Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.kömmt mir wie abgerissen
vor. Mit vieler Mühe M. VII. Hat die Seele ein Vermögen, künftige Dinge vorher zu sehen? Jch meines Theils zweifle sehr daran,
vielleicht weisen
koͤmmt mir wie abgerissen
vor. Mit vieler Muͤhe M. VII. Hat die Seele ein Vermoͤgen, kuͤnftige Dinge vorher zu sehen? Jch meines Theils zweifle sehr daran,
vielleicht weisen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0074" n="70"/> koͤmmt mir wie <hi rendition="#b">abgerissen</hi> vor. Mit vieler Muͤhe<lb/> kann ich ihn nur an mein eigentliches Daseyn an-<lb/> knuͤpfen, und die Erinnerungen aus demselben<lb/> scheinen mir alle nur Erinnerungen von Erinnerun-<lb/> gen zu seyn. Vom dritten Jahre an aber schweben<lb/> mir die Ereignisse meiner Kindheit groͤßtentheils<lb/> noch sehr lebhaft im Gedaͤchtniß.</p><lb/> <p> <hi rendition="#b">M.</hi> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="2"> <head rendition="#c"> <hi rendition="#b">VII.<lb/> Hat die Seele ein Vermoͤgen, kuͤnftige<lb/> Dinge vorher zu sehen?</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">J</hi>ch meines Theils zweifle sehr daran, vielleicht<lb/> deswegen, weil ich es, in so mancherlei Ruͤcksicht,<lb/> nicht wuͤnsche. Allein es koͤmmt freilich hiebei auf<lb/> Thatsachen an. Und wer weiß, ob es nicht, bis-<lb/> her noch unbekannte und <hi rendition="#b">ungenutzte</hi> Seelenfaͤhig-<lb/> keiten geben mag; die eben dadurch ihre allgemeine<lb/> Wirksamkeit verloren haben, weil sie zu <hi rendition="#b">wenig<lb/> gebraucht</hi> worden sind; so wie unsre linke Hand<lb/> am Koͤrper, bloß wegen Mangel des Gebrauchs,<lb/> schwaͤcher und unbehuͤlflicher ist, als die rechte.<lb/> Jn dieser <hi rendition="#b">unparteiischen</hi> Ruͤcksicht also sollen mir<lb/> wirkliche Fakta sehr willkommen seyn, welche ein<lb/> solches Vorhersehungsvermoͤgen der Seelen zu be-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">weisen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0074]
koͤmmt mir wie abgerissen vor. Mit vieler Muͤhe
kann ich ihn nur an mein eigentliches Daseyn an-
knuͤpfen, und die Erinnerungen aus demselben
scheinen mir alle nur Erinnerungen von Erinnerun-
gen zu seyn. Vom dritten Jahre an aber schweben
mir die Ereignisse meiner Kindheit groͤßtentheils
noch sehr lebhaft im Gedaͤchtniß.
M.
VII.
Hat die Seele ein Vermoͤgen, kuͤnftige
Dinge vorher zu sehen?
Jch meines Theils zweifle sehr daran, vielleicht
deswegen, weil ich es, in so mancherlei Ruͤcksicht,
nicht wuͤnsche. Allein es koͤmmt freilich hiebei auf
Thatsachen an. Und wer weiß, ob es nicht, bis-
her noch unbekannte und ungenutzte Seelenfaͤhig-
keiten geben mag; die eben dadurch ihre allgemeine
Wirksamkeit verloren haben, weil sie zu wenig
gebraucht worden sind; so wie unsre linke Hand
am Koͤrper, bloß wegen Mangel des Gebrauchs,
schwaͤcher und unbehuͤlflicher ist, als die rechte.
Jn dieser unparteiischen Ruͤcksicht also sollen mir
wirkliche Fakta sehr willkommen seyn, welche ein
solches Vorhersehungsvermoͤgen der Seelen zu be-
weisen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/74 |
Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/74>, abgerufen am 16.07.2024. |