als Römische Herrschaft und Religion die Oberhand gewonnen, aber ganz im alten Dialekt, und wie wir aus der Bezeichnung "spoudogeloion poietes" schlie- ßen können, ein ernsthaftes Bestreben mit burlesker Darstellung vereinigend 1.
7.
Wir haben uns bei der Komik der Dorier länger verweilt als nach dem Maaße dieses Buchs, des reichen Stoffes und des Lichtes wegen, das sie auf das Naturel des Volkstammes im Allgemeinen wirft, in dem der höchste Ernst mit dem kekksten Spaß innig gepaart erscheint, wie öfter -- da jeder wahre Spaß zur Grundlage eine tüchtige, strenge, ernste Ge- sinnung fordert, sittliche Indifferenz aber und Frivoli- tät auch den Gegensatz von Ernst und Scherz und so- mit das Wesen beider vernichtet 2. Kürzer fassen mögen wir uns über die Anfänge der Tragödie, des Gegensatzes der Komödie, bei den Doriern: wobei wir gleich zu bemerken haben, daß dieser Gegensatz, wie er sich im gewöhnlichen Sprachgebrauch festgestellt hat, nicht in den Ursprüngen beider Gattungen gegeben war, sondern sich erst allmälig entwickelte. In den Ursprüngen lag nur so viel, daß das Komosspiel mehr der freien Lust des ländlichen Festes überlassen war, während das Tragosspiel sich gleich anfänglich an die öffentliche, städtische Feier des Dionysos anschloß, und von den großen kyklischen oder dithyrambischen Chören dargestellt wurde. So kam es, daß das erstre ganz allgemein den tollen Jubel und die Losgebundenheit des Gemüths ausdrückte, das letztre sich dagegen den bestimmten Ideen und Empfindungen des Cultus zu- wandte, die der Mythus in den Schicksalen des Dio-
1 Fabric. 2. p. 426. Harl. Reuvens Coll. p. 79.
2 Vgl. Jean Paul Vorschule zur Aesthetik 1. S. 131.
als Roͤmiſche Herrſchaft und Religion die Oberhand gewonnen, aber ganz im alten Dialekt, und wie wir aus der Bezeichnung „σπουδογελοίων ποιητὴς“ ſchlie- ßen koͤnnen, ein ernſthaftes Beſtreben mit burleſker Darſtellung vereinigend 1.
7.
Wir haben uns bei der Komik der Dorier laͤnger verweilt als nach dem Maaße dieſes Buchs, des reichen Stoffes und des Lichtes wegen, das ſie auf das Naturel des Volkſtammes im Allgemeinen wirft, in dem der hoͤchſte Ernſt mit dem kekkſten Spaß innig gepaart erſcheint, wie oͤfter — da jeder wahre Spaß zur Grundlage eine tuͤchtige, ſtrenge, ernſte Ge- ſinnung fordert, ſittliche Indifferenz aber und Frivoli- taͤt auch den Gegenſatz von Ernſt und Scherz und ſo- mit das Weſen beider vernichtet 2. Kuͤrzer faſſen moͤgen wir uns uͤber die Anfaͤnge der Tragoͤdie, des Gegenſatzes der Komoͤdie, bei den Doriern: wobei wir gleich zu bemerken haben, daß dieſer Gegenſatz, wie er ſich im gewoͤhnlichen Sprachgebrauch feſtgeſtellt hat, nicht in den Urſpruͤngen beider Gattungen gegeben war, ſondern ſich erſt allmaͤlig entwickelte. In den Urſpruͤngen lag nur ſo viel, daß das Komosſpiel mehr der freien Luſt des laͤndlichen Feſtes uͤberlaſſen war, waͤhrend das Tragosſpiel ſich gleich anfaͤnglich an die oͤffentliche, ſtaͤdtiſche Feier des Dionyſos anſchloß, und von den großen kykliſchen oder dithyrambiſchen Choͤren dargeſtellt wurde. So kam es, daß das erſtre ganz allgemein den tollen Jubel und die Losgebundenheit des Gemuͤths ausdruͤckte, das letztre ſich dagegen den beſtimmten Ideen und Empfindungen des Cultus zu- wandte, die der Mythus in den Schickſalen des Dio-
1 Fabric. 2. p. 426. Harl. Reuvens Coll. p. 79.
2 Vgl. Jean Paul Vorſchule zur Aeſthetik 1. S. 131.
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als Roͤmiſche Herrſchaft und Religion die Oberhand
gewonnen, aber ganz im alten Dialekt, und wie wir
aus der Bezeichnung „σπουδογελοίων ποιητὴς“ ſchlie-
ßen koͤnnen, ein ernſthaftes Beſtreben mit burleſker
Darſtellung vereinigend 1.
7.
Wir haben uns bei der Komik der Dorier
laͤnger verweilt als nach dem Maaße dieſes Buchs,
des reichen Stoffes und des Lichtes wegen, das ſie
auf das Naturel des Volkſtammes im Allgemeinen
wirft, in dem der hoͤchſte Ernſt mit dem kekkſten Spaß
innig gepaart erſcheint, wie oͤfter — da jeder wahre
Spaß zur Grundlage eine tuͤchtige, ſtrenge, ernſte Ge-
ſinnung fordert, ſittliche Indifferenz aber und Frivoli-
taͤt auch den Gegenſatz von Ernſt und Scherz und ſo-
mit das Weſen beider vernichtet 2. Kuͤrzer faſſen
moͤgen wir uns uͤber die Anfaͤnge der Tragoͤdie, des
Gegenſatzes der Komoͤdie, bei den Doriern: wobei wir
gleich zu bemerken haben, daß dieſer Gegenſatz, wie
er ſich im gewoͤhnlichen Sprachgebrauch feſtgeſtellt hat,
nicht in den Urſpruͤngen beider Gattungen gegeben
war, ſondern ſich erſt allmaͤlig entwickelte. In den
Urſpruͤngen lag nur ſo viel, daß das Komosſpiel mehr
der freien Luſt des laͤndlichen Feſtes uͤberlaſſen war,
waͤhrend das Tragosſpiel ſich gleich anfaͤnglich an die
oͤffentliche, ſtaͤdtiſche Feier des Dionyſos anſchloß, und
von den großen kykliſchen oder dithyrambiſchen Choͤren
dargeſtellt wurde. So kam es, daß das erſtre ganz
allgemein den tollen Jubel und die Losgebundenheit
des Gemuͤths ausdruͤckte, das letztre ſich dagegen den
beſtimmten Ideen und Empfindungen des Cultus zu-
wandte, die der Mythus in den Schickſalen des Dio-
1 Fabric. 2. p. 426. Harl. Reuvens Coll. p. 79.
2 Vgl. Jean Paul Vorſchule zur Aeſthetik 1. S. 131.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/372>, abgerufen am 22.12.2024.
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