Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

Stadt die Freiheit wiedergegeben hatte 1; doch scheint
die Insel gleich darauf unter die Herrschaft der Arte-
misia gefallen zu sein 2. -- Später bahnte der Athe-
nische Einfluß der Demokratie den Eingang, welche
aber von leidenschaftlichen Demagogen gestürzt wurde,
die die Angesehenen zur Vereinigung nöthigten 3. Der
boule od. gerousia der Koer, so wie ihres Prytanen, ist
oben 4 Erwähnung geschehen; die Scheinmagistrate
unter der Römerherrschaft übergehen wir.

3.

Auch in der Argeiischen Colonie Rhodos wird
man sich ursprünglich eine altdorische Verfassung zu
denken haben; auch hier waren Fürsten aus Herakli-
dischem Stamme, und daneben wahrscheinlich ein Rath
mit ähnlichen Rechten wie die Spartiatische Gerusia.
Das Königthum war nun zwar nach Ol. 30 ausgegan-
gen, aber doch dem alten Geschlechte der Eratiden zu
Jalysos ein bedeutender Antheil an der Leitung des
Staats -- etwa das Prytanenamt -- gedlieben. Den
Ruhm der Gerechtigkeit bezeugt diesem ehemaligen Für-
stenstamme Pindar 5: Zeus Vater gieb dem Dia-
goras Huld bei Bürgern und Fremden; denn er
wandelt einen dem Uebermuth entgegenstrebenden Weg
grad' aus; wohl wissend, was ihm der gerechte Sinn
edler Väter eingepflanzt. Stelle nicht den gemeinsamen
Samen des Kallianax ins Dunkel. Bei der Eratiden

1 Wenn man gegen die Bd. 2. S. 170. gemachte Combina-
tion einwenden wollte: Kadmos könne nicht der Sohn des Zan-
kläer
Skythes sein, denn dieser sterbe nach Herod. en Persesi,
Kadmos aber habe die Tyrannis para patros empfangen: so ist
dem durch die Annahme zu begegnen, daß Skythes, obgleich
ihm der K. die Herrschaft von Kos gegeben, doch nicht dort, son-
dern am Hose lebte, wie wir ja dasselbe sonst auch von Histiäos
wissen.
2 Herod. 7, 99.
3 Aristot. 5, 4, 2.
4 S.
91. u. 137.
5 Ol. 7, 89. Kallianax ist einer der Ahnen des
Diagoras aus dem genos Eratidon.
10 *

Stadt die Freiheit wiedergegeben hatte 1; doch ſcheint
die Inſel gleich darauf unter die Herrſchaft der Arte-
miſia gefallen zu ſein 2. — Spaͤter bahnte der Athe-
niſche Einfluß der Demokratie den Eingang, welche
aber von leidenſchaftlichen Demagogen geſtuͤrzt wurde,
die die Angeſehenen zur Vereinigung noͤthigten 3. Der
βουλὴ od. γερουσία der Koer, ſo wie ihres Prytanen, iſt
oben 4 Erwaͤhnung geſchehen; die Scheinmagiſtrate
unter der Roͤmerherrſchaft uͤbergehen wir.

3.

Auch in der Argeiiſchen Colonie Rhodos wird
man ſich urſpruͤnglich eine altdoriſche Verfaſſung zu
denken haben; auch hier waren Fuͤrſten aus Herakli-
diſchem Stamme, und daneben wahrſcheinlich ein Rath
mit aͤhnlichen Rechten wie die Spartiatiſche Geruſia.
Das Koͤnigthum war nun zwar nach Ol. 30 ausgegan-
gen, aber doch dem alten Geſchlechte der Eratiden zu
Jalyſos ein bedeutender Antheil an der Leitung des
Staats — etwa das Prytanenamt — gedlieben. Den
Ruhm der Gerechtigkeit bezeugt dieſem ehemaligen Fuͤr-
ſtenſtamme Pindar 5: Zeus Vater gieb dem Dia-
goras Huld bei Buͤrgern und Fremden; denn er
wandelt einen dem Uebermuth entgegenſtrebenden Weg
grad’ aus; wohl wiſſend, was ihm der gerechte Sinn
edler Vaͤter eingepflanzt. Stelle nicht den gemeinſamen
Samen des Kallianax ins Dunkel. Bei der Eratiden

