Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

Systematischer Theil.
denen jetzt so viele Nachahmungen in Süd-Etrurien zum Vorschein kom-
men. Auch auf M. von Himera, Cales, Suessa. Vgl. Paus. vi, 26, 2.

Ueber eine Hermathene, und die Verbindung beider Gott-
heiten, Arditi Mem. d. Acc. Ercol. i. p. 1.


9. Ares.

1372. Ares, der Gott des Streites, welcher im
Zwölfgöttersystem auf bedeutungsvolle Weise mit Aphro-
dite zusammengestellt wird, war doch seinem Wesen nach
zu sehr bloßer Begriff, um ein Hauptgegenstand der pla-
stischen Kunst zu werden. Auch verehrte ihn kein Hel-
lenischer Staat als einen Haupt- und Schutzgott, wie er
2es später von Rom wurde. Daher kömmt es, daß,
obgleich einige ausgezeichnete Statuen des Gottes, von
Alkamenes und Skopas, erwähnt werden, doch der pla-
stische Charakter des Gottes schwer mit völliger Be-
3stimmtheit anzugeben ist. Jedoch scheinen durchgän-
gig eine derbe und kräftige Musculatur, ein starker flei-
schiger Nacken, und ein kurzgelocktes und gesträubtes
Haar (§. 330, 2.) zur Vorstellung des Gottes zu gehö-
ren. Ares hat kleinere Augen, eine etwas mehr geblähte
Nase (§. 335, 2.), eine weniger klare Stirn, als andre
4Zeussöhne. Dem Alter nach erscheint er männlicher
als Apollon, der Mellepheb, und selbst als Hermes, der
Epheb unter den Göttern, als ein jugendlicher Mann.
5Mit einem stärkeren Bart scheint erst der Römische
Marspiter vorgestellt worden zu sein, wenn nicht in Un-
teritalien diese Bildung schon früher herkömmlich war.
Die Bekleidung des Ares ist, wo er nicht ganz unbeklei-
det erscheint, eine Chlamys (ein Sagum). Auf Reliefs
des alten Styls erscheint er geharnischt, später b hält er
6gewöhnlich nur den Helm. Gewöhnlich steht er; ein
lebhafter Schritt bezeichnet auf Römischen Münzen den
Gradivus; der Legionsadler und andre Signa den Stator
und Ultor (der sie wiedergewonnen), Victorien, Trophäen,
7der Oelzweig den Victor und Pacifer. Einen sitzenden
Ares bildete Skopas; ohne Zweifel wurde er als aus-

Syſtematiſcher Theil.
denen jetzt ſo viele Nachahmungen in Süd-Etrurien zum Vorſchein kom-
men. Auch auf M. von Himera, Cales, Sueſſa. Vgl. Pauſ. vi, 26, 2.

Ueber eine Hermathene, und die Verbindung beider Gott-
heiten, Arditi Mem. d. Acc. Ercol. i. p. 1.


