Von dem Verhältnisse der kirchlichen Gesetzgebung zu der weltlichen.
Wenige Charaktere der neueren Geschichte kön- nen dem, als Staatsmann, Feldherrn und Bischof gleich großen, Cardinal-Erzbischof von Toledo, Ximenez, an die Seite gesetzt werden. Seine folgenreichen Unternehmungen in Spanien und Afrika sind bekannt; da wir indeß heute von dem gesetzlichen Verhältnisse der Geistlichkeit zum Staate und zum Eigenthume zu reden haben, so bedürfen wir seines Beispiels. Unter der Disposition über unermeßliche Revenüen, die seine geistlichen Aemter ihm abwarfen, lebte er wie der ärmste Mönch seines Landes, begnügte sich mit einfachen Speisen, mit seinem härenen Gewande, und wies alle Bequemlichkeiten des Lebens mit unerschütterlicher Enthaltsamkeit bis an seinen Tod von sich. Keine Absicht, den großen Haufen durch diese Erhabenheit über die
Funfzehnte Vorleſung.
Von dem Verhaͤltniſſe der kirchlichen Geſetzgebung zu der weltlichen.
Wenige Charaktere der neueren Geſchichte koͤn- nen dem, als Staatsmann, Feldherrn und Biſchof gleich großen, Cardinal-Erzbiſchof von Toledo, Ximenez, an die Seite geſetzt werden. Seine folgenreichen Unternehmungen in Spanien und Afrika ſind bekannt; da wir indeß heute von dem geſetzlichen Verhaͤltniſſe der Geiſtlichkeit zum Staate und zum Eigenthume zu reden haben, ſo beduͤrfen wir ſeines Beiſpiels. Unter der Dispoſition uͤber unermeßliche Revenuͤen, die ſeine geiſtlichen Aemter ihm abwarfen, lebte er wie der aͤrmſte Moͤnch ſeines Landes, begnuͤgte ſich mit einfachen Speiſen, mit ſeinem haͤrenen Gewande, und wies alle Bequemlichkeiten des Lebens mit unerſchuͤtterlicher Enthaltſamkeit bis an ſeinen Tod von ſich. Keine Abſicht, den großen Haufen durch dieſe Erhabenheit uͤber die
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Funfzehnte Vorleſung.
Von dem Verhaͤltniſſe der kirchlichen Geſetzgebung zu der
weltlichen.
Wenige Charaktere der neueren Geſchichte koͤn-
nen dem, als Staatsmann, Feldherrn und Biſchof
gleich großen, Cardinal-Erzbiſchof von Toledo,
Ximenez, an die Seite geſetzt werden. Seine
folgenreichen Unternehmungen in Spanien und
Afrika ſind bekannt; da wir indeß heute von
dem geſetzlichen Verhaͤltniſſe der Geiſtlichkeit zum
Staate und zum Eigenthume zu reden haben,
ſo beduͤrfen wir ſeines Beiſpiels. Unter der
Dispoſition uͤber unermeßliche Revenuͤen, die
ſeine geiſtlichen Aemter ihm abwarfen, lebte er
wie der aͤrmſte Moͤnch ſeines Landes, begnuͤgte
ſich mit einfachen Speiſen, mit ſeinem haͤrenen
Gewande, und wies alle Bequemlichkeiten des
Lebens mit unerſchuͤtterlicher Enthaltſamkeit bis
an ſeinen Tod von ſich. Keine Abſicht, den
großen Haufen durch dieſe Erhabenheit uͤber die
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/108>, abgerufen am 22.12.2024.
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