1 Wenn man gegen die Bd. 2. S. 170. gemachte Combina-
tion einwenden wollte: Kadmos koͤnne nicht der Sohn des Zan-
klaͤer
Skythes ſein, denn dieſer ſterbe nach Herod. ἐν Πέϱσῃσι,
Kadmos aber habe die Tyrannis παϱὰ πατϱὸς empfangen: ſo iſt
dem durch die Annahme zu begegnen, daß Skythes, obgleich
ihm der K. die Herrſchaft von Kos gegeben, doch nicht dort, ſon-
dern am Hoſe lebte, wie wir ja daſſelbe ſonſt auch von Hiſtiaͤos
wiſſen.
2 Herod. 7, 99.
3 Ariſtot. 5, 4, 2.
4 S.
91. u. 137.
5 Ol. 7, 89. Kallianax iſt einer der Ahnen des
Diagoras aus dem γένος Ἐϱατιδῶν.
10 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0153" n="147"/>
Stadt die Freiheit wiedergegeben hatte <note place="foot" n="1">Wenn man gegen die Bd. 2. S. 170. gemachte Combina-<lb/>
tion einwenden wollte: Kadmos ko&#x0364;nne nicht der Sohn des <hi rendition="#g">Zan-<lb/>
kla&#x0364;er</hi> Skythes &#x017F;ein, denn die&#x017F;er &#x017F;terbe nach Herod. &#x1F10;&#x03BD; &#x03A0;&#x03AD;&#x03F1;&#x03C3;&#x1FC3;&#x03C3;&#x03B9;,<lb/>
Kadmos aber habe die Tyrannis &#x03C0;&#x03B1;&#x03F1;&#x1F70; &#x03C0;&#x03B1;&#x03C4;&#x03F1;&#x1F78;&#x03C2; empfangen: &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
dem durch die Annahme zu begegnen, daß Skythes, <hi rendition="#g">obgleich</hi><lb/>
ihm der K. die Herr&#x017F;chaft von Kos gegeben, doch nicht dort, &#x017F;on-<lb/>
dern am Ho&#x017F;e lebte, wie wir ja da&#x017F;&#x017F;elbe &#x017F;on&#x017F;t auch von Hi&#x017F;tia&#x0364;os<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en.</note>; doch &#x017F;cheint<lb/>
die In&#x017F;el gleich darauf unter die Herr&#x017F;chaft der Arte-<lb/>
mi&#x017F;ia gefallen zu &#x017F;ein <note place="foot" n="2">Herod. 7, 99.</note>. &#x2014; Spa&#x0364;ter bahnte der Athe-<lb/>
ni&#x017F;che Einfluß der Demokratie den Eingang, welche<lb/>
aber von leiden&#x017F;chaftlichen Demagogen ge&#x017F;tu&#x0364;rzt wurde,<lb/>
die die Ange&#x017F;ehenen zur Vereinigung no&#x0364;thigten <note place="foot" n="3">Ari&#x017F;tot. 5, 4, 2.</note>. Der<lb/>
&#x03B2;&#x03BF;&#x03C5;&#x03BB;&#x1F74; od. &#x03B3;&#x03B5;&#x03C1;&#x03BF;&#x03C5;&#x03C3;&#x03AF;&#x03B1; der Koer, &#x017F;o wie ihres Prytanen, i&#x017F;t<lb/>
oben <note place="foot" n="4">S.<lb/>
91. u. 137.</note> Erwa&#x0364;hnung ge&#x017F;chehen; die Scheinmagi&#x017F;trate<lb/>
unter der Ro&#x0364;merherr&#x017F;chaft u&#x0364;bergehen wir.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>3.</head><lb/>
            <p>Auch in der Argeii&#x017F;chen Colonie <hi rendition="#g">Rhodos</hi> wird<lb/>
man &#x017F;ich ur&#x017F;pru&#x0364;nglich eine altdori&#x017F;che Verfa&#x017F;&#x017F;ung zu<lb/>
denken haben; auch hier waren Fu&#x0364;r&#x017F;ten aus Herakli-<lb/>
di&#x017F;chem Stamme, und daneben wahr&#x017F;cheinlich ein Rath<lb/>
mit a&#x0364;hnlichen Rechten wie die Spartiati&#x017F;che Geru&#x017F;ia.<lb/>
Das Ko&#x0364;nigthum war nun zwar nach Ol. 30 ausgegan-<lb/>
gen, aber doch dem alten Ge&#x017F;chlechte der Eratiden zu<lb/>