9. Ares.

1372. Ares, der Gott des Streites, welcher im
Zwoͤlfgoͤtterſyſtem auf bedeutungsvolle Weiſe mit Aphro-
dite zuſammengeſtellt wird, war doch ſeinem Weſen nach
zu ſehr bloßer Begriff, um ein Hauptgegenſtand der pla-
ſtiſchen Kunſt zu werden. Auch verehrte ihn kein Hel-
leniſcher Staat als einen Haupt- und Schutzgott, wie er
2es ſpaͤter von Rom wurde. Daher koͤmmt es, daß,
obgleich einige ausgezeichnete Statuen des Gottes, von
Alkamenes und Skopas, erwaͤhnt werden, doch der pla-
ſtiſche Charakter des Gottes ſchwer mit voͤlliger Be-
3ſtimmtheit anzugeben iſt. Jedoch ſcheinen durchgaͤn-
gig eine derbe und kraͤftige Musculatur, ein ſtarker flei-
ſchiger Nacken, und ein kurzgelocktes und geſtraͤubtes
Haar (§. 330, 2.) zur Vorſtellung des Gottes zu gehoͤ-
ren. Ares hat kleinere Augen, eine etwas mehr geblaͤhte
Naſe (§. 335, 2.), eine weniger klare Stirn, als andre
4Zeusſoͤhne. Dem Alter nach erſcheint er maͤnnlicher
als Apollon, der Mellepheb, und ſelbſt als Hermes, der
Epheb unter den Goͤttern, als ein jugendlicher Mann.
5Mit einem ſtaͤrkeren Bart ſcheint erſt der Roͤmiſche
Marspiter vorgeſtellt worden zu ſein, wenn nicht in Un-
teritalien dieſe Bildung ſchon fruͤher herkoͤmmlich war.
Die Bekleidung des Ares iſt, wo er nicht ganz unbeklei-
det erſcheint, eine Chlamys (ein Sagum). Auf Reliefs
des alten Styls erſcheint er geharniſcht, ſpaͤter b haͤlt er
6gewoͤhnlich nur den Helm. Gewoͤhnlich ſteht er; ein
lebhafter Schritt bezeichnet auf Roͤmiſchen Muͤnzen den
Gradivus; der Legionsadler und andre Signa den Stator
und Ultor (der ſie wiedergewonnen), Victorien, Trophaͤen,
7der Oelzweig den Victor und Pacifer. Einen ſitzenden
Ares bildete Skopas; ohne Zweifel wurde er als aus-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <p><pb facs="#f0512" n="490"/><fw place="top" type="header">Sy&#x017F;temati&#x017F;cher Theil.</fw><lb/>
denen jetzt &#x017F;o viele Nachahmungen in Süd-Etrurien zum Vor&#x017F;chein kom-<lb/>
men. Auch auf M. von Himera, Cales, Sue&#x017F;&#x017F;a. Vgl. Pau&#x017F;. <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">vi,</hi></hi> 26, 2.</p><lb/>
                    <p>Ueber eine <hi rendition="#g">Hermathene</hi>, und die Verbindung beider Gott-<lb/>
heiten, Arditi <hi rendition="#aq">Mem. d. Acc. Ercol. <hi rendition="#k">i.</hi> p.</hi> 1.</p>
                  </div><lb/>
                  <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
                  <div n="7">
                    <head>9. Ares.</head><lb/>
                    <p><note place="left">1</note>372. Ares, der Gott des Streites, welcher im<lb/>
Zwo&#x0364;lfgo&#x0364;tter&#x017F;y&#x017F;tem auf bedeutungsvolle Wei&#x017F;e mit Aphro-<lb/>
dite zu&#x017F;ammenge&#x017F;tellt wird, war doch &#x017F;einem We&#x017F;en nach<lb/>
zu &#x017F;ehr bloßer Begriff, um ein Hauptgegen&#x017F;tand der pla-<lb/>
&#x017F;ti&#x017F;chen Kun&#x017F;t zu werden. Auch verehrte ihn kein Hel-<lb/>
leni&#x017F;cher Staat als einen Haupt- und Schutzgott, wie er<lb/><note place="left">2</note>es &#x017F;pa&#x0364;ter von Rom wurde. Daher ko&#x0364;mmt es, daß,<lb/>
obgleich einige ausgezeichnete Statuen des Gottes, von<lb/>
Alkamenes und Skopas, erwa&#x0364;hnt werden, doch der pla-<lb/>
&#x017F;ti&#x017F;che Charakter des Gottes &#x017F;chwer mit vo&#x0364;lliger Be-<lb/><note place="left">3</note>&#x017F;timmtheit anzugeben i&#x017F;t. Jedoch &#x017F;cheinen durchga&#x0364;n-<lb/>
gig eine derbe und kra&#x0364;ftige Musculatur, ein &#x017F;tarker flei-<lb/>
&#x017F;chiger Nacken, und ein kurzgelocktes und ge&#x017F;tra&#x0364;ubtes<lb/>
Haar (§. 330, 2.) zur Vor&#x017F;tellung des Gottes zu geho&#x0364;-<lb/>
ren. Ares hat kleinere Augen, eine etwas mehr gebla&#x0364;hte<lb/>
