behandelt. Er kann aber nicht Herr über das werden, was man unter Fürsten-Stolz versteht: Nicht nur sich vor seinem Diener zu demüthi- gen, um ihm abzubitten, das verlangt dieser nicht einmahl; sondern nur inne zu halten, still zu stehen, allmählig umzukehren und es bes- ser zu machen. -- Durch die Beharrlichkeit sei- nes Zorns glaubt er sich selbst zu rechtfertigen, und den, den er drückt und verfolgt, in Tort zu setzen, um dem Publico Staub in die Augen zu werfen. Es gehört aber auch zum blossen Stillstehen schon Grossmuth und ein edles Herz, weil sich immer Augendiener und Schurken finden, die einen Herrn noch mehrers bestei- fen, und das Feuer, anstatt es zu löschen, noch stärker anblasen; furchtsame Hasen, die lieber schweigen, als reden; und weil er, Fürst, kei- nen Freund hat, der Muth und Rechtschaffen- heit genug hat, ihm vor die Stirne zu sagen, dass er Unrecht thue.
34. Das Geheimniss einer weisen Regierung.
Das ganze Geheimniss, der ganze Ruhm, das ganze Glück einer Regierung besteht oft ledig-
behandelt. Er kann aber nicht Herr über das werden, was man unter Fürsten-Stolz versteht: Nicht nur sich vor seinem Diener zu demüthi- gen, um ihm abzubitten, das verlangt dieser nicht einmahl; sondern nur inne zu halten, still zu stehen, allmählig umzukehren und es bes- ser zu machen. — Durch die Beharrlichkeit sei- nes Zorns glaubt er sich selbst zu rechtfertigen, und den, den er drückt und verfolgt, in Tort zu setzen, um dem Publico Staub in die Augen zu werfen. Es gehört aber auch zum bloſsen Stillstehen schon Groſsmuth und ein edles Herz, weil sich immer Augendiener und Schurken finden, die einen Herrn noch mehrers bestei- fen, und das Feuer, anstatt es zu löschen, noch stärker anblasen; furchtsame Hasen, die lieber schweigen, als reden; und weil er, Fürst, kei- nen Freund hat, der Muth und Rechtschaffen- heit genug hat, ihm vor die Stirne zu sagen, daſs er Unrecht thue.
34. Das Geheimniſs einer weisen Regierung.
Das ganze Geheimniſs, der ganze Ruhm, das ganze Glück einer Regierung besteht oft ledig-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0277"n="271"/>
behandelt. Er kann aber nicht Herr über das<lb/>
werden, was man unter Fürsten-Stolz versteht:<lb/>
Nicht nur sich vor seinem Diener zu demüthi-<lb/>
gen, um ihm abzubitten, das verlangt dieser<lb/>
nicht einmahl; sondern nur inne zu halten, still<lb/>
zu stehen, allmählig umzukehren und es bes-<lb/>
ser zu machen. — Durch die Beharrlichkeit sei-<lb/>
nes Zorns glaubt er sich selbst zu rechtfertigen,<lb/>
und den, den er drückt und verfolgt, in Tort<lb/>
zu setzen, um dem Publico Staub in die Augen<lb/>
zu werfen. Es gehört aber auch zum bloſsen<lb/>
Stillstehen schon Groſsmuth und ein edles Herz,<lb/>
weil sich immer Augendiener und Schurken<lb/>
finden, die einen Herrn noch mehrers bestei-<lb/>
fen, und das Feuer, anstatt es zu löschen, noch<lb/>
stärker anblasen; furchtsame Hasen, die lieber<lb/>
schweigen, als reden; und weil er, Fürst, kei-<lb/>
nen Freund hat, der Muth und Rechtschaffen-<lb/>
heit genug hat, ihm vor die Stirne zu sagen,<lb/>
daſs er Unrecht thue.</p></div><lb/><divn="2"><head>34.<lb/>
Das Geheimniſs einer weisen Regierung.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Das ganze Geheimniſs, der ganze Ruhm, das<lb/>
ganze Glück einer Regierung besteht oft ledig-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[271/0277]
behandelt. Er kann aber nicht Herr über das
werden, was man unter Fürsten-Stolz versteht:
Nicht nur sich vor seinem Diener zu demüthi-
gen, um ihm abzubitten, das verlangt dieser
nicht einmahl; sondern nur inne zu halten, still
zu stehen, allmählig umzukehren und es bes-
ser zu machen. — Durch die Beharrlichkeit sei-
nes Zorns glaubt er sich selbst zu rechtfertigen,
und den, den er drückt und verfolgt, in Tort
zu setzen, um dem Publico Staub in die Augen
zu werfen. Es gehört aber auch zum bloſsen
Stillstehen schon Groſsmuth und ein edles Herz,
weil sich immer Augendiener und Schurken
finden, die einen Herrn noch mehrers bestei-
fen, und das Feuer, anstatt es zu löschen, noch
stärker anblasen; furchtsame Hasen, die lieber
schweigen, als reden; und weil er, Fürst, kei-
nen Freund hat, der Muth und Rechtschaffen-
heit genug hat, ihm vor die Stirne zu sagen,
daſs er Unrecht thue.
34.
Das Geheimniſs einer weisen Regierung.
Das ganze Geheimniſs, der ganze Ruhm, das
ganze Glück einer Regierung besteht oft ledig-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/277>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.