Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite


den Kohlenbrenner es kaum vor Gestank aushalten konnten. Ein Bauer schenkte ihm ein altes abgenuztes Pferd, dieses schlachtete er, zog es ab, und speisete lange Zeit davon. -- Er aß noch schmutzigere Gerüchte, und unternahm noch sonderbarere Handlungen, die man in der Erzählung des Ganzen nachlesen kann. Wie leicht wahnsinnige Leute zum Zorn gereizt werden können, und wie äußerst gefährlich es ist, sie in Freiheit herumgehen zu lassen, was doch zur Schande einer vernünftigen Polizey so oft geschieht, zeigt sein Mord, den er bloß deswegen an einem andern Bauer begieng, weil er ihn einigemahl mit Ernst Kohlen aufzuladen antrieb, und deswegen in einen Wortwechsel mit dem Bauer kam. Er ergrif plözlich seine Kohlenhacke, und schlug sie dem Bauer mit einer solchen Gewalt in den Kopf, daß sie darin stecken blieb. Der unglückliche Mann starb den andern Tag darauf an dieser Verwundung, und der unsinnige Mörder ward auf Zeitlebens ins Zuchthaus gebracht. Auch hier trieb er seine Tollheit fort, drohete oft, die andern Jnquisiten zu erschlagen, forderte Hunde und Katzen zu essen, und lachte über alle Religionserinnerungen.

Der Wahnsinnige Walock Flaccus, so hieß der Mörder, gehörte offenbar zu den tollen Leuten, bei welchen das ganze Gehirn die meiste Zeit in Verwirrung gerathen ist, und die Anzahl dieser Wahnsinnigen ist die größte. Sie unternehmen täglich eine Menge alberner Handlungen, wovon man kei-


den Kohlenbrenner es kaum vor Gestank aushalten konnten. Ein Bauer schenkte ihm ein altes abgenuztes Pferd, dieses schlachtete er, zog es ab, und speisete lange Zeit davon. — Er aß noch schmutzigere Geruͤchte, und unternahm noch sonderbarere Handlungen, die man in der Erzaͤhlung des Ganzen nachlesen kann. Wie leicht wahnsinnige Leute zum Zorn gereizt werden koͤnnen, und wie aͤußerst gefaͤhrlich es ist, sie in Freiheit herumgehen zu lassen, was doch zur Schande einer vernuͤnftigen Polizey so oft geschieht, zeigt sein Mord, den er bloß deswegen an einem andern Bauer begieng, weil er ihn einigemahl mit Ernst Kohlen aufzuladen antrieb, und deswegen in einen Wortwechsel mit dem Bauer kam. Er ergrif ploͤzlich seine Kohlenhacke, und schlug sie dem Bauer mit einer solchen Gewalt in den Kopf, daß sie darin stecken blieb. Der ungluͤckliche Mann starb den andern Tag darauf an dieser Verwundung, und der unsinnige Moͤrder ward auf Zeitlebens ins Zuchthaus gebracht. Auch hier trieb er seine Tollheit fort, drohete oft, die andern Jnquisiten zu erschlagen, forderte Hunde und Katzen zu essen, und lachte uͤber alle Religionserinnerungen.

Der Wahnsinnige Walock Flaccus, so hieß der Moͤrder, gehoͤrte offenbar zu den tollen Leuten, bei welchen das ganze Gehirn die meiste Zeit in Verwirrung gerathen ist, und die Anzahl dieser Wahnsinnigen ist die groͤßte. Sie unternehmen taͤglich eine Menge alberner Handlungen, wovon man kei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0005" n="5"/><lb/>
den                         Kohlenbrenner es kaum vor Gestank aushalten konnten. Ein Bauer schenkte ihm                         ein altes abgenuztes Pferd, dieses schlachtete er, zog es ab, und speisete                         lange Zeit davon. &#x2014; Er aß noch schmutzigere Geru&#x0364;chte, und unternahm noch                         sonderbarere Handlungen, die man in der Erza&#x0364;hlung des Ganzen nachlesen kann.                         Wie leicht wahnsinnige Leute zum Zorn gereizt werden ko&#x0364;nnen, und wie a&#x0364;ußerst                         gefa&#x0364;hrlich es ist, sie in Freiheit herumgehen zu lassen, was doch zur                         Schande einer vernu&#x0364;nftigen Polizey so oft geschieht, zeigt sein Mord, den er                         bloß deswegen an einem andern Bauer begieng, weil er ihn einigemahl mit                         Ernst Kohlen aufzuladen antrieb, und deswegen in einen Wortwechsel mit dem                         Bauer kam. Er ergrif plo&#x0364;zlich seine Kohlenhacke, und schlug sie dem Bauer                         mit einer solchen Gewalt in den Kopf, daß sie darin stecken blieb. Der                         unglu&#x0364;ckliche Mann starb den andern Tag darauf an dieser Verwundung, und der                         unsinnige Mo&#x0364;rder ward auf Zeitlebens ins Zuchthaus gebracht. Auch hier trieb                         er seine Tollheit fort, drohete oft, die andern Jnquisiten zu erschlagen,                         forderte Hunde und Katzen zu essen, und lachte u&#x0364;ber alle                         Religionserinnerungen.</p>
            <p>Der Wahnsinnige <hi rendition="#aq">Walock Flaccus,</hi> so hieß der                         Mo&#x0364;rder, geho&#x0364;rte offenbar zu den tollen Leuten, bei welchen das ganze Gehirn                         die meiste Zeit in Verwirrung gerathen ist, und die Anzahl dieser                         Wahnsinnigen ist die gro&#x0364;ßte. Sie unternehmen ta&#x0364;glich eine Menge alberner                         Handlungen, wovon man kei-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0005] den Kohlenbrenner es kaum vor Gestank aushalten konnten. Ein Bauer schenkte ihm ein altes abgenuztes Pferd, dieses schlachtete er, zog es ab, und speisete lange Zeit davon. — Er aß noch schmutzigere Geruͤchte, und unternahm noch sonderbarere Handlungen, die man in der Erzaͤhlung des Ganzen nachlesen kann. Wie leicht wahnsinnige Leute zum Zorn gereizt werden koͤnnen, und wie aͤußerst gefaͤhrlich es ist, sie in Freiheit herumgehen zu lassen, was doch zur Schande einer vernuͤnftigen Polizey so oft geschieht, zeigt sein Mord, den er bloß deswegen an einem andern Bauer begieng, weil er ihn einigemahl mit Ernst Kohlen aufzuladen antrieb, und deswegen in einen Wortwechsel mit dem Bauer kam. Er ergrif ploͤzlich seine Kohlenhacke, und schlug sie dem Bauer mit einer solchen Gewalt in den Kopf, daß sie darin stecken blieb. Der ungluͤckliche Mann starb den andern Tag darauf an dieser Verwundung, und der unsinnige Moͤrder ward auf Zeitlebens ins Zuchthaus gebracht. Auch hier trieb er seine Tollheit fort, drohete oft, die andern Jnquisiten zu erschlagen, forderte Hunde und Katzen zu essen, und lachte uͤber alle Religionserinnerungen. Der Wahnsinnige Walock Flaccus, so hieß der Moͤrder, gehoͤrte offenbar zu den tollen Leuten, bei welchen das ganze Gehirn die meiste Zeit in Verwirrung gerathen ist, und die Anzahl dieser Wahnsinnigen ist die groͤßte. Sie unternehmen taͤglich eine Menge alberner Handlungen, wovon man kei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788/5
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788/5>, abgerufen am 26.04.2024.