schen Flöten gespielt 1; weiterhin der Gingras oder Adonisgesang, und das Pelusiotische Ackerlied Mane- ros, das schon Herodot mit dem Linos verglichen hat 2. Ja in Kypros erneuert sich gewissermaßen der Kampf der entgegengesetzten Sangweisen, nach der Sage, daß Kinyras, der Aphroditenpriester und Erfinder klagen- der Adoniasmen, gleich Marsyas und Linos, im Wett- streit von Apoll überwunden und erschlagen worden sei 3.
So sehen wir also den Gott, der ein Vorstand ist einer strengen, einfachen, ruhigen Hellenischen Musik, im Kampfe mit dem leidenschaftlichen, bald unruhig bewegten, bald erschlafften Geiste, den eine entgegen- gesetzte Naturreligion, die das menschliche Gemüth vom Schwindel orgiastischer Freude in die Tiefen aufgelösten Schmerzes zu stürzen liebt, auch in den Anfängen der Musik darlegt, und finden auch hier eine völlige Har- monie aller einzelnen Erscheinungen mit den Haupt- prinzipien. -- Wenn wir dadurch schon auf den Cha- rakter des musischen Cultus in den Tempeln Apollons im Allgemeinen hingewiesen haben, so werden wir eine genauere Kenntniß davon durch Unterscheidung der ein- zelnen Arten desselben gewinnen.
13.
Eine uralte Art des Gesanges, mit der nach der Sage schon Chrysothemis der Kreter und Philam- mon wettstreitend zu Delphi auftraten, war ein
gleicht, daher bei den Schol. Aesch. Hyagnis Schüler des Marian- dynos.
1 Poll. 4, 10, 76.
2 2, 79. vgl. Klearch bei Hesych. Pollux a. O.
3 Eust. Il. 1. V. 20. Der Name Kinyras ist griechisch zur Aehnlichkeit von kinuros umgemodelt. Daß ihn Ap. liebt, (Pind. P. 2, 16. vgl. Schol. Theokr. 1, 109.) bezeichnet ihn blos als musikliebend.
ſchen Floͤten geſpielt 1; weiterhin der Gingras oder Adonisgeſang, und das Peluſiotiſche Ackerlied Mane- ros, das ſchon Herodot mit dem Linos verglichen hat 2. Ja in Kypros erneuert ſich gewiſſermaßen der Kampf der entgegengeſetzten Sangweiſen, nach der Sage, daß Kinyras, der Aphroditenprieſter und Erfinder klagen- der Adoniasmen, gleich Marſyas und Linos, im Wett- ſtreit von Apoll uͤberwunden und erſchlagen worden ſei 3.
So ſehen wir alſo den Gott, der ein Vorſtand iſt einer ſtrengen, einfachen, ruhigen Helleniſchen Muſik, im Kampfe mit dem leidenſchaftlichen, bald unruhig bewegten, bald erſchlafften Geiſte, den eine entgegen- geſetzte Naturreligion, die das menſchliche Gemuͤth vom Schwindel orgiaſtiſcher Freude in die Tiefen aufgeloͤsten Schmerzes zu ſtuͤrzen liebt, auch in den Anfaͤngen der Muſik darlegt, und finden auch hier eine voͤllige Har- monie aller einzelnen Erſcheinungen mit den Haupt- prinzipien. — Wenn wir dadurch ſchon auf den Cha- rakter des muſiſchen Cultus in den Tempeln Apollons im Allgemeinen hingewieſen haben, ſo werden wir eine genauere Kenntniß davon durch Unterſcheidung der ein- zelnen Arten deſſelben gewinnen.
13.
Eine uralte Art des Geſanges, mit der nach der Sage ſchon Chryſothemis der Kreter und Philam- mon wettſtreitend zu Delphi auftraten, war ein
gleicht, daher bei den Schol. Aeſch. Hyagnis Schuͤler des Marian- dynos.
1 Poll. 4, 10, 76.
2 2, 79. vgl. Klearch bei Heſych. Pollux a. O.
3 Euſt. Il. 1. V. 20. Der Name Kinyras iſt griechiſch zur Aehnlichkeit von κινυϱὸς umgemodelt. Daß ihn Ap. liebt, (Pind. P. 2, 16. vgl. Schol. Theokr. 1, 109.) bezeichnet ihn blos als muſikliebend.
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ſchen Floͤten geſpielt 1; weiterhin der Gingras oder
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Ja in Kypros erneuert ſich gewiſſermaßen der Kampf
der entgegengeſetzten Sangweiſen, nach der Sage, daß
Kinyras, der Aphroditenprieſter und Erfinder klagen-
der Adoniasmen, gleich Marſyas und Linos, im Wett-
ſtreit von Apoll uͤberwunden und erſchlagen worden
ſei 3.
So ſehen wir alſo den Gott, der ein Vorſtand iſt
einer ſtrengen, einfachen, ruhigen Helleniſchen Muſik,
im Kampfe mit dem leidenſchaftlichen, bald unruhig
bewegten, bald erſchlafften Geiſte, den eine entgegen-
geſetzte Naturreligion, die das menſchliche Gemuͤth vom
Schwindel orgiaſtiſcher Freude in die Tiefen aufgeloͤsten
Schmerzes zu ſtuͤrzen liebt, auch in den Anfaͤngen der
Muſik darlegt, und finden auch hier eine voͤllige Har-
monie aller einzelnen Erſcheinungen mit den Haupt-
prinzipien. — Wenn wir dadurch ſchon auf den Cha-
rakter des muſiſchen Cultus in den Tempeln Apollons
im Allgemeinen hingewieſen haben, ſo werden wir eine
genauere Kenntniß davon durch Unterſcheidung der ein-
zelnen Arten deſſelben gewinnen.
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Eine uralte Art des Geſanges, mit der nach
der Sage ſchon Chryſothemis der Kreter und Philam-
mon wettſtreitend zu Delphi auftraten, war ein
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1 Poll. 4, 10, 76.
2 2, 79. vgl. Klearch bei Heſych.
Pollux a. O.
3 Euſt. Il. 1. V. 20. Der Name Kinyras
iſt griechiſch zur Aehnlichkeit von κινυϱὸς umgemodelt. Daß ihn
Ap. liebt, (Pind. P. 2, 16. vgl. Schol. Theokr. 1, 109.) bezeichnet
ihn blos als muſikliebend.
10 gleicht, daher bei den Schol. Aeſch. Hyagnis Schuͤler des Marian-
dynos.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/378>, abgerufen am 22.02.2025.
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