Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Lieblinge der Götter.

Die Dichtungen von den Lieblingen der Götter
erhalten einen vorzüglichen Reitz durch eine Art
von schwermüthigen trüben Dämmerschein, der
sie umhüllt. -- Wenn Jugend und Schönheit ein
Raub des Todes wurden, so hieß es, irgend eine
Gottheit habe ihren Liebling von der Erd' ent-
führt. -- Auf die Weise ward die Trauer mit
Freude vermischt; und die Klage um den Todten
gemildert. -- Man findet daher auch diese Dich-
tungen auf den Marmorsärgen der Alten am häu-
figsten dargestellt.

Ganymed.

Vom Ganymedes, einem Sohn des Tros
und Urenkel des Dardanus, des ersten Stifters
von Troja, sagt der Dichter: Er war der schönste
unter den sterblichen Menschen. -- Die Götter
selbst entführten ihn, seiner Schönheit we-
gen
-- damit er dem Jupiter den Becher reichte,
und in der Gesellschaft der Unsterblichen wäre.

Die Lieblinge der Goͤtter.

Die Dichtungen von den Lieblingen der Goͤtter
erhalten einen vorzuͤglichen Reitz durch eine Art
von ſchwermuͤthigen truͤben Daͤmmerſchein, der
ſie umhuͤllt. — Wenn Jugend und Schoͤnheit ein
Raub des Todes wurden, ſo hieß es, irgend eine
Gottheit habe ihren Liebling von der Erd’ ent-
fuͤhrt. — Auf die Weiſe ward die Trauer mit
Freude vermiſcht; und die Klage um den Todten
gemildert. — Man findet daher auch dieſe Dich-
tungen auf den Marmorſaͤrgen der Alten am haͤu-
figſten dargeſtellt.

Ganymed.

Vom Ganymedes, einem Sohn des Tros
und Urenkel des Dardanus, des erſten Stifters
von Troja, ſagt der Dichter: Er war der ſchoͤnſte
unter den ſterblichen Menſchen. — Die Goͤtter
ſelbſt entfuͤhrten ihn, ſeiner Schoͤnheit we-
gen
— damit er dem Jupiter den Becher reichte,
und in der Geſellſchaft der Unſterblichen waͤre.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0398" n="330"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Die Lieblinge der Go&#x0364;tter.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Dichtungen von den Lieblingen der Go&#x0364;tter<lb/>
erhalten einen vorzu&#x0364;glichen Reitz durch eine Art<lb/>
von &#x017F;chwermu&#x0364;thigen tru&#x0364;ben Da&#x0364;mmer&#x017F;chein, der<lb/>
&#x017F;ie umhu&#x0364;llt. &#x2014; Wenn Jugend und Scho&#x0364;nheit ein<lb/>
Raub des Todes wurden, &#x017F;o hieß es, irgend eine<lb/>
Gottheit habe ihren Liebling von der Erd&#x2019; ent-<lb/>
fu&#x0364;hrt. &#x2014; Auf die Wei&#x017F;e ward die Trauer mit<lb/>
Freude vermi&#x017F;cht; und die Klage um den Todten<lb/>
gemildert. &#x2014; Man findet daher auch die&#x017F;e Dich-<lb/>
tungen auf den Marmor&#x017F;a&#x0364;rgen der Alten am ha&#x0364;u-<lb/>
fig&#x017F;ten darge&#x017F;tellt.</p><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Ganymed</hi>.</hi> </head><lb/>
          <p>Vom Ganymedes, einem Sohn des <hi rendition="#fr">Tros</hi><lb/>
und Urenkel des <hi rendition="#fr">Dardanus,</hi> des er&#x017F;ten Stifters<lb/>
von Troja, &#x017F;agt der Dichter: Er war der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te<lb/>
unter den &#x017F;terblichen Men&#x017F;chen. &#x2014; Die Go&#x0364;tter<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#fr">entfu&#x0364;hrten ihn, &#x017F;einer Scho&#x0364;nheit we-<lb/>
gen</hi> &#x2014; damit er dem Jupiter den Becher reichte,<lb/>
und in der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft der Un&#x017F;terblichen wa&#x0364;re.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0398] Die Lieblinge der Goͤtter. Die Dichtungen von den Lieblingen der Goͤtter erhalten einen vorzuͤglichen Reitz durch eine Art von ſchwermuͤthigen truͤben Daͤmmerſchein, der ſie umhuͤllt. — Wenn Jugend und Schoͤnheit ein Raub des Todes wurden, ſo hieß es, irgend eine Gottheit habe ihren Liebling von der Erd’ ent- fuͤhrt. — Auf die Weiſe ward die Trauer mit Freude vermiſcht; und die Klage um den Todten gemildert. — Man findet daher auch dieſe Dich- tungen auf den Marmorſaͤrgen der Alten am haͤu- figſten dargeſtellt. Ganymed. Vom Ganymedes, einem Sohn des Tros und Urenkel des Dardanus, des erſten Stifters von Troja, ſagt der Dichter: Er war der ſchoͤnſte unter den ſterblichen Menſchen. — Die Goͤtter ſelbſt entfuͤhrten ihn, ſeiner Schoͤnheit we- gen — damit er dem Jupiter den Becher reichte, und in der Geſellſchaft der Unſterblichen waͤre.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/398
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/398>, abgerufen am 30.12.2024.