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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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im Staate, sich wiederholen müssen, und ist
im Großen und Ganzen der bürgerlichen Gesell-
schaft, unter der Gestalt der Standesunterschiede,
wieder an's Licht getreten: als geistlicher Stand
und als weltlicher; als Adel und Bürgerschaft.
Der Staat in der Vollendung ist wieder so rein
und naturgemäß erschienen, wie im Anbeginn;
alles aber, damit die großen Grundformen der
Freiheit im öffentlichen Leben, wie im Privat-
leben, sich gleich-richtig darstellten, und damit
die Haupt-Extreme der Freiheit, welche jeder
Bürger zu vereinigen hat, ihm beständig gegen-
wärtig wären, oder deutlich repräsentirt würden,
wo er auch hinsähe, auf sich oder auf das Ganze;
damit Alle erkennen, daß nur ein Friede, oder
ein Recht möglich wäre, welche aus Streit oder
wahrer Berücksichtigung aller einzelnen streiten-
den Freiheiten hervorgehen. Die lebhafte, un-
endliche Berührung der Freiheit mit der Gegen-
freiheit erzeugte also dort das Gesetz. In der
Oekonomie entwickelt sich eben so der Reichthum
aus lebhafterer Berührung des gegenseitigen Be-
gehrens und der Bedürfnisse: um die Ströme
der Erde, um die großen Binnenwasser, wie das
mittelländische Meer, welche die Berührung des
allerentgegengesetztesten Begehrens vornehmlich be-
fördern, hat sich zuerst der Reichthum gezeigt. --

im Staate, ſich wiederholen muͤſſen, und iſt
im Großen und Ganzen der buͤrgerlichen Geſell-
ſchaft, unter der Geſtalt der Standesunterſchiede,
wieder an’s Licht getreten: als geiſtlicher Stand
und als weltlicher; als Adel und Buͤrgerſchaft.
Der Staat in der Vollendung iſt wieder ſo rein
und naturgemaͤß erſchienen, wie im Anbeginn;
alles aber, damit die großen Grundformen der
Freiheit im oͤffentlichen Leben, wie im Privat-
leben, ſich gleich-richtig darſtellten, und damit
die Haupt-Extreme der Freiheit, welche jeder
Buͤrger zu vereinigen hat, ihm beſtaͤndig gegen-
waͤrtig waͤren, oder deutlich repraͤſentirt wuͤrden,
wo er auch hinſaͤhe, auf ſich oder auf das Ganze;
damit Alle erkennen, daß nur ein Friede, oder
ein Recht moͤglich waͤre, welche aus Streit oder
wahrer Beruͤckſichtigung aller einzelnen ſtreiten-
den Freiheiten hervorgehen. Die lebhafte, un-
endliche Beruͤhrung der Freiheit mit der Gegen-
freiheit erzeugte alſo dort das Geſetz. In der
Oekonomie entwickelt ſich eben ſo der Reichthum
aus lebhafterer Beruͤhrung des gegenſeitigen Be-
gehrens und der Beduͤrfniſſe: um die Stroͤme
der Erde, um die großen Binnenwaſſer, wie das
mittellaͤndiſche Meer, welche die Beruͤhrung des
allerentgegengeſetzteſten Begehrens vornehmlich be-
foͤrdern, hat ſich zuerſt der Reichthum gezeigt. —

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[219/0227] im Staate, ſich wiederholen muͤſſen, und iſt im Großen und Ganzen der buͤrgerlichen Geſell- ſchaft, unter der Geſtalt der Standesunterſchiede, wieder an’s Licht getreten: als geiſtlicher Stand und als weltlicher; als Adel und Buͤrgerſchaft. Der Staat in der Vollendung iſt wieder ſo rein und naturgemaͤß erſchienen, wie im Anbeginn; alles aber, damit die großen Grundformen der Freiheit im oͤffentlichen Leben, wie im Privat- leben, ſich gleich-richtig darſtellten, und damit die Haupt-Extreme der Freiheit, welche jeder Buͤrger zu vereinigen hat, ihm beſtaͤndig gegen- waͤrtig waͤren, oder deutlich repraͤſentirt wuͤrden, wo er auch hinſaͤhe, auf ſich oder auf das Ganze; damit Alle erkennen, daß nur ein Friede, oder ein Recht moͤglich waͤre, welche aus Streit oder wahrer Beruͤckſichtigung aller einzelnen ſtreiten- den Freiheiten hervorgehen. Die lebhafte, un- endliche Beruͤhrung der Freiheit mit der Gegen- freiheit erzeugte alſo dort das Geſetz. In der Oekonomie entwickelt ſich eben ſo der Reichthum aus lebhafterer Beruͤhrung des gegenſeitigen Be- gehrens und der Beduͤrfniſſe: um die Stroͤme der Erde, um die großen Binnenwaſſer, wie das mittellaͤndiſche Meer, welche die Beruͤhrung des allerentgegengeſetzteſten Begehrens vornehmlich be- foͤrdern, hat ſich zuerſt der Reichthum gezeigt. —

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/227>, abgerufen am 27.04.2024.