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Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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war: aber er tröstete sich darüber mit seinen Fortschritten in der Laufbahn der freien Musenkünste. Das mäßige Vermögen, welches sein Vater ihm hinterlassen hatte, war in diesem Jahre bedeutend verringert worden: aber er hoffte im nächsten auf ein großes Honorar für eine schriftstellerische Arbeit. Daß er die Gelegenheit von sich gewiesen hatte, Italien, die Heimath der schönen Kunst, auf Kosten des Marquis zu bereisen, auch dafür fand er eine Entschuldigung in den seltsamen Launen und Gewohnheiten des alten Mannes, dessen Gesellschaft ihm selbst ein Paradies unerträglich machen müßte. Endlich gerieth er auch auf eine Prüfung des schnippischen Betragens der kleinen Fanny gegen sich. Wie oft hatte sie über seine Gedichte gelacht oder gar gegähnt, wie bitter hatte sie über seine kleinmüthige Bedenklichkeit, dem Marquis nach Italien zu folgen, gespöttelt, ohne auch nur von fern ahnen zu wollen, was ihn an Berlin fesselte, wie wenig erkannte sie endlich das in ihm, wodurch er sich aus dem Schwarme der jungen Welt, die ihr mit ihm huldigte, in glänzender Eigenthümlichkeit hervorzuheben meinte!

Aber! so rief er im Alles verschlingenden Gefühle seines Triumphes aus, aber das Thema zu der Glosse! Spricht der Inhalt desselben nicht mit deutlichen Worten ihr lange verheimlichtes und hinter Spott und Laune verstecktes Gefühl gegen mich aus? Und wenn ich gar noch bedenke, in welcher Stunde und unter

war: aber er tröstete sich darüber mit seinen Fortschritten in der Laufbahn der freien Musenkünste. Das mäßige Vermögen, welches sein Vater ihm hinterlassen hatte, war in diesem Jahre bedeutend verringert worden: aber er hoffte im nächsten auf ein großes Honorar für eine schriftstellerische Arbeit. Daß er die Gelegenheit von sich gewiesen hatte, Italien, die Heimath der schönen Kunst, auf Kosten des Marquis zu bereisen, auch dafür fand er eine Entschuldigung in den seltsamen Launen und Gewohnheiten des alten Mannes, dessen Gesellschaft ihm selbst ein Paradies unerträglich machen müßte. Endlich gerieth er auch auf eine Prüfung des schnippischen Betragens der kleinen Fanny gegen sich. Wie oft hatte sie über seine Gedichte gelacht oder gar gegähnt, wie bitter hatte sie über seine kleinmüthige Bedenklichkeit, dem Marquis nach Italien zu folgen, gespöttelt, ohne auch nur von fern ahnen zu wollen, was ihn an Berlin fesselte, wie wenig erkannte sie endlich das in ihm, wodurch er sich aus dem Schwarme der jungen Welt, die ihr mit ihm huldigte, in glänzender Eigenthümlichkeit hervorzuheben meinte!

Aber! so rief er im Alles verschlingenden Gefühle seines Triumphes aus, aber das Thema zu der Glosse! Spricht der Inhalt desselben nicht mit deutlichen Worten ihr lange verheimlichtes und hinter Spott und Laune verstecktes Gefühl gegen mich aus? Und wenn ich gar noch bedenke, in welcher Stunde und unter

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T15:21:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T15:21:38Z)

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Zitationshilfe: Müller, Wilhelm: Debora. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–148. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_debora_1910/19>, abgerufen am 26.04.2024.