leidigt und verhöhnt wurde 1; und ihr Antheil an der Aufsicht über Erziehung 2, so wie an der Sorge für die Feier der öffentlichen Spiele 3 machte sie auch zu Richtern in dahin einschlagenden Sachen. Doch wissen wir in solchen Dingen nicht, was sie als abgesonder- tes Collegium, was sie mit andern Magistraten zu- sammen, z. B. als Beisitzer der Könige, thaten 4. Sie richteten nach ungeschriebenem Recht, da Sparta kein anderes kannte; Aristoteles nennt dies verkennend nach Willkühr 5.
5.
Noch wichtiger war aber zweitens für die Ausdehnung der Gewalt der Ephoren, daß diese sich, wir wissen nicht von welcher Zeit an, in eine Verbin- dung mit der Volksversammlung gesetzt hatten, so daß sie vor allen andern Magistraten mit ihr ver- handelten. Sie konnten das Volk berufen 6 und stim- men lassen 7. Gesetze vorzuschlagen 8, wenn auch ge- wiß nur nachdem sie durch die Gerusia gegangen, müssen sie schon in frühen Zeiten befugt gewesen sein, wenn der Ephoros Cheilon mit Recht als Gesetzgeber genannt wird 9. Besonders zeigen sie große Gewalt in Verhandlungen mit fremden Staaten. Sie ließen Gesandte zu, aber konnten sie auch gleich von der Gränze zurücksenden 10, so wie sie auch gefährliche Fremde aus der Stadt zu treiben berechtigt 11, und also wohl überhaupt die Xenelasie zu handhaben beauftragt wa- ren; sie führten oft mit großer Vollmacht die Verhand-
1 Plut. Inst. Lac. p. 254.
2 Xen. Staat 4, 3. 6. Aelian V. G. 3, 10. 14, 7.
3 Xen. Hell. 6, 4, 16. Plut. Ages. 29. Die Geschichte von Timotheos.
4 Herod. 6, 63.
5 Pol. 2, 6, 16.
6 Plut. Ag. 9.
7 Thuk. 1, 87.
8 Plut. Ag. 5. retran egrapse.
9 Aelian V. G. 3, 17.
10 Xen. Hell. 2, 2, 13. 19.
11 Her. 3, 148. Plut. Lak Apophth. p. 214.
leidigt und verhoͤhnt wurde 1; und ihr Antheil an der Aufſicht uͤber Erziehung 2, ſo wie an der Sorge fuͤr die Feier der oͤffentlichen Spiele 3 machte ſie auch zu Richtern in dahin einſchlagenden Sachen. Doch wiſſen wir in ſolchen Dingen nicht, was ſie als abgeſonder- tes Collegium, was ſie mit andern Magiſtraten zu- ſammen, z. B. als Beiſitzer der Koͤnige, thaten 4. Sie richteten nach ungeſchriebenem Recht, da Sparta kein anderes kannte; Ariſtoteles nennt dies verkennend nach Willkuͤhr 5.
5.
Noch wichtiger war aber zweitens fuͤr die Ausdehnung der Gewalt der Ephoren, daß dieſe ſich, wir wiſſen nicht von welcher Zeit an, in eine Verbin- dung mit der Volksverſammlung geſetzt hatten, ſo daß ſie vor allen andern Magiſtraten mit ihr ver- handelten. Sie konnten das Volk berufen 6 und ſtim- men laſſen 7. Geſetze vorzuſchlagen 8, wenn auch ge- wiß nur nachdem ſie durch die Geruſia gegangen, muͤſſen ſie ſchon in fruͤhen Zeiten befugt geweſen ſein, wenn der Ephoros Cheilon mit Recht als Geſetzgeber genannt wird 9. Beſonders zeigen ſie große Gewalt in Verhandlungen mit fremden Staaten. Sie ließen Geſandte zu, aber konnten ſie auch gleich von der Graͤnze zuruͤckſenden 10, ſo wie ſie auch gefaͤhrliche Fremde aus der Stadt zu treiben berechtigt 11, und alſo wohl uͤberhaupt die Xenelaſie zu handhaben beauftragt wa- ren; ſie fuͤhrten oft mit großer Vollmacht die Verhand-
