Dies führt uns auf die Männerkleidung; de- ren Hauptstücke wir erst im allgemeinen benennen müs- sen, ehe wir vom Einzelnen sprechen. Es sind der Chiton, ein ärmelleses wollenes Hemd, allen Grie- chen und Italern gemein, die einzige Kleidung der Kna- ben 1, da man erst in der Zeit der Verweichlichung in Athen begann, auch jüngere Knaben in Himatien ein- zuhüllen 2; das Himation, bei Homer khlaina ge- nannt 3, ein viereckiges oder rundlich geschnittenes Stück Tuch, welches gewöhnlich vom linken Arm aus nach hinten unter dem rechten durchgenommen, und mit dem Endzipfel über die linke Schulter geworfen wird 4; drittens die davon ganz verschiedene Chla- mys (Thettalika ptera), ursprünglich Makedonisch und Thessalisch 5, ein oblonges, aber mit den beiden untern Zipfeln stark hervortretendes Stück Tuch, wel- ches mit einer Spange auf der rechten Schulter be- festigt wird, so daß es diesen Arm frei läßt. Dieses letztere Kleid kommt in den Homerischen Gesängen durchaus nicht vor; Sappho 6 erwähnte es unter den Griechischen Dichtern zuerst; erst damals also verbrei- tete es sich über das eigentliche Griechenland, und zwar zunächst als Kleid der Reiter und junger Leute, dann als Kriegermantel; so auch nach Sparta 7. Die
1 Plut. Lyk. 16. und von der Sitte Phigalias Athen. 4, 148 f.
2 Aristoph. Wolken 986. Ganz dasselbe Xen. Staat der Lak. 2, 1.
3 Ebd. Vögel 493. 98. imation und khlaina gleichbedeutend: daß aber khlaina und tribon verschiedene Species des imation, zeigt ders. Wespen 1132., khlaina imat. tetragonon nach Didymos.
4 Nur Il. 10, 133. wird einmal die khlaina doppelt gelegt und mit einer Spange (über die Schulter) befestigt.
6 nach Pollux und Ammon. Frgm. 68. 69. p. 82. 83 Wolf.
7 S. Aristoph. Lys. 988. wo es Gesandtenkleid, wie die phoinikis oben S. 252, 1. Juvenal 8, 101.
4.
Dies fuͤhrt uns auf die Maͤnnerkleidung; de- ren Hauptſtuͤcke wir erſt im allgemeinen benennen muͤſ- ſen, ehe wir vom Einzelnen ſprechen. Es ſind der Chiton, ein aͤrmelleſes wollenes Hemd, allen Grie- chen und Italern gemein, die einzige Kleidung der Kna- ben 1, da man erſt in der Zeit der Verweichlichung in Athen begann, auch juͤngere Knaben in Himatien ein- zuhuͤllen 2; das Himation, bei Homer χλαῖνα ge- nannt 3, ein viereckiges oder rundlich geſchnittenes Stuͤck Tuch, welches gewoͤhnlich vom linken Arm aus nach hinten unter dem rechten durchgenommen, und mit dem Endzipfel uͤber die linke Schulter geworfen wird 4; drittens die davon ganz verſchiedene Chla- mys (Θετταλικὰ πτερὰ), urſpruͤnglich Makedoniſch und Theſſaliſch 5, ein oblonges, aber mit den beiden untern Zipfeln ſtark hervortretendes Stuͤck Tuch, wel- ches mit einer Spange auf der rechten Schulter be- feſtigt wird, ſo daß es dieſen Arm frei laͤßt. Dieſes letztere Kleid kommt in den Homeriſchen Geſaͤngen durchaus nicht vor; Sappho 6 erwaͤhnte es unter den Griechiſchen Dichtern zuerſt; erſt damals alſo verbrei- tete es ſich uͤber das eigentliche Griechenland, und zwar zunaͤchſt als Kleid der Reiter und junger Leute, dann als Kriegermantel; ſo auch nach Sparta 7. Die
1 Plut. Lyk. 16. und von der Sitte Phigalias Athen. 4, 148 f.
2 Ariſtoph. Wolken 986. Ganz daſſelbe Xen. Staat der Lak. 2, 1.
3 Ebd. Voͤgel 493. 98. ἱμάτιον und χλαῖνα gleichbedeutend: daß aber χλαῖνα und τϱὶβων verſchiedene Species des ἱμάτιον, zeigt derſ. Weſpen 1132., χλαῖνα ἱματ. τετϱἀγωνον nach Didymos.