Jaly&#x017F;os ein bedeutender Antheil an der Leitung des<lb/>
Staats &#x2014; etwa das Prytanenamt &#x2014; gedlieben. Den<lb/>
Ruhm der Gerechtigkeit bezeugt die&#x017F;em ehemaligen Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten&#x017F;tamme Pindar <note place="foot" n="5">Ol. 7, 89. Kallianax i&#x017F;t einer der Ahnen des<lb/>
Diagoras aus dem &#x03B3;&#x03AD;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2; &#x1F18;&#x03F1;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B9;&#x03B4;&#x1FF6;&#x03BD;.</note>: Zeus Vater gieb dem Dia-<lb/>
goras Huld bei Bu&#x0364;rgern und Fremden; denn er<lb/>
wandelt einen dem Uebermuth entgegen&#x017F;trebenden Weg<lb/>
grad&#x2019; aus; wohl wi&#x017F;&#x017F;end, was ihm der gerechte Sinn<lb/>
edler Va&#x0364;ter eingepflanzt. Stelle nicht den gemein&#x017F;amen<lb/>
Samen des Kallianax ins Dunkel. Bei der Eratiden<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">10 *</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0153] Stadt die Freiheit wiedergegeben hatte 1; doch ſcheint die Inſel gleich darauf unter die Herrſchaft der Arte- miſia gefallen zu ſein 2. — Spaͤter bahnte der Athe- niſche Einfluß der Demokratie den Eingang, welche aber von leidenſchaftlichen Demagogen geſtuͤrzt wurde, die die Angeſehenen zur Vereinigung noͤthigten 3. Der βουλὴ od. γερουσία der Koer, ſo wie ihres Prytanen, iſt oben 4 Erwaͤhnung geſchehen; die Scheinmagiſtrate unter der Roͤmerherrſchaft uͤbergehen wir. 3. Auch in der Argeiiſchen Colonie Rhodos wird man ſich urſpruͤnglich eine altdoriſche Verfaſſung zu denken haben; auch hier waren Fuͤrſten aus Herakli- diſchem Stamme, und daneben wahrſcheinlich ein Rath mit aͤhnlichen Rechten wie die Spartiatiſche Geruſia. Das Koͤnigthum war nun zwar nach Ol. 30 ausgegan- gen, aber doch dem alten Geſchlechte der Eratiden zu Jalyſos ein bedeutender Antheil an der Leitung des Staats — etwa das Prytanenamt — gedlieben. Den Ruhm der Gerechtigkeit bezeugt dieſem ehemaligen Fuͤr- ſtenſtamme Pindar 5: Zeus Vater gieb dem Dia- goras Huld bei Buͤrgern und Fremden; denn er wandelt einen dem Uebermuth entgegenſtrebenden Weg grad’ aus; wohl wiſſend, was ihm der gerechte Sinn edler Vaͤter eingepflanzt. Stelle nicht den gemeinſamen Samen des Kallianax ins Dunkel. Bei der Eratiden 1 Wenn man gegen die Bd. 2. S. 170. gemachte Combina- tion einwenden wollte: Kadmos koͤnne nicht der Sohn des Zan- klaͤer Skythes ſein, denn dieſer ſterbe nach Herod. ἐν Πέϱσῃσι, Kadmos aber habe die Tyrannis παϱὰ πατϱὸς empfangen: ſo iſt dem durch die Annahme zu begegnen, daß Skythes, obgleich ihm der K. die Herrſchaft von Kos gegeben, doch nicht dort, ſon- dern am Hoſe lebte, wie wir ja daſſelbe ſonſt auch von Hiſtiaͤos wiſſen. 2 Herod. 7, 99. 3 Ariſtot. 5, 4, 2. 4 S. 91. u. 137. 5 Ol. 7, 89. Kallianax iſt einer der Ahnen des Diagoras aus dem γένος Ἐϱατιδῶν. 10 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/153
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/153>, abgerufen am 22.12.2024.