des Entschlummerten verewigte, und immer ein Sinnbild der Trauer blieb. -- Man siehet aus die- ser, so wie aus den vorhergehenden Dichtungen, was Jugend und Schönheit, vom Tode dahinge- rast, auf jene sanften Gemüther für einen unaus- löschlichen Eindruck machten.
Leukothoe.
Ohngeachtet Apollo selber der Gott der Ju- gend und Schönheit war, so war er doch selten in der Liebe glücklich. -- Leukothoe, des Orcha- mus Tochter, pflog mit dem Apollo einer ver- stohlnen Liebe. -- Klytie, eine andre Geliebte des Apollo hierüber eifersüchtig, verrieth dem strengen Orchamus das Liebesverständniß seiner Tochter. Dieser vergrub sie lebendig in die Erde, und Apollo, der sie nicht retten konnte, ließ zum bleibenden Andenken ihrer Zärtlichkeit und ihres Schicksals, die Weihrauchstaude aus ihrem Grabe emporwachsen.
Klytie hatte nun durch ihren Verrath des Gottes Liebe auf immer verscherzt; -- untröstlich darüber kehrte sie neun Tage lang, ohne Speise und Trank zu nehmen, ihr Antlitz nach der Sonne, dem glänzenden Urbilde des Gottes mit dem silbernen Bogen. -- Zuletzt ward sie, von Gram und Kummer aufgezehrt, in eine Blume
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des Entſchlummerten verewigte, und immer ein Sinnbild der Trauer blieb. — Man ſiehet aus die- ſer, ſo wie aus den vorhergehenden Dichtungen, was Jugend und Schoͤnheit, vom Tode dahinge- raſt, auf jene ſanften Gemuͤther fuͤr einen unaus- loͤſchlichen Eindruck machten.
Leukothoe.
Ohngeachtet Apollo ſelber der Gott der Ju- gend und Schoͤnheit war, ſo war er doch ſelten in der Liebe gluͤcklich. — Leukothoe, des Orcha- mus Tochter, pflog mit dem Apollo einer ver- ſtohlnen Liebe. — Klytie, eine andre Geliebte des Apollo hieruͤber eiferſuͤchtig, verrieth dem ſtrengen Orchamus das Liebesverſtaͤndniß ſeiner Tochter. Dieſer vergrub ſie lebendig in die Erde, und Apollo, der ſie nicht retten konnte, ließ zum bleibenden Andenken ihrer Zaͤrtlichkeit und ihres Schickſals, die Weihrauchſtaude aus ihrem Grabe emporwachſen.
Klytie hatte nun durch ihren Verrath des Gottes Liebe auf immer verſcherzt; — untroͤſtlich daruͤber kehrte ſie neun Tage lang, ohne Speiſe und Trank zu nehmen, ihr Antlitz nach der Sonne, dem glaͤnzenden Urbilde des Gottes mit dem ſilbernen Bogen. — Zuletzt ward ſie, von Gram und Kummer aufgezehrt, in eine Blume
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des Entſchlummerten verewigte, und immer ein
Sinnbild der Trauer blieb. — Man ſiehet aus die-
ſer, ſo wie aus den vorhergehenden Dichtungen,
was Jugend und Schoͤnheit, vom Tode dahinge-
raſt, auf jene ſanften Gemuͤther fuͤr einen unaus-
loͤſchlichen Eindruck machten.
Leukothoe.
Ohngeachtet Apollo ſelber der Gott der Ju-
gend und Schoͤnheit war, ſo war er doch ſelten in
der Liebe gluͤcklich. — Leukothoe, des Orcha-
mus Tochter, pflog mit dem Apollo einer ver-
ſtohlnen Liebe. — Klytie, eine andre Geliebte
des Apollo hieruͤber eiferſuͤchtig, verrieth dem
ſtrengen Orchamus das Liebesverſtaͤndniß ſeiner
Tochter. Dieſer vergrub ſie lebendig in die Erde,
und Apollo, der ſie nicht retten konnte, ließ zum
bleibenden Andenken ihrer Zaͤrtlichkeit und ihres
Schickſals, die Weihrauchſtaude aus ihrem
Grabe emporwachſen.
Klytie hatte nun durch ihren Verrath des
Gottes Liebe auf immer verſcherzt; — untroͤſtlich
daruͤber kehrte ſie neun Tage lang, ohne Speiſe
und Trank zu nehmen, ihr Antlitz nach der
Sonne, dem glaͤnzenden Urbilde des Gottes mit
dem ſilbernen Bogen. — Zuletzt ward ſie, von
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/407>, abgerufen am 20.11.2024.
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