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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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um durch die Bewegung des hindurchgesteckten Arms
den bedeutend kleiner gewordenen Schild zu regieren,
hing wahrscheinlich der Spartiatische noch an einem
um den Nacken gelegten Riemen (telamon), und wurde
nur durch einen Ring (porpax) in der hohlen Seite
regiert, der in Friedenszeiten herausgenommen werden
konnte 1. Erst Kleomenes der Dritte führte in Lake-
dämon jene Handhaben und überhaupt eine leichtre Be-
waffnung ein 2.

8.

Die Grundsätze der Lakonischen Taktik fol-
gen schon aus dem oben über die Enomotie und deren
Bewegungen Gesagten; die Evolution derselben, exe-
ligmos, war das Hauptmittel, dem Feinde die besten
Krieger entgegenzustellen 3, und davon vorzüglich
hoffte man den Sieg. Eine besondere Art dieser Evo-
lution hieß die Lakonische; sie beginnt von den Enomo-
tarchen, die sich nach der Lanzenseite umdrehen, und
zwischen ihrer und der nächsten Reihe durchgehn; die
ganze Reihe folgt ihnen, bis sie sich vor dem allein
stehenbleibenden und sich nur umwendenden Uragos auf-
gestellt hat; so daß der ganze Phalanx dabei zugleich
um die Tiefe der Schlachtordnung gegen den im Rücken
erscheinenden Feind vorrückt: wovon die Makedonische
dadurch verschieden ist, daß die Bewegung vom Uragos
anfängt, daher der Phalanx dabei zurückgeschoben

1 S. Kritias (Kalläschros S.) bei Liban. Or. 24. p. 86 R.
Plut. Kleom. 11. Daher Aristoph. Lys. 107. porpakisamenos von
einem Spartiaten. vgl. Schneider Lex. okhane.
2 Von den
Lakedämonischen Schildzeichen Paus. 4, 28, 3. -- daneben auch be-
sondere episema, Plut. Lak. Ap. p. 240. Die Kreter hatten nach
dem Skotion des Hybrias auch laioeia; Homers laiseia pte-
roenta glaube ich in den mit ledernen Fittigen verlängerten Schik-
den auf Vasengemälden zu erkennen, z. B. Tischbein 4, 51.
3 vgl.
Xn. H. 3, 4, 18.

um durch die Bewegung des hindurchgeſteckten Arms
den bedeutend kleiner gewordenen Schild zu regieren,
hing wahrſcheinlich der Spartiatiſche noch an einem
um den Nacken gelegten Riemen (τελαμὼν), und wurde
nur durch einen Ring (πόρπαξ) in der hohlen Seite
regiert, der in Friedenszeiten herausgenommen werden
konnte 1. Erſt Kleomenes der Dritte fuͤhrte in Lake-
daͤmon jene Handhaben und uͤberhaupt eine leichtre Be-
waffnung ein 2.

8.

Die Grundſaͤtze der Lakoniſchen Taktik fol-
gen ſchon aus dem oben uͤber die Enomotie und deren
Bewegungen Geſagten; die Evolution derſelben, ἐξε-
λιγμὸς, war das Hauptmittel, dem Feinde die beſten
Krieger entgegenzuſtellen 3, und davon vorzuͤglich
hoffte man den Sieg. Eine beſondere Art dieſer Evo-
lution hieß die Lakoniſche; ſie beginnt von den Enomo-
tarchen, die ſich nach der Lanzenſeite umdrehen, und
zwiſchen ihrer und der naͤchſten Reihe durchgehn; die
ganze Reihe folgt ihnen, bis ſie ſich vor dem allein
ſtehenbleibenden und ſich nur umwendenden Uragos auf-
geſtellt hat; ſo daß der ganze Phalanx dabei zugleich
um die Tiefe der Schlachtordnung gegen den im Ruͤcken
erſcheinenden Feind vorruͤckt: wovon die Makedoniſche
dadurch verſchieden iſt, daß die Bewegung vom Uragos
anfaͤngt, daher der Phalanx dabei zuruͤckgeſchoben

1 S. Kritias (Kallaͤſchros S.) bei Liban. Or. 24. p. 86 R.
Plut. Kleom. 11. Daher Ariſtoph. Lyſ. 107. ποϱπακισάμενος von
einem Spartiaten. vgl. Schneider Lex. ὀχάνη.
2 Von den
Lakedaͤmoniſchen Schildzeichen Pauſ. 4, 28, 3. — daneben auch be-
ſondere ἐπίσημα, Plut. Lak. Ap. p. 240. Die Kreter hatten nach
dem Skotion des Hybrias auch λαιοήια; Homers λαισήια πτε-
ϱόεντα glaube ich in den mit ledernen Fittigen verlaͤngerten Schik-
den auf Vaſengemaͤlden zu erkennen, z. B. Tiſchbein 4, 51.
3 vgl.
Xn. H. 3, 4, 18.
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[245/0251] um durch die Bewegung des hindurchgeſteckten Arms den bedeutend kleiner gewordenen Schild zu regieren, hing wahrſcheinlich der Spartiatiſche noch an einem um den Nacken gelegten Riemen (τελαμὼν), und wurde nur durch einen Ring (πόρπαξ) in der hohlen Seite regiert, der in Friedenszeiten herausgenommen werden konnte 1. Erſt Kleomenes der Dritte fuͤhrte in Lake- daͤmon jene Handhaben und uͤberhaupt eine leichtre Be- waffnung ein 2. 8. Die Grundſaͤtze der Lakoniſchen Taktik fol- gen ſchon aus dem oben uͤber die Enomotie und deren Bewegungen Geſagten; die Evolution derſelben, ἐξε- λιγμὸς, war das Hauptmittel, dem Feinde die beſten Krieger entgegenzuſtellen 3, und davon vorzuͤglich hoffte man den Sieg. Eine beſondere Art dieſer Evo- lution hieß die Lakoniſche; ſie beginnt von den Enomo- tarchen, die ſich nach der Lanzenſeite umdrehen, und zwiſchen ihrer und der naͤchſten Reihe durchgehn; die ganze Reihe folgt ihnen, bis ſie ſich vor dem allein ſtehenbleibenden und ſich nur umwendenden Uragos auf- geſtellt hat; ſo daß der ganze Phalanx dabei zugleich um die Tiefe der Schlachtordnung gegen den im Ruͤcken erſcheinenden Feind vorruͤckt: wovon die Makedoniſche dadurch verſchieden iſt, daß die Bewegung vom Uragos anfaͤngt, daher der Phalanx dabei zuruͤckgeſchoben 1 S. Kritias (Kallaͤſchros S.) bei Liban. Or. 24. p. 86 R. Plut. Kleom. 11. Daher Ariſtoph. Lyſ. 107. ποϱπακισάμενος von einem Spartiaten. vgl. Schneider Lex. ὀχάνη. 2 Von den Lakedaͤmoniſchen Schildzeichen Pauſ. 4, 28, 3. — daneben auch be- ſondere ἐπίσημα, Plut. Lak. Ap. p. 240. Die Kreter hatten nach dem Skotion des Hybrias auch λαιοήια; Homers λαισήια πτε- ϱόεντα glaube ich in den mit ledernen Fittigen verlaͤngerten Schik- den auf Vaſengemaͤlden zu erkennen, z. B. Tiſchbein 4, 51. 3 vgl. Xn. H. 3, 4, 18.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/251>, abgerufen am 21.11.2024.