Wie sich in der natürlichen, allen Völkern gemeinschaftlichen, Verfassung der Familie die Natur des Staates ausdrücke.
Der Staat ist oft mit einer Familie verglichen und als ein Aggregat mehrerer Familien darge- stellt worden. Wenn sich die Vergleichung nur um das innere Wesen der Familie drehet, so muß unter demselben klar werden, daß der Staat nichts andres als die erweiterte Familie, und daß die erste gründliche Probe aller Verfassun- gen und Gesetze die Untersuchung ist: ob und in wie fern dieselbe mit dem Familien-Verhältnisse harmonire, und ob die beiden Verhältnisse, aus deren inniger Vereinigung jede Familie besteht, Alter und Jugend Einerseits, und männli- ches und weibliches Geschlecht andrerseits, die ganze Gesetzgebung gleichmäßig durchdringen. --
Die Vergleichung paßt nie, wenn man ein- zelne Seiten des Familienlebens herausnimmt
Fuͤnfte Vorleſung.
Wie ſich in der natuͤrlichen, allen Voͤlkern gemeinſchaftlichen, Verfaſſung der Familie die Natur des Staates ausdruͤcke.
Der Staat iſt oft mit einer Familie verglichen und als ein Aggregat mehrerer Familien darge- ſtellt worden. Wenn ſich die Vergleichung nur um das innere Weſen der Familie drehet, ſo muß unter demſelben klar werden, daß der Staat nichts andres als die erweiterte Familie, und daß die erſte gruͤndliche Probe aller Verfaſſun- gen und Geſetze die Unterſuchung iſt: ob und in wie fern dieſelbe mit dem Familien-Verhaͤltniſſe harmonire, und ob die beiden Verhaͤltniſſe, aus deren inniger Vereinigung jede Familie beſteht, Alter und Jugend Einerſeits, und maͤnnli- ches und weibliches Geſchlecht andrerſeits, die ganze Geſetzgebung gleichmaͤßig durchdringen. —
Die Vergleichung paßt nie, wenn man ein- zelne Seiten des Familienlebens herausnimmt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0159"n="125"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Fuͤnfte Vorleſung</hi>.</hi></head><lb/><argument><p><hirendition="#c">Wie ſich in der natuͤrlichen, allen Voͤlkern gemeinſchaftlichen,<lb/>
Verfaſſung der Familie die Natur des Staates ausdruͤcke.</hi></p></argument><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">D</hi>er Staat iſt oft mit einer Familie verglichen<lb/>
und als ein Aggregat mehrerer Familien darge-<lb/>ſtellt worden. Wenn ſich die Vergleichung nur<lb/>
um das innere Weſen der Familie drehet, ſo muß<lb/>
unter demſelben klar werden, daß der Staat<lb/>
nichts andres als die erweiterte Familie, und<lb/>
daß die erſte gruͤndliche Probe aller Verfaſſun-<lb/>
gen und Geſetze die Unterſuchung iſt: ob und in<lb/>
wie fern dieſelbe mit dem Familien-Verhaͤltniſſe<lb/>
harmonire, und ob die beiden Verhaͤltniſſe, aus<lb/>
deren inniger Vereinigung jede Familie beſteht,<lb/><hirendition="#g">Alter</hi> und <hirendition="#g">Jugend</hi> Einerſeits, und <hirendition="#g">maͤnnli-<lb/>
ches</hi> und <hirendition="#g">weibliches</hi> Geſchlecht andrerſeits, die<lb/>
ganze Geſetzgebung gleichmaͤßig durchdringen. —</p><lb/><p>Die Vergleichung paßt nie, wenn man ein-<lb/>
zelne Seiten des Familienlebens herausnimmt<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[125/0159]
Fuͤnfte Vorleſung.
Wie ſich in der natuͤrlichen, allen Voͤlkern gemeinſchaftlichen,
Verfaſſung der Familie die Natur des Staates ausdruͤcke.
Der Staat iſt oft mit einer Familie verglichen
und als ein Aggregat mehrerer Familien darge-
ſtellt worden. Wenn ſich die Vergleichung nur
um das innere Weſen der Familie drehet, ſo muß
unter demſelben klar werden, daß der Staat
nichts andres als die erweiterte Familie, und
daß die erſte gruͤndliche Probe aller Verfaſſun-
gen und Geſetze die Unterſuchung iſt: ob und in
wie fern dieſelbe mit dem Familien-Verhaͤltniſſe
harmonire, und ob die beiden Verhaͤltniſſe, aus
deren inniger Vereinigung jede Familie beſteht,
Alter und Jugend Einerſeits, und maͤnnli-
ches und weibliches Geſchlecht andrerſeits, die
ganze Geſetzgebung gleichmaͤßig durchdringen. —
Die Vergleichung paßt nie, wenn man ein-
zelne Seiten des Familienlebens herausnimmt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/159>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.