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Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826.

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me thätig waren, beweist die beigefügte Urkunde über den
Traum. Auch Cardanus, indem er von seinen Phan-
tasiebildern spricht, ahndet ihre Entstehung und beruft sich
auf das richtige Verständniß Averrhoes. Cum spi-
ritus imaginationi serviens formas imaginando conceperit
soni aut qualitatis cuiusdam, quae odore aut tactu dignos-
catur, aut mortui vel daemonis, illaque transferatur ad
sensum, qui actioni ei correspondet, in odoribus quidem
ad instrumentum olfactus proprium, in auditu ad aures,
in spectris ad oculos, necessario olfaciet, aut audiet,
aut videbit, nullo assistente obiecto. Averrhoe in
Collectaneis.



VI. Das Einbilden leuchtender Phantas-
men in das Sehfeld im magnetischen
Schlafwachen
.

Das magnetische Hellsehen.
94.

Wer uns in der bisherigen Auseinandersetzung und
Entwicklung eines und desselben Phaenomenes in verschie-
denen Zuständen gefolgt ist, dem wird es nicht einfallen
zu glauben, daß in dem magnetischen Zustande, den man
das Hellsehen nennt, mit den Fingerspitzen oder mit der
Herzgrube gesehen werde. Es ist in der That nichts lächerlicher
als diese geläufigen Behauptungen, wofür man auch nicht
eine zuverlässige Thatsache angeführt hat, wofür nicht ein-
mal der Beweis aufrichtig gesucht worden ist, die
nur durch eine immer fortgesetzte und immer kräftigere
Wiederhohlung gleichsam ex usucaptione gangbar geworden.

me thaͤtig waren, beweist die beigefuͤgte Urkunde uͤber den
Traum. Auch Cardanus, indem er von ſeinen Phan-
taſiebildern ſpricht, ahndet ihre Entſtehung und beruft ſich
auf das richtige Verſtaͤndniß Averrhoes. Cum spi-
ritus imaginationi serviens formas imaginando conceperit
soni aut qualitatis cuiusdam, quae odore aut tactu dignos-
catur, aut mortui vel daemonis, illaque transferatur ad
sensum, qui actioni ei correspondet, in odoribus quidem
ad instrumentum olfactus proprium, in auditu ad aures,
in spectris ad oculos, necessario olfaciet, aut audiet,
aut videbit, nullo assistente obiecto. Averrhoë in
Collectaneis.



VI. Das Einbilden leuchtender Phantas-
men in das Sehfeld im magnetiſchen
Schlafwachen
.

Das magnetiſche Hellſehen.
94.

Wer uns in der bisherigen Auseinanderſetzung und
Entwicklung eines und deſſelben Phaenomenes in verſchie-
denen Zuſtaͤnden gefolgt iſt, dem wird es nicht einfallen
zu glauben, daß in dem magnetiſchen Zuſtande, den man
das Hellſehen nennt, mit den Fingerſpitzen oder mit der
Herzgrube geſehen werde. Es iſt in der That nichts laͤcherlicher
als dieſe gelaͤufigen Behauptungen, wofuͤr man auch nicht
eine zuverlaͤſſige Thatſache angefuͤhrt hat, wofuͤr nicht ein-
mal der Beweis aufrichtig geſucht worden iſt, die
nur durch eine immer fortgeſetzte und immer kraͤftigere
Wiederhohlung gleichſam ex usucaptione gangbar geworden.

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[53/0069] me thaͤtig waren, beweist die beigefuͤgte Urkunde uͤber den Traum. Auch Cardanus, indem er von ſeinen Phan- taſiebildern ſpricht, ahndet ihre Entſtehung und beruft ſich auf das richtige Verſtaͤndniß Averrhoes. Cum spi- ritus imaginationi serviens formas imaginando conceperit soni aut qualitatis cuiusdam, quae odore aut tactu dignos- catur, aut mortui vel daemonis, illaque transferatur ad sensum, qui actioni ei correspondet, in odoribus quidem ad instrumentum olfactus proprium, in auditu ad aures, in spectris ad oculos, necessario olfaciet, aut audiet, aut videbit, nullo assistente obiecto. Averrhoë in Collectaneis. VI. Das Einbilden leuchtender Phantas- men in das Sehfeld im magnetiſchen Schlafwachen. Das magnetiſche Hellſehen. 94. Wer uns in der bisherigen Auseinanderſetzung und Entwicklung eines und deſſelben Phaenomenes in verſchie- denen Zuſtaͤnden gefolgt iſt, dem wird es nicht einfallen zu glauben, daß in dem magnetiſchen Zuſtande, den man das Hellſehen nennt, mit den Fingerſpitzen oder mit der Herzgrube geſehen werde. Es iſt in der That nichts laͤcherlicher als dieſe gelaͤufigen Behauptungen, wofuͤr man auch nicht eine zuverlaͤſſige Thatſache angefuͤhrt hat, wofuͤr nicht ein- mal der Beweis aufrichtig geſucht worden iſt, die nur durch eine immer fortgeſetzte und immer kraͤftigere Wiederhohlung gleichſam ex usucaptione gangbar geworden.

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Zitationshilfe: Müller, Johannes: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen. Koblenz, 1826, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_gesichtserscheinungen_1826/69>, abgerufen am 21.11.2024.