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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Neunte Vorlesung.

Vom Staatsrechte und vom Adel.


Es ist eine falsche Staatskunst, die durch ihre
Bemühung den absoluten Frieden oder einen
absoluten Rechtszustand bewirken will. -- Man
nehme den Streit der Kräfte, den ewigen Zwie-
spalt aller Individuen und sein Motiv, die Frei-
heit, aus der bürgerlichen Gesellschaft heraus,
und bringe es dahin, daß sich alle diese verschie-
denartigen Naturen irgend einem Rechtsbegriffe
blindlings und sklavisch unterwerfen --: so hat
man damit nicht nur nichts erreicht, sondern
das wahre und lebendige Recht aus den Staaten
wirklich verbannt. Angenommen, man hätte die
einfachste Gesetzgebung, und dazu einen Suve-
rän, der sich, unerreichbar für alle Bestechung der
Sinne und des Lebens, ganz dem Ausdrucke
dieser Gesetzgebung unterzuordnen wüßte, der,
wie eine reine Verstandesmaschine, unbedingt


Neunte Vorleſung.

Vom Staatsrechte und vom Adel.


Es iſt eine falſche Staatskunſt, die durch ihre
Bemuͤhung den abſoluten Frieden oder einen
abſoluten Rechtszuſtand bewirken will. — Man
nehme den Streit der Kraͤfte, den ewigen Zwie-
ſpalt aller Individuen und ſein Motiv, die Frei-
heit, aus der buͤrgerlichen Geſellſchaft heraus,
und bringe es dahin, daß ſich alle dieſe verſchie-
denartigen Naturen irgend einem Rechtsbegriffe
blindlings und ſklaviſch unterwerfen —: ſo hat
man damit nicht nur nichts erreicht, ſondern
das wahre und lebendige Recht aus den Staaten
wirklich verbannt. Angenommen, man haͤtte die
einfachſte Geſetzgebung, und dazu einen Suve-
raͤn, der ſich, unerreichbar fuͤr alle Beſtechung der
Sinne und des Lebens, ganz dem Ausdrucke
dieſer Geſetzgebung unterzuordnen wuͤßte, der,
wie eine reine Verſtandesmaſchine, unbedingt

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[242/0276] Neunte Vorleſung. Vom Staatsrechte und vom Adel. Es iſt eine falſche Staatskunſt, die durch ihre Bemuͤhung den abſoluten Frieden oder einen abſoluten Rechtszuſtand bewirken will. — Man nehme den Streit der Kraͤfte, den ewigen Zwie- ſpalt aller Individuen und ſein Motiv, die Frei- heit, aus der buͤrgerlichen Geſellſchaft heraus, und bringe es dahin, daß ſich alle dieſe verſchie- denartigen Naturen irgend einem Rechtsbegriffe blindlings und ſklaviſch unterwerfen —: ſo hat man damit nicht nur nichts erreicht, ſondern das wahre und lebendige Recht aus den Staaten wirklich verbannt. Angenommen, man haͤtte die einfachſte Geſetzgebung, und dazu einen Suve- raͤn, der ſich, unerreichbar fuͤr alle Beſtechung der Sinne und des Lebens, ganz dem Ausdrucke dieſer Geſetzgebung unterzuordnen wuͤßte, der, wie eine reine Verſtandesmaſchine, unbedingt

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/276>, abgerufen am 21.11.2024.