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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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4.

Um auf Epicharm zurückzukommen, so war
dessen Komödie keineswegs auf Travestirung des My-
thus beschränkt: vielmehr behandelte sie auch politische
Themata, wie Aristophanes, machte komische Charakte-
re zum Mittelpunkte, wie besonders die Spätern;
überhaupt gehört ein großer Reichthum des Stoffes
zum Wesen derselben. Eine politische Tendenz hatte
nach Hemsterhuis 1 das Stück Arpagai, welches Si-
ciliens Verwüstung zur Zeit schilderte; vielleicht auch
die Nasoi, in denen wenigstens vorkam, daß Hieron
den Anaxilas gehindert, Lokri zu vernichten (Ol. 75,
4.) 2; auch die Perser bezogen sich auf Zeitgeschichte.
Ein Charakterstück war z. B. der Agrostinos (agroi-
kos); auch hatte Epicharm Charaktere, die später sehr
häufig behandelt wurden, schon sehr ausgebildet, wie
den Parasiten und den Trunknen 3; und wenn noch
Plautus Menächmen dem Argumente nach aus einer
Epicharmischen Komödie fließen, wie der Dichter im
Prologe ziemlich deutlich angiebt: so waren auch sinn-
reiche und die Aufmerksamkeit spannende Verwickelun-
gen ein beliebter Gegenstand dieses Dichters. -- Von
gleicher Vielseitigkeit war die Behandlungsweise; denn
wenn auf der einen Seite kekker und burlesker Spaß
ganz in der Weise des Epicharmos war: so kam auf
der andern viel von alter Spruchweisheit 4 und von
Pythagoreischer Philosophie bei ihm vor, in die Epi-
charm nebst Archytas und Philolaos von Arkesas, dem
Nachfolger des Pythagoras, eingeweiht worden sein
soll 5; wir wissen aus Diogenes Laertios, daß er

1 Zu Pollux 9, 4, 26.
2 Schol. Pind. P. 1, 99. vgl.
Böckh Expl. P. 2. p. 240.
3 Athen 6, 235. 236 a. 10,
429 a.
4 Epikh. gnomikos nach dem Anon. p. komodias
p. XII. Kuster.
5 Jambl. Poth. 36. S. 219. dessen Angabe
4.

Um auf Epicharm zuruͤckzukommen, ſo war
deſſen Komoͤdie keineswegs auf Traveſtirung des My-
thus beſchraͤnkt: vielmehr behandelte ſie auch politiſche
Themata, wie Ariſtophanes, machte komiſche Charakte-
re zum Mittelpunkte, wie beſonders die Spaͤtern;
uͤberhaupt gehoͤrt ein großer Reichthum des Stoffes
zum Weſen derſelben. Eine politiſche Tendenz hatte
nach Hemſterhuis 1 das Stuͤck Ἁϱπαγαὶ, welches Si-
ciliens Verwuͤſtung zur Zeit ſchilderte; vielleicht auch
die Νᾶσοι, in denen wenigſtens vorkam, daß Hieron
den Anaxilas gehindert, Lokri zu vernichten (Ol. 75,
4.) 2; auch die Perſer bezogen ſich auf Zeitgeſchichte.
Ein Charakterſtuͤck war z. B. der Ἀγϱωστῖνος (ἀγϱοῖ-
κος); auch hatte Epicharm Charaktere, die ſpaͤter ſehr
haͤufig behandelt wurden, ſchon ſehr ausgebildet, wie
den Paraſiten und den Trunknen 3; und wenn noch
Plautus Menaͤchmen dem Argumente nach aus einer
Epicharmiſchen Komoͤdie fließen, wie der Dichter im
Prologe ziemlich deutlich angiebt: ſo waren auch ſinn-
reiche und die Aufmerkſamkeit ſpannende Verwickelun-
gen ein beliebter Gegenſtand dieſes Dichters. — Von
gleicher Vielſeitigkeit war die Behandlungsweiſe; denn
wenn auf der einen Seite kekker und burlesker Spaß
ganz in der Weiſe des Epicharmos war: ſo kam auf
der andern viel von alter Spruchweisheit 4 und von
Pythagoreiſcher Philoſophie bei ihm vor, in die Epi-
charm nebſt Archytas und Philolaos von Arkeſas, dem
Nachfolger des Pythagoras, eingeweiht worden ſein
ſoll 5; wir wiſſen aus Diogenes Laertios, daß er

1 Zu Pollux 9, 4, 26.
2 Schol. Pind. P. 1, 99. vgl.
Boͤckh Expl. P. 2. p. 240.
3 Athen 6, 235. 236 a. 10,
429 a.
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[358/0364] 4. Um auf Epicharm zuruͤckzukommen, ſo war deſſen Komoͤdie keineswegs auf Traveſtirung des My- thus beſchraͤnkt: vielmehr behandelte ſie auch politiſche Themata, wie Ariſtophanes, machte komiſche Charakte- re zum Mittelpunkte, wie beſonders die Spaͤtern; uͤberhaupt gehoͤrt ein großer Reichthum des Stoffes zum Weſen derſelben. Eine politiſche Tendenz hatte nach Hemſterhuis 1 das Stuͤck Ἁϱπαγαὶ, welches Si- ciliens Verwuͤſtung zur Zeit ſchilderte; vielleicht auch die Νᾶσοι, in denen wenigſtens vorkam, daß Hieron den Anaxilas gehindert, Lokri zu vernichten (Ol. 75, 4.) 2; auch die Perſer bezogen ſich auf Zeitgeſchichte. Ein Charakterſtuͤck war z. B. der Ἀγϱωστῖνος (ἀγϱοῖ- κος); auch hatte Epicharm Charaktere, die ſpaͤter ſehr haͤufig behandelt wurden, ſchon ſehr ausgebildet, wie den Paraſiten und den Trunknen 3; und wenn noch Plautus Menaͤchmen dem Argumente nach aus einer Epicharmiſchen Komoͤdie fließen, wie der Dichter im Prologe ziemlich deutlich angiebt: ſo waren auch ſinn- reiche und die Aufmerkſamkeit ſpannende Verwickelun- gen ein beliebter Gegenſtand dieſes Dichters. — Von gleicher Vielſeitigkeit war die Behandlungsweiſe; denn wenn auf der einen Seite kekker und burlesker Spaß ganz in der Weiſe des Epicharmos war: ſo kam auf der andern viel von alter Spruchweisheit 4 und von Pythagoreiſcher Philoſophie bei ihm vor, in die Epi- charm nebſt Archytas und Philolaos von Arkeſas, dem Nachfolger des Pythagoras, eingeweiht worden ſein ſoll 5; wir wiſſen aus Diogenes Laertios, daß er 1 Zu Pollux 9, 4, 26. 2 Schol. Pind. P. 1, 99. vgl. Boͤckh Expl. P. 2. p. 240. 3 Athen 6, 235. 236 a. 10, 429 a. 4 Ἐπίχ. γνωμικὸς nach dem Anon. π. κωμῳδίας p. XII. Kuſter. 5 Jambl. Poth. 36. S. 219. deſſen Angabe

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/364>, abgerufen am 21.11.2024.