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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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der reine, fleckenlose Gott, der oft auch mit Nachdruck
agnos theos genannt wird 1. Besonders heißt er so,
wenn er gesühnt von Tempe zurückkehrt 2. In dersel-
ben Beziehung ist er xanthos, das auch rein, hell be-
deutet 3, daher die Flüsse bei Heiligthümern des Got-
tes in Troia und Lykien Xanthos heißen 4, und bei
den Makedoniern das Sühnfest des Heeres Ksanthika 5.
Der von ewiger Klarheit umgebene Gott ist frei von
Verdunkelung durch irdisches Leid; darum verbietet
Aeschylos mehrmals ihn bei der Trauer zu nennen 6.
Die Wogen des Kokytos sind ihm ein Gräuel 7, und
der Nachen Charons heißt bei dem Dichter, mit sinn-
reicher Anspielung auf die Delische Theoris, ein

Schmuckloses schwarz beseegeltes Theorenschiff,
Das nie Apollons Fuß berührt noch Sonnenstrahl. 8

Daher auch die Erklärung einiger Grammatiker "Apol-
lon trage deswegen langes Haar (akersekomes), weil
er von Trauer frei sei", nicht geradezu verworfen wer-
den kann 9.

8.

Wir kommen jetzt zu dem räthselhaften Namen
des Gottes "Lykeios". Es gehört zu den unbestreit-
baren Verdiensten Creuzers, diesen Namen zuerst zum
Gegenstande eindringender Untersuchungen gemacht zu

1 Aeschyl. Iket. 222. Pind. P. 9, 66. Plut. Ei 20. S.
243. de exilio 17. S. 386. Apollo sanctus, Cic. Tusc. 4, 34.
Montfaucon. T. 1. pl. 52. 11. 10. -- Phoibonomeisthai sagte
man von den Thessal. Weissagern, wenn sie an den apophrades
emerai einzeln lebten, Plut. Ei 20. S. 243.
2 Plut. de
def. or.
21.
3 Theophr. v. d. Steinen 37.
4 Vgl. phoibon
udor Apollon. Lex. Lykophr. 1009.
5 Sturz de lingua Ma-
ced.
6 Agam. 1084. 88. vgl. Eurip. Alkest. 22.
7 VII,
V. 696.
8 V. 865. vgl. Eurip. bei Plut. Ei 20. S. 246.
loibai nekuon phthimenon aoidai as o khrusokomas Apollon ouk
endekhetai, was Hermann in Eurip. Suppl. 999. aufgenommen.
9 Hesych akers. vgl. Creuzer Meletemm. 1. S. 31.

der reine, fleckenloſe Gott, der oft auch mit Nachdruck
ἁγνὸς ϑεός genannt wird 1. Beſonders heißt er ſo,
wenn er geſuͤhnt von Tempe zuruͤckkehrt 2. In derſel-
ben Beziehung iſt er ξανϑός, das auch rein, hell be-
deutet 3, daher die Fluͤſſe bei Heiligthuͤmern des Got-
tes in Troia und Lykien Xanthos heißen 4, und bei
den Makedoniern das Suͤhnfeſt des Heeres Ξανϑικά 5.
Der von ewiger Klarheit umgebene Gott iſt frei von
Verdunkelung durch irdiſches Leid; darum verbietet
Aeſchylos mehrmals ihn bei der Trauer zu nennen 6.
Die Wogen des Kokytos ſind ihm ein Graͤuel 7, und
der Nachen Charons heißt bei dem Dichter, mit ſinn-
reicher Anſpielung auf die Deliſche Theoris, ein

Schmuckloſes ſchwarz beſeegeltes Theorenſchiff,
Das nie Apollons Fuß beruͤhrt noch Sonnenſtrahl. 8

Daher auch die Erklaͤrung einiger Grammatiker “Apol-
lon trage deswegen langes Haar (ἀκερσεκόμης), weil
er von Trauer frei ſei”, nicht geradezu verworfen wer-
den kann 9.

8.