4 Nur Il. 10, 133. wird einmal die χλαῖνα doppelt gelegt und mit einer Spange (uͤber die Schulter) befeſtigt.
6 nach Pollux und Ammon. Frgm. 68. 69. p. 82. 83 Wolf.
7 S. Ariſtoph. Lyſ. 988. wo es Geſandtenkleid, wie die φοινικὶς oben S. 252, 1. Juvenal 8, 101.
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Dies fuͤhrt uns auf die Maͤnnerkleidung; de-
ren Hauptſtuͤcke wir erſt im allgemeinen benennen muͤſ-
ſen, ehe wir vom Einzelnen ſprechen. Es ſind der
Chiton, ein aͤrmelleſes wollenes Hemd, allen Grie-
chen und Italern gemein, die einzige Kleidung der Kna-
ben 1, da man erſt in der Zeit der Verweichlichung in
Athen begann, auch juͤngere Knaben in Himatien ein-
zuhuͤllen 2; das Himation, bei Homer χλαῖνα ge-
nannt 3, ein viereckiges oder rundlich geſchnittenes
Stuͤck Tuch, welches gewoͤhnlich vom linken Arm aus
nach hinten unter dem rechten durchgenommen, und
mit dem Endzipfel uͤber die linke Schulter geworfen
wird 4; drittens die davon ganz verſchiedene Chla-
mys (Θετταλικὰ πτερὰ), urſpruͤnglich Makedoniſch
und Theſſaliſch 5, ein oblonges, aber mit den beiden
untern Zipfeln ſtark hervortretendes Stuͤck Tuch, wel-
ches mit einer Spange auf der rechten Schulter be-
feſtigt wird, ſo daß es dieſen Arm frei laͤßt. Dieſes
letztere Kleid kommt in den Homeriſchen Geſaͤngen
durchaus nicht vor; Sappho 6 erwaͤhnte es unter den
Griechiſchen Dichtern zuerſt; erſt damals alſo verbrei-
tete es ſich uͤber das eigentliche Griechenland, und
zwar zunaͤchſt als Kleid der Reiter und junger Leute,
dann als Kriegermantel; ſo auch nach Sparta 7. Die
1 Plut. Lyk. 16. und von der Sitte Phigalias Athen. 4,
148 f.
2 Ariſtoph. Wolken 986. Ganz daſſelbe Xen. Staat
der Lak. 2, 1.
3 Ebd. Voͤgel 493. 98. ἱμάτιον und χλαῖνα
gleichbedeutend: daß aber χλαῖνα und τϱὶβων verſchiedene Species
des ἱμάτιον, zeigt derſ. Weſpen 1132., χλαῖνα ἱματ. τετϱἀγωνον
nach Didymos.
4 Nur Il. 10, 133. wird einmal die χλαῖνα
doppelt gelegt und mit einer Spange (uͤber die Schulter) befeſtigt.
5 vgl. Pollux 7, 13, 46. 10, 27, 124. vgl. Hemſterh. Diogen.
Prov. 5, 21. Vatic. Prov. 2, 14. Lexikogr.
6 nach Pollux
und Ammon. Frgm. 68. 69. p. 82. 83 Wolf.
7 S. Ariſtoph.
Lyſ. 988. wo es Geſandtenkleid, wie die φοινικὶς oben S. 252, 1.
Juvenal 8, 101.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/272>, abgerufen am 03.03.2025.
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