1 Plut. Inst. Lac. p. 254.
2 Xen. Staat 4, 3. 6. Aelian V. G. 3, 10. 14, 7.
3 Xen. Hell. 6, 4, 16. Plut. Ageſ. 29. Die Geſchichte von Timotheos.
4 Herod. 6, 63.
5 Pol. 2, 6, 16.
6 Plut. Ag. 9.
7 Thuk. 1, 87.
8 Plut. Ag. 5. ϱ̔ήτϱαν ἔγϱαψε.
9 Aelian V. G. 3, 17.
10 Xen. Hell. 2, 2, 13. 19.
11 Her. 3, 148. Plut. Lak Apophth. p. 214.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0127"n="121"/>
leidigt und verhoͤhnt wurde <noteplace="foot"n="1">Plut. <hirendition="#aq">Inst. Lac. p. 254.</hi></note>; und ihr Antheil an der<lb/>
Aufſicht uͤber Erziehung <noteplace="foot"n="2">Xen. Staat 4, 3. 6.<lb/>
Aelian V. G. 3, 10. 14, 7.</note>, ſo wie an der Sorge fuͤr<lb/>
die Feier der oͤffentlichen Spiele <noteplace="foot"n="3">Xen. Hell. 6, 4, 16. Plut.<lb/>
Ageſ. 29. Die Geſchichte von Timotheos.</note> machte ſie auch zu<lb/>
Richtern in dahin einſchlagenden Sachen. Doch wiſſen<lb/>
wir in ſolchen Dingen nicht, was ſie als abgeſonder-<lb/>
tes Collegium, was ſie mit andern Magiſtraten zu-<lb/>ſammen, z. B. als Beiſitzer der Koͤnige, thaten <noteplace="foot"n="4">Herod. 6, 63.</note>.<lb/>
Sie richteten nach ungeſchriebenem Recht, da Sparta<lb/>
kein anderes kannte; Ariſtoteles nennt dies verkennend<lb/>
nach Willkuͤhr <noteplace="foot"n="5">Pol. 2, 6, 16.</note>.</p></div><lb/><divn="3"><head>5.</head><lb/><p>Noch wichtiger war aber zweitens fuͤr die<lb/>
Ausdehnung der Gewalt der Ephoren, daß dieſe ſich,<lb/>
wir wiſſen nicht von welcher Zeit an, in eine Verbin-<lb/>
dung mit der <hirendition="#g">Volksverſammlung</hi> geſetzt hatten,<lb/>ſo daß ſie vor allen andern Magiſtraten mit ihr ver-<lb/>
handelten. Sie konnten das Volk berufen <noteplace="foot"n="6">Plut. Ag. 9.</note> und ſtim-<lb/>
men laſſen <noteplace="foot"n="7">Thuk. 1, 87.</note>. Geſetze vorzuſchlagen <noteplace="foot"n="8">Plut. Ag. 5. ϱ̔ήτϱανἔγϱαψε.</note>, wenn auch ge-<lb/>
wiß nur nachdem ſie durch die Geruſia gegangen,<lb/>
muͤſſen ſie ſchon in fruͤhen Zeiten befugt geweſen ſein,<lb/>
wenn der Ephoros Cheilon mit Recht als Geſetzgeber<lb/>
genannt wird <noteplace="foot"n="9">Aelian V. G. 3, 17.</note>. Beſonders zeigen ſie große Gewalt<lb/>
in Verhandlungen mit fremden Staaten. Sie ließen<lb/>
Geſandte zu, aber konnten ſie auch gleich von der<lb/>
Graͤnze zuruͤckſenden <noteplace="foot"n="10">Xen. Hell. 2, 2, 13. 19.</note>, ſo wie ſie auch gefaͤhrliche Fremde<lb/>
aus der Stadt zu treiben berechtigt <noteplace="foot"n="11">Her. 3, 148. Plut. Lak<lb/>
Apophth. <hirendition="#aq">p.</hi> 214.</note>, und alſo wohl<lb/>
uͤberhaupt die Xenelaſie zu handhaben beauftragt wa-<lb/>
ren; ſie fuͤhrten oft mit großer Vollmacht die Verhand-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[121/0127]
leidigt und verhoͤhnt wurde 1; und ihr Antheil an der
Aufſicht uͤber Erziehung 2, ſo wie an der Sorge fuͤr
die Feier der oͤffentlichen Spiele 3 machte ſie auch zu
Richtern in dahin einſchlagenden Sachen. Doch wiſſen
wir in ſolchen Dingen nicht, was ſie als abgeſonder-
tes Collegium, was ſie mit andern Magiſtraten zu-
ſammen, z. B. als Beiſitzer der Koͤnige, thaten 4.
Sie richteten nach ungeſchriebenem Recht, da Sparta
kein anderes kannte; Ariſtoteles nennt dies verkennend
nach Willkuͤhr 5.
5.
Noch wichtiger war aber zweitens fuͤr die
Ausdehnung der Gewalt der Ephoren, daß dieſe ſich,
wir wiſſen nicht von welcher Zeit an, in eine Verbin-
dung mit der Volksverſammlung geſetzt hatten,
ſo daß ſie vor allen andern Magiſtraten mit ihr ver-
handelten. Sie konnten das Volk berufen 6 und ſtim-
men laſſen 7. Geſetze vorzuſchlagen 8, wenn auch ge-
wiß nur nachdem ſie durch die Geruſia gegangen,
muͤſſen ſie ſchon in fruͤhen Zeiten befugt geweſen ſein,
wenn der Ephoros Cheilon mit Recht als Geſetzgeber
genannt wird 9. Beſonders zeigen ſie große Gewalt
in Verhandlungen mit fremden Staaten. Sie ließen
Geſandte zu, aber konnten ſie auch gleich von der
Graͤnze zuruͤckſenden 10, ſo wie ſie auch gefaͤhrliche Fremde
aus der Stadt zu treiben berechtigt 11, und alſo wohl
uͤberhaupt die Xenelaſie zu handhaben beauftragt wa-
ren; ſie fuͤhrten oft mit großer Vollmacht die Verhand-
1 Plut. Inst. Lac. p. 254.
2 Xen. Staat 4, 3. 6.
Aelian V. G. 3, 10. 14, 7.
3 Xen. Hell. 6, 4, 16. Plut.
Ageſ. 29. Die Geſchichte von Timotheos.
4 Herod. 6, 63.
5 Pol. 2, 6, 16.
6 Plut. Ag. 9.
7 Thuk. 1, 87.
8 Plut. Ag. 5. ϱ̔ήτϱαν ἔγϱαψε.
9 Aelian V. G. 3, 17.
10 Xen. Hell. 2, 2, 13. 19.
11 Her. 3, 148. Plut. Lak
Apophth. p. 214.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/127>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.