Wir kommen jetzt zu dem raͤthſelhaften Namen
des Gottes “Lykeios”. Es gehoͤrt zu den unbeſtreit-
baren Verdienſten Creuzers, dieſen Namen zuerſt zum
Gegenſtande eindringender Unterſuchungen gemacht zu

1 Aeſchyl. Ἱκετ. 222. Pind. P. 9, 66. Plut. Ei 20. S.
243. de exilio 17. S. 386. Apollo sanctus, Cic. Tusc. 4, 34.
Montfaucon. T. 1. pl. 52. 11. 10. — Φοιβονομεῖσϑαι ſagte
man von den Theſſal. Weiſſagern, wenn ſie an den ἀποφϱάδες
ἡμέϱαι einzeln lebten, Plut. Ei 20. S. 243.
2 Plut. de
def. or.
21.
3 Theophr. v. d. Steinen 37.
4 Vgl. φοῖβον
ὕδωϱ Apollon. Lex. Lykophr. 1009.
5 Sturz de lingua Ma-
ced.
6 Agam. 1084. 88. vgl. Eurip. Alkeſt. 22.
7 VII,
V. 696.
8 V. 865. vgl. Eurip. bei Plut. Ei 20. S. 246.
λοιβαὶ νεκύων φϑιμένων ἀοιδαὶ ἃς ὁ χϱυσοκόμας Ἀπόλλων οὐκ
ἐνδέχεται, was Hermann in Eurip. Suppl. 999. aufgenommen.
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[302/0332] der reine, fleckenloſe Gott, der oft auch mit Nachdruck ἁγνὸς ϑεός genannt wird 1. Beſonders heißt er ſo, wenn er geſuͤhnt von Tempe zuruͤckkehrt 2. In derſel- ben Beziehung iſt er ξανϑός, das auch rein, hell be- deutet 3, daher die Fluͤſſe bei Heiligthuͤmern des Got- tes in Troia und Lykien Xanthos heißen 4, und bei den Makedoniern das Suͤhnfeſt des Heeres Ξανϑικά 5. Der von ewiger Klarheit umgebene Gott iſt frei von Verdunkelung durch irdiſches Leid; darum verbietet Aeſchylos mehrmals ihn bei der Trauer zu nennen 6. Die Wogen des Kokytos ſind ihm ein Graͤuel 7, und der Nachen Charons heißt bei dem Dichter, mit ſinn- reicher Anſpielung auf die Deliſche Theoris, ein Schmuckloſes ſchwarz beſeegeltes Theorenſchiff, Das nie Apollons Fuß beruͤhrt noch Sonnenſtrahl. 8 Daher auch die Erklaͤrung einiger Grammatiker “Apol- lon trage deswegen langes Haar (ἀκερσεκόμης), weil er von Trauer frei ſei”, nicht geradezu verworfen wer- den kann 9. 8. Wir kommen jetzt zu dem raͤthſelhaften Namen des Gottes “Lykeios”. Es gehoͤrt zu den unbeſtreit- baren Verdienſten Creuzers, dieſen Namen zuerſt zum Gegenſtande eindringender Unterſuchungen gemacht zu 1 Aeſchyl. Ἱκετ. 222. Pind. P. 9, 66. Plut. Ei 20. S. 243. de exilio 17. S. 386. Apollo sanctus, Cic. Tusc. 4, 34. Montfaucon. T. 1. pl. 52. 11. 10. — Φοιβονομεῖσϑαι ſagte man von den Theſſal. Weiſſagern, wenn ſie an den ἀποφϱάδες ἡμέϱαι einzeln lebten, Plut. Ei 20. S. 243. 2 Plut. de def. or. 21. 3 Theophr. v. d. Steinen 37. 4 Vgl. φοῖβον ὕδωϱ Apollon. Lex. Lykophr. 1009. 5 Sturz de lingua Ma- ced. 6 Agam. 1084. 88. vgl. Eurip. Alkeſt. 22. 7 VII, V. 696. 8 V. 865. vgl. Eurip. bei Plut. Ei 20. S. 246. λοιβαὶ νεκύων φϑιμένων ἀοιδαὶ ἃς ὁ χϱυσοκόμας Ἀπόλλων οὐκ ἐνδέχεται, was Hermann in Eurip. Suppl. 999. aufgenommen. 9 Heſych ἀκεϱσ. vgl. Creuzer Meletemm. 1. S. 31.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/332>, abgerufen am 30.12.2024.