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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Systematischer Theil.
D. Heroen.

1409. Die Festigkeit und Bestimmtheit individueller
Charakteristik, wie sie an den Hauptgöttern der Griechi-
schen Kunst wahrgenommen wird, erstreckte sich auch
über die Hauptheroen. Wir wissen, daß man auch diese
in Griechischen Kunstwerken nicht an Bekleidung und At-
tributen allein, sondern an der Gestalt und Bildung des
2Körpers erkannte. Jetzt kennen wir indeß nur sehr we-
nige Heroen, fast keinen außer Herakles, auf eine solche
Weise, und können auch kaum zu einer genaueren Kennt-
niß gelangen, da statt der zahlreichen Bronzestatuen und
Gruppen, Werke der vorzüglichsten Künstler, welche das
Alterthum besaß, nur Reliefs, und meist von Sarkopha-
gen, wo der Mythus mit besondrer Rücksicht auf den
Anlaß des Bildwerks behandelt wird, und Vasengemählde
uns vorliegen, deren leichte und freie Zeichnung wenig
3von jener Charakteristik zuläßt. Man pflegt daher in
der Regel nur nach dem Inhalt der Handlung, welche
vorgestellt wird, zu deuten, wobei oft die Wahl zwi-
4schen sehr verschiednen Heroenkreisen bleibt. Auch in
der Heroenbildung traten Veränderungen ein; die bärti-
gen Figuren der älteren Bildner und Mahler wurden zum
Theil durch jugendliche Bildungen verdrängt.

1. Höchst wichtig und belehrend ist die Stelle in Plutarch
Arat 3. Vgl. von Parrhasios 138, 2. Euphranor pri-
mus videtur expressisse dignitates heroum
Pl. Auch
bei Philostratos, Heroika, erscheinen die Heroengestalten durchaus
bis in die feinsten Züge charakteristisch. Vgl. unten Trojani-
scher Krieg, §. 415.

2. S. z. B. die vielen Heroenstatuen aus Bronze, welche
Christodor beschreibt. Eine Anzahl davon scheinen eine große Gruppe
zu bilden.

3. Hyakinthos am Amykläischen Throne bärtig, bei Nikias sehr
jugendlich. Paus. iii, 19, 4. Die Vasengemählde ältern und
spätern Styls.

Syſtematiſcher Theil.
D. Heroen.

1409. Die Feſtigkeit und Beſtimmtheit individueller
Charakteriſtik, wie ſie an den Hauptgoͤttern der Griechi-
ſchen Kunſt wahrgenommen wird, erſtreckte ſich auch
uͤber die Hauptheroen. Wir wiſſen, daß man auch dieſe
in Griechiſchen Kunſtwerken nicht an Bekleidung und At-
tributen allein, ſondern an der Geſtalt und Bildung des
2Koͤrpers erkannte. Jetzt kennen wir indeß nur ſehr we-
nige Heroen, faſt keinen außer Herakles, auf eine ſolche
Weiſe, und koͤnnen auch kaum zu einer genaueren Kennt-
niß gelangen, da ſtatt der zahlreichen Bronzeſtatuen und
Gruppen, Werke der vorzuͤglichſten Kuͤnſtler, welche das
Alterthum beſaß, nur Reliefs, und meiſt von Sarkopha-
gen, wo der Mythus mit beſondrer Ruͤckſicht auf den
Anlaß des Bildwerks behandelt wird, und Vaſengemaͤhlde
uns vorliegen, deren leichte und freie Zeichnung wenig
3von jener Charakteriſtik zulaͤßt. Man pflegt daher in
der Regel nur nach dem Inhalt der Handlung, welche
vorgeſtellt wird, zu deuten, wobei oft die Wahl zwi-
4ſchen ſehr verſchiednen Heroenkreiſen bleibt. Auch in
der Heroenbildung traten Veraͤnderungen ein; die baͤrti-
gen Figuren der aͤlteren Bildner und Mahler wurden zum
Theil durch jugendliche Bildungen verdraͤngt.

1. Höchſt wichtig und belehrend iſt die Stelle in Plutarch
Arat 3. Vgl. von Parrhaſios 138, 2. Euphranor pri-
mus videtur expressisse dignitates heroum
Pl. Auch
bei Philoſtratos, Heroika, erſcheinen die Heroengeſtalten durchaus
bis in die feinſten Züge charakteriſtiſch. Vgl. unten Trojani-
ſcher Krieg, §. 415.

2. S. z. B. die vielen Heroenſtatuen aus Bronze, welche
Chriſtodor beſchreibt. Eine Anzahl davon ſcheinen eine große Gruppe
zu bilden.

3. Hyakinthos am Amykläiſchen Throne bärtig, bei Nikias ſehr
jugendlich. Pauſ. iii, 19, 4. Die Vaſengemählde ältern und
ſpätern Styls.

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[558/0580] Syſtematiſcher Theil. D. Heroen. 409. Die Feſtigkeit und Beſtimmtheit individueller Charakteriſtik, wie ſie an den Hauptgoͤttern der Griechi- ſchen Kunſt wahrgenommen wird, erſtreckte ſich auch uͤber die Hauptheroen. Wir wiſſen, daß man auch dieſe in Griechiſchen Kunſtwerken nicht an Bekleidung und At- tributen allein, ſondern an der Geſtalt und Bildung des Koͤrpers erkannte. Jetzt kennen wir indeß nur ſehr we- nige Heroen, faſt keinen außer Herakles, auf eine ſolche Weiſe, und koͤnnen auch kaum zu einer genaueren Kennt- niß gelangen, da ſtatt der zahlreichen Bronzeſtatuen und Gruppen, Werke der vorzuͤglichſten Kuͤnſtler, welche das Alterthum beſaß, nur Reliefs, und meiſt von Sarkopha- gen, wo der Mythus mit beſondrer Ruͤckſicht auf den Anlaß des Bildwerks behandelt wird, und Vaſengemaͤhlde uns vorliegen, deren leichte und freie Zeichnung wenig von jener Charakteriſtik zulaͤßt. Man pflegt daher in der Regel nur nach dem Inhalt der Handlung, welche vorgeſtellt wird, zu deuten, wobei oft die Wahl zwi- ſchen ſehr verſchiednen Heroenkreiſen bleibt. Auch in der Heroenbildung traten Veraͤnderungen ein; die baͤrti- gen Figuren der aͤlteren Bildner und Mahler wurden zum Theil durch jugendliche Bildungen verdraͤngt. 1 2 3 4 1. Höchſt wichtig und belehrend iſt die Stelle in Plutarch Arat 3. Vgl. von Parrhaſios 138, 2. Euphranor pri- mus videtur expressisse dignitates heroum Pl. Auch bei Philoſtratos, Heroika, erſcheinen die Heroengeſtalten durchaus bis in die feinſten Züge charakteriſtiſch. Vgl. unten Trojani- ſcher Krieg, §. 415. 2. S. z. B. die vielen Heroenſtatuen aus Bronze, welche Chriſtodor beſchreibt. Eine Anzahl davon ſcheinen eine große Gruppe zu bilden. 3. Hyakinthos am Amykläiſchen Throne bärtig, bei Nikias ſehr jugendlich. Pauſ. iii, 19, 4. Die Vaſengemählde ältern und ſpätern Styls.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/580>, abgerufen am 18.11.2024.