Jhres Verderbens geworden, weil Sie ſich durch Jhre Begierde nach ihr zum Jrrthum und zur Suͤnde haben verleiten laſſen. Dieſe Verfuͤhrung werden Sie dort nicht zu be- fuͤrchten haben. Sie werden ihr Vergnuͤgen nicht in Din- gen ſuchen, deren Genuß Sie ungluͤcklich machen kann. Der unerſchoͤpfliche Reichthum der Schoͤnheit in den Wer- ken Gottes wuͤrde allein ſchon Jhre Sinne auf die edelſte Art beſchaͤfftigen, und Jhnen ewig eine Quelle der rein- ſten Freude ſeyn. Die Erkenntniß der Werke Gottes in der Natur, antwortete er, hat mir hier ſchon, ſo oft ich ſie geſucht und gefunden habe, viel Vergnuͤgen verurſacht. Sie iſt die einzige Urſache geweſen, die mich vom Atheis- mus, zu dem ich ſonſt gewiß auch verfallen ſeyn wuͤrde, zuruͤckgehalten hat.
Sie haben, fuhr ich fort, wenn es nicht eher ge- ſchehen iſt, doch gewiß hier in Jhrem Gefaͤngniſſe empfun-
den,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbn="232"facs="#f0244"/><milestoneunit="section"rendition="#hr"/><lb/>
genſchaft von nichts als von meinen Eltern getraͤumt,<lb/>
die ich doch lange nicht geſehen hatte. Jch glaubte im-<lb/>
mer in ihrem Hauſe und in ihrer Geſellſchaft zu ſeyn, und<lb/>
viele Begebenheiten meiner Jugend, die ich in ihrer Ge-<lb/>
genwart erlebt habe, ſtellten ſich mir wieder vor Augen.</p></div><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b">Neun und zwanzigſte Unterredung, den<lb/>
20ſten April.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>ie Anwendung der in der letztern Unterredung vorge-<lb/>
tragener Erwartungen von dem Heil der Ewigkeit<lb/>
auf den Grafen zu machen, war dieß mahl meine Haupt-<lb/>
abſicht. Jch erinnerte ihn alſo, daß er, als ein Erloͤſter<lb/>
Jeſu Chriſti, der auch an ihn glaube und ſich ernſtlich<lb/>
bemuͤhe, ſeine Geſinnungen und noch moͤglichen Hand-<lb/>
lungen nach dem Wohlgefallen Gottes einzurichten, eine<lb/>
gegruͤndete Hoffnung zu aller dieſer Seeligkeit habe.</p><lb/><p>Sie haben die ſinnliche Freude, ſagte ich hierauf,<lb/>
in dieſer Welt geliebt. Sie iſt hier die Urſache Jhres<lb/>
Verderbens geworden, weil Sie ſich durch Jhre Begierde<lb/>
nach ihr zum Jrrthum und zur Suͤnde haben verleiten<lb/>
laſſen. Dieſe Verfuͤhrung werden Sie dort nicht zu be-<lb/>
fuͤrchten haben. Sie werden ihr Vergnuͤgen nicht in Din-<lb/>
gen ſuchen, deren Genuß Sie ungluͤcklich machen kann.<lb/>
Der unerſchoͤpfliche Reichthum der Schoͤnheit in den Wer-<lb/>
ken Gottes wuͤrde allein ſchon Jhre Sinne auf die edelſte<lb/>
Art beſchaͤfftigen, und Jhnen ewig eine Quelle der rein-<lb/>ſten Freude ſeyn. Die Erkenntniß der Werke Gottes in<lb/>
der Natur, antwortete er, hat mir hier ſchon, ſo oft ich<lb/>ſie geſucht und gefunden habe, viel Vergnuͤgen verurſacht.<lb/>
Sie iſt die einzige Urſache geweſen, die mich vom Atheis-<lb/>
mus, zu dem ich ſonſt gewiß auch verfallen ſeyn wuͤrde,<lb/>
zuruͤckgehalten hat.</p><lb/><p>Sie haben, fuhr ich fort, wenn es nicht eher ge-<lb/>ſchehen iſt, doch gewiß hier in Jhrem Gefaͤngniſſe empfun-<lb/><fwtype="catch"place="bottom">den,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[232/0244]
genſchaft von nichts als von meinen Eltern getraͤumt,
die ich doch lange nicht geſehen hatte. Jch glaubte im-
mer in ihrem Hauſe und in ihrer Geſellſchaft zu ſeyn, und
viele Begebenheiten meiner Jugend, die ich in ihrer Ge-
genwart erlebt habe, ſtellten ſich mir wieder vor Augen.
Neun und zwanzigſte Unterredung, den
20ſten April.
Die Anwendung der in der letztern Unterredung vorge-
tragener Erwartungen von dem Heil der Ewigkeit
auf den Grafen zu machen, war dieß mahl meine Haupt-
abſicht. Jch erinnerte ihn alſo, daß er, als ein Erloͤſter
Jeſu Chriſti, der auch an ihn glaube und ſich ernſtlich
bemuͤhe, ſeine Geſinnungen und noch moͤglichen Hand-
lungen nach dem Wohlgefallen Gottes einzurichten, eine
gegruͤndete Hoffnung zu aller dieſer Seeligkeit habe.
Sie haben die ſinnliche Freude, ſagte ich hierauf,
in dieſer Welt geliebt. Sie iſt hier die Urſache Jhres
Verderbens geworden, weil Sie ſich durch Jhre Begierde
nach ihr zum Jrrthum und zur Suͤnde haben verleiten
laſſen. Dieſe Verfuͤhrung werden Sie dort nicht zu be-
fuͤrchten haben. Sie werden ihr Vergnuͤgen nicht in Din-
gen ſuchen, deren Genuß Sie ungluͤcklich machen kann.
Der unerſchoͤpfliche Reichthum der Schoͤnheit in den Wer-
ken Gottes wuͤrde allein ſchon Jhre Sinne auf die edelſte
Art beſchaͤfftigen, und Jhnen ewig eine Quelle der rein-
ſten Freude ſeyn. Die Erkenntniß der Werke Gottes in
der Natur, antwortete er, hat mir hier ſchon, ſo oft ich
ſie geſucht und gefunden habe, viel Vergnuͤgen verurſacht.
Sie iſt die einzige Urſache geweſen, die mich vom Atheis-
mus, zu dem ich ſonſt gewiß auch verfallen ſeyn wuͤrde,
zuruͤckgehalten hat.
Sie haben, fuhr ich fort, wenn es nicht eher ge-
ſchehen iſt, doch gewiß hier in Jhrem Gefaͤngniſſe empfun-
den,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/244>, abgerufen am 03.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.