Wahr ist's, die Scepter und Cronen kommen von Gott, so wie alle übrige Dinge der Natur. In diesem Puncte sind die Könige wenigstens Christen; aber im übrigen sind sie Atheisten. Denn da sie behaupten, dass sie nur in der künf- tigen Welt Rechenschaft schuldig seyen, ihre Handlungen und Regierungen aber so führen, dass es ihnen davon Rechnung zu geben un- möglich wäre, so ist's deutlich, dass sie an kei- ne Ewigkeit glauben *).
23. Natur-Recht der Despoten.
"Wer kann oder wird so keck seyn, zu läug- nen, dass dasjenige, was Licht und Recht der Natur auch die lehret, welche das geschriebene Wort Gottes nicht haben, die Regenten und Landesherren gleichfalls verbinde, es seyen nun allgemeine Pflichten aller Menschen oder be- sondere der Obrigkeiten. Es gereichet in Wahr- heit den Grossen zu keiner Ehre, wenn man
erst
*)Wekhrlins Ungeheuer II. B. S. 75.
22. Religion der Monarchen.
Wahr ist’s, die Scepter und Cronen kommen von Gott, so wie alle übrige Dinge der Natur. In diesem Puncte sind die Könige wenigstens Christen; aber im übrigen sind sie Atheisten. Denn da sie behaupten, daſs sie nur in der künf- tigen Welt Rechenschaft schuldig seyen, ihre Handlungen und Regierungen aber so führen, daſs es ihnen davon Rechnung zu geben un- möglich wäre, so ist’s deutlich, daſs sie an kei- ne Ewigkeit glauben *).
23. Natur-Recht der Despoten.
„Wer kann oder wird so keck seyn, zu läug- nen, daſs dasjenige, was Licht und Recht der Natur auch die lehret, welche das geschriebene Wort Gottes nicht haben, die Regenten und Landesherren gleichfalls verbinde, es seyen nun allgemeine Pflichten aller Menschen oder be- sondere der Obrigkeiten. Es gereichet in Wahr- heit den Groſsen zu keiner Ehre, wenn man
erst
*)Wekhrlins Ungeheuer II. B. S. 75.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0262"n="256"/><divn="2"><head>22.<lb/>
Religion der Monarchen.</head><lb/><p>Wahr ist’s, die Scepter und Cronen kommen<lb/>
von Gott, so wie alle übrige Dinge der Natur.<lb/>
In diesem Puncte sind die Könige wenigstens<lb/>
Christen; aber im übrigen sind sie Atheisten.<lb/>
Denn da sie behaupten, daſs sie nur in der künf-<lb/>
tigen Welt Rechenschaft schuldig seyen, ihre<lb/>
Handlungen und Regierungen aber so führen,<lb/>
daſs es ihnen davon Rechnung zu geben un-<lb/>
möglich wäre, so ist’s deutlich, daſs sie an kei-<lb/>
ne Ewigkeit glauben <noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#i">Wekhrlins Ungeheuer</hi> II. B. S. 75.</note>.</p></div><lb/><divn="2"><head>23.<lb/>
Natur-Recht der Despoten.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>„Wer kann oder wird so keck seyn, zu läug-<lb/>
nen, daſs dasjenige, was Licht und Recht der<lb/>
Natur auch die lehret, welche das geschriebene<lb/>
Wort Gottes nicht haben, die Regenten und<lb/>
Landesherren gleichfalls verbinde, es seyen nun<lb/>
allgemeine Pflichten aller Menschen oder be-<lb/>
sondere der Obrigkeiten. Es gereichet in Wahr-<lb/>
heit den Groſsen zu keiner Ehre, wenn man<lb/><fwplace="bottom"type="catch">erst</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[256/0262]
22.
Religion der Monarchen.
Wahr ist’s, die Scepter und Cronen kommen
von Gott, so wie alle übrige Dinge der Natur.
In diesem Puncte sind die Könige wenigstens
Christen; aber im übrigen sind sie Atheisten.
Denn da sie behaupten, daſs sie nur in der künf-
tigen Welt Rechenschaft schuldig seyen, ihre
Handlungen und Regierungen aber so führen,
daſs es ihnen davon Rechnung zu geben un-
möglich wäre, so ist’s deutlich, daſs sie an kei-
ne Ewigkeit glauben *).
23.
Natur-Recht der Despoten.
„Wer kann oder wird so keck seyn, zu läug-
nen, daſs dasjenige, was Licht und Recht der
Natur auch die lehret, welche das geschriebene
Wort Gottes nicht haben, die Regenten und
Landesherren gleichfalls verbinde, es seyen nun
allgemeine Pflichten aller Menschen oder be-
sondere der Obrigkeiten. Es gereichet in Wahr-
heit den Groſsen zu keiner Ehre, wenn man
erst
*) Wekhrlins Ungeheuer II. B. S. 75.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/262>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.