Na&#x017F;e (§. 335, 2.), eine weniger klare Stirn, als andre<lb/><note place="left">4</note>Zeus&#x017F;o&#x0364;hne. Dem Alter nach er&#x017F;cheint er ma&#x0364;nnlicher<lb/>
als Apollon, der Mellepheb, und &#x017F;elb&#x017F;t als Hermes, der<lb/>
Epheb unter den Go&#x0364;ttern, als ein jugendlicher Mann.<lb/><note place="left">5</note>Mit einem &#x017F;ta&#x0364;rkeren Bart &#x017F;cheint er&#x017F;t der Ro&#x0364;mi&#x017F;che<lb/><hi rendition="#aq">Marspiter</hi> vorge&#x017F;tellt worden zu &#x017F;ein, wenn nicht in Un-<lb/>
teritalien die&#x017F;e Bildung &#x017F;chon fru&#x0364;her herko&#x0364;mmlich war.<lb/>
Die Bekleidung des Ares i&#x017F;t, wo er nicht ganz unbeklei-<lb/>
det er&#x017F;cheint, eine Chlamys (ein Sagum). Auf Reliefs<lb/>
des alten Styls er&#x017F;cheint er geharni&#x017F;cht, &#x017F;pa&#x0364;ter b ha&#x0364;lt er<lb/><note place="left">6</note>gewo&#x0364;hnlich nur den Helm. Gewo&#x0364;hnlich &#x017F;teht er; ein<lb/>
lebhafter Schritt bezeichnet auf Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Mu&#x0364;nzen den<lb/><hi rendition="#aq">Gradivus;</hi> der Legionsadler und andre Signa den <hi rendition="#aq">Stator</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">Ultor</hi> (der &#x017F;ie wiedergewonnen), Victorien, Tropha&#x0364;en,<lb/><note place="left">7</note>der Oelzweig den <hi rendition="#aq">Victor</hi> und <hi rendition="#aq">Pacifer.</hi> Einen &#x017F;itzenden<lb/>
Ares bildete Skopas; ohne Zweifel wurde er als aus-<lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[490/0512] Syſtematiſcher Theil. denen jetzt ſo viele Nachahmungen in Süd-Etrurien zum Vorſchein kom- men. Auch auf M. von Himera, Cales, Sueſſa. Vgl. Pauſ. vi, 26, 2. Ueber eine Hermathene, und die Verbindung beider Gott- heiten, Arditi Mem. d. Acc. Ercol. i. p. 1. 9. Ares. 372. Ares, der Gott des Streites, welcher im Zwoͤlfgoͤtterſyſtem auf bedeutungsvolle Weiſe mit Aphro- dite zuſammengeſtellt wird, war doch ſeinem Weſen nach zu ſehr bloßer Begriff, um ein Hauptgegenſtand der pla- ſtiſchen Kunſt zu werden. Auch verehrte ihn kein Hel- leniſcher Staat als einen Haupt- und Schutzgott, wie er es ſpaͤter von Rom wurde. Daher koͤmmt es, daß, obgleich einige ausgezeichnete Statuen des Gottes, von Alkamenes und Skopas, erwaͤhnt werden, doch der pla- ſtiſche Charakter des Gottes ſchwer mit voͤlliger Be- ſtimmtheit anzugeben iſt. Jedoch ſcheinen durchgaͤn- gig eine derbe und kraͤftige Musculatur, ein ſtarker flei- ſchiger Nacken, und ein kurzgelocktes und geſtraͤubtes Haar (§. 330, 2.) zur Vorſtellung des Gottes zu gehoͤ- ren. Ares hat kleinere Augen, eine etwas mehr geblaͤhte Naſe (§. 335, 2.), eine weniger klare Stirn, als andre Zeusſoͤhne. Dem Alter nach erſcheint er maͤnnlicher als Apollon, der Mellepheb, und ſelbſt als Hermes, der Epheb unter den Goͤttern, als ein jugendlicher Mann. Mit einem ſtaͤrkeren Bart ſcheint erſt der Roͤmiſche Marspiter vorgeſtellt worden zu ſein, wenn nicht in Un- teritalien dieſe Bildung ſchon fruͤher herkoͤmmlich war. Die Bekleidung des Ares iſt, wo er nicht ganz unbeklei- det erſcheint, eine Chlamys (ein Sagum). Auf Reliefs des alten Styls erſcheint er geharniſcht, ſpaͤter b haͤlt er gewoͤhnlich nur den Helm. Gewoͤhnlich ſteht er; ein lebhafter Schritt bezeichnet auf Roͤmiſchen Muͤnzen den Gradivus; der Legionsadler und andre Signa den Stator und Ultor (der ſie wiedergewonnen), Victorien, Trophaͤen, der Oelzweig den Victor und Pacifer. Einen ſitzenden Ares bildete Skopas; ohne Zweifel wurde er als aus- 1 2 3 4 5 6 7

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/512
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/512>, abgerufen am 21.12